Donnerstag, 20. Dezember 2012

Mobbingschaden keine Berufskrankheit

Mobbing - wenn es denn vorliegt - kann unzweifelhaft zu starken körperlichen und psychischen Beschwerden führen. Geschieht das Mobbinggeschehen am Arbeitsplatz kann der Gedanke naheliegen, dass die hierauf beruhenden Beschwerden wie eine Berufskrankheit zu behandeln sei mit den Folgen einer Entschädigung nach dem SGB VII. So dachte auch eine Arbeitnehmerin, welche sich aufgrund negativer Gerüchte am Arbeitsplatz gemobbt fühlte. Sie leidet an psychischen Gesundheitsstörungen, die sie auf das Mobbing am Arbeitplatz zurückführt.

Hierfür beantragte sie gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung eine Entschädigung. Die Unfallkasse lehnte den Antrag ab, da eine Berufskrankheit nicht vorliege.

Auch die Klagen der Arbeitnehmerin führten nicht zum Erfolg. Das LSG Darmstadt (Urteil vom 23. Oktober 2012, Az.: L 3 U 199/11) hat – ebenso wie die Vorinstanz – der Unfallkasse Recht gegeben.

Mobbing und hierauf beruhenden Gesundheitsbeeinträchtigungen sind keine anerkannte Berufskrankheit. Die Erkrankung könne auch nicht "wie" eine Berufskrankheit entschädigt werden, weil keine Erkenntnisse vorlägen, dass eine bestimmte Berufsgruppe bei ihrer Tätigkeit in weitaus höherem Grade als die übrige Bevölkerung Mobbing ausgesetzt sei.


Mittwoch, 19. Dezember 2012

Kein Weihnachtsgeschenk vom Bundesarbeitsgericht

Nicht immer geben die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes Anlass zur Freude, wobei es immer darauf ankommt, wie welche Partei von der Entscheidung betroffen ist. Die öffentliche Finanzkasse wird zumindest aufatmen. 

Weihnachtsgeld, oder zutreffend gesagt : Jahressonderzahlung, steht nach § 20 TVÖD Arbeitnehmern nur dann zu, wenn das Arbeitsverhältnis auch noch zum Stichtag 1.12. bestand.

Ein im Oktober eines Jahres in Altersrente gegangener Angestellter war damit nicht einverstanden und fühlte sich wegen seines Alters diskriminiert. Er erhob Klage. Doch die Gerichte teilten seine Aufassung nicht.

Zuletzt entschied das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 12. Dezember 2012 (10 AZR 718/11), dass die Regelung in § 20 TVÖD rechtswirksam ist.

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Eine Nebenkostenabrechnung unter Vorbehalt

Die Fristenregelung des § 556 BGB kann schon ein Ärgernis darstellen. Besondern für einen Vermieter. Hat er die Jahresfrist hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung versäumt, kann er keine Nachzahlung vom Mieter mehr verlangen und durchsetzen.

Findige Vermieter kommen auf die Idee, eine Abrechnung unter Vorbehalt von Nachforderungen zu erstellen, um so die Jahresfrist zu wahren und doch noch Nachzahlungen nach Ablauf der Jahresfrist zu ergattern. Dabei könnte man vermeintlich auf eine aktuelle Entscheidung des BGH (VIII ZR 264/12) zurückgreifen.

Warum diese trotzdem nicht immer weiterhilft, zeigt ein Artikel auf mietrecht-chemnitz.blogspot.de.

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Vergleich über Arbeitszeugnis - Vorsicht Falle

Viele Verfahren vor dem Arbeitsgerichten über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses enden mit eine Vergleich. Im Rahmen einer vergleicsregelungen finden sich oftmals auch Absprachen zur Ausstellung eines Zeugnisses. Hier ist besondere Obacht zu geben, wie nachstehender Sachverhalt zeigt.

In einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht Leipzig heißt es.

„5. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes
Zeugnis zu erteilen, das seiner weiteren beruflichen Entwicklung dienlich ist.“


Die Arbeitgeberin hält sich nicht daran, zumindest nicht so, wie vom Arbeitnehmer gewünscht. Der Arbeitnehmer betreibt die Vollstreckung aus Ziffer 5 des Vergleiches (Androhung Zwangsgeld und Zwangshaft). Doch erfolglos - das Sächsische LAG (4 Ta 170/12 vom 06.08.2012) entschied:

"Ein Vergleich, der lediglich ein "wohlwollendes Zeugnis" zum Inhalt hat, ist mangels hinreichender Bestimmtheit nicht vollstreckungsfähig; gleiches gilt für die Formulierung "das seiner weiteren beruflichen Entwicklung dienlich ist.""

Wie es besser gehen kann, zeigt sich hier.

Dienstag, 11. Dezember 2012

Führungskraft Lagervorarbeiter und der Gott der Redekunst

In einem Gütetermin eines Arbeitsgerichtes geht es um die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses eines stellvertretenden Lagervorarbeiters eines größeren Logistikunternehmens, welches sich nach dem griechischen Schutzgott des Verkehrs benennt, dessen Name aber auch für den Gott der Redekunst steht.

Der Arbeitgebervertreter trägt zu den Gründen vor, weshalb man sich vom Arbeitnehmer trennen wollte. Es kommt sodann zu der sinngemäßen Aussage, dass das Verhalten des stellvertretenden Lagervorarbeiters nicht dem gewünschten Verhalten einer Führungskraft entsprach. Der Richter merkt auf, blickt den Vertreter des Arbeitgebers an und fragt:

"Sie meinen ein Lagervorarbeiter sei eine Führungskraft ?"

Antwort:
"In unserem Unternehmen ist jeder Arbeitnehmer, der gegenüber anderen disziplinarisch vorgehen kann, eine Führungskraft."

Frage des Gerichts:
"Der Lagervorarbeiter kann Disziplinarmasssnahmen durchsetzen?"

Antwort:
"Pardon - ich meine fachliche Weisungen. Wer fachliche Weisungen geben kann ist eine Führungskraft, zumindest in unserem Unternehmen."

Wer hätte das gedacht - so werden aus stellvertretenden Lagervorarbeitern Führungskräfte rekrutiert und ein Beispiel der Redekunst geliefert.

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Arbeitskleidung der Stripteasetänzer

Es stellt sich schon die Frage, ob die Arbeitskleidung von Striteasetänzern ein solch große Bedeutung hat, dass hierüber sogar vor Gericht gestritten werden muss. Nun denn, das LG Köln musste hierüber befinden.

Eine bekannte Striptease-Tänzergruppe wollte einer anderen Gruppe untersagen, dass diese bei Auftritten weiße Kragen mit schwarzen Fliegen und weiße Manschetten an den Handgelenken tragen. Mit Erfolg, wie auf lto.de ausgeführt wird.

Die Konkurrenztruppe tritt nun mit rot-weißen Fliegen und Manschetten auf. Nun kann bereits anhand der Kleidung erkannt werden, zu welcher Gruppe ein Stripteasetänzer gehört - aber nur, solange er die Kleidung noch an hat.

Dienstag, 27. November 2012

Urlaubsabgeltung und ALG II

Einer Leistungsberechtigten stand bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Resturlaubsanspruch zu, welcher durch eine Urlaubsabgeltung in Höhe von ca. 400 Euro brutto (ca. 300 Euro netto) ausgezahlt wurde. Das aufgrund der eingetretenen Arbeitslosigkeit zuständige Jobcenter rechnete diesen Betrag als Einkommen mindernd auf das der Leistungsberechtigten und ihrem Ehemann bewilligte Arbeitslosengeld II an.

Die Leistungsberechtigte klagte hiergegen. Mit Erfolg? - mehr auf http://sozialrecht-chemnitz.blogspot.de/2012/11/urlaubsabgeltung-und-alg-ii.html

Montag, 26. November 2012

Foulspiel führt zu Schadensersatz

Es gibt einige Risikosportarten. Fussball fällt sicher nicht darunter. Dennoch kommt es auch hier vor, dass sich Spieler verletzten, insbesondere nach einem Foulspiel. Oft stellt sich dann die Frage, ob der foulende Spieler dann Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlen muss. Die Antwort auf die Frage kann manchmal existenziell sein, wie nachfolgender Sachverhalt aufzeigt.

Bei einem Meisterschaftsspiel einer Kreisliga war ein Spieler am 18.04.2010 von einem gegnerischen Spieler mit gestrecktem Bein gefoult worden. Durch das vom Schiedsrichter mit der gelben Karte geahndete Foul zog sich der gefoulte Spieler eine schwere Knieverletzung zu, in deren Folge er seinen Beruf als Maler und Lackierer bis heute nicht mehr ausüben kann.

Für die nach seiner Darstellung durch eine grob regelwidrige Spielweise zugefügte Verletzung verlangte er vom Gegner Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Haftpflichtversicherung des gegnerischen Fussballspielers hatte eine Haftung in Abrede gestellt und gemeint, der Verletzte habe sich bei einem regelgerechten Zweikampf eine unglückliche Verletzung zugezogen.

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm (Entscheidung vom 22.10.2012; Az.: I-6 U 241/11) hat eine umfassende Beweisaufnahme durchgeführt und kam in dessen Ergebnis zu der Feststellung, dass der foulende Spieler gegen die DFB-Fußballregel Nr. 12 rücksichtslos gehandelt habe. Er hat den zur Verletzung führenden Zweikampf ohne jede Rücksicht auf die Gefahr und die Folgen seines Einsteigens für den Gegner geführt.

Damit wurde dem verletzten Spieler ein  umfassender Schadensersatz und ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 € zugesprochen.

Was hat das nun mit Arbeitsrecht zu tun? Nun, für den Fall, dass der verletzte Fussballspieler ein Arbeitnehmer war, war er mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig. In den ersten 6 Wochen der Arbetsunfähigkeit muss jedoch der Arbeitgeber das Entgelt fortzahlen gem. § 3 EntgeltfortzahlungsG. Da die Arbeitsunfähigkeit auf dem groben Foulspiel beruht und ein Dritter haftet - der foulende Spieler mit seiner Haftpflichtversicherung (zum Glück verfügt er über eine) - kommt es zum Forderungsübergang nach § 6 EntgeltfortzahlungsG. Der Arbeitgeber kann die 6 Wochen Entgeltfortzahlung an seinen Arbeitnehmer vom foulenden Spieler und dessen Haftpflichtversicherung ersetzt verlangen. Der Arbeitnehmer muss hierfür alle erforderlichen Angaben gegenüber dem Arbeitgeber machen, damit dieser seine Schadensersatzansprüche durchsetzen kann


Dienstkleidung einführen im Unternehmen

Manche Berufe werden von vielen Menschen mit Uniformen in Verbindung gebracht. Andere Berufe wieder nicht. Möchte ein Arbeitgeber ein einheitliches Erscheinungsbild seiner Arbeitnehmer, stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls wie dies zu erreichen ist.

Mit dieser Frage setzt sich eine Entscheidung des Arbeitsgerichtes Cottbus (6 Ca 1554/11) auseinander.

Ein Möbelhausunternehmen entschied im April 2011 die Einführung einer einheitlichen Dienstbekleidung für alle Mitarbeiter im Verkauf und Information. Mit Wirkung zum 01.09.2011 sollten die Mitarbeiter schwarze Hosen oder Röcke, weiße Hemden oder Blusen, dunkelfarbige Schuhe und einen roten Binder (Männer) oder ein rotes Tuch (Frauen) während der Arbeit tragen. Zusätzlich war es gestattet bei Bedarf ein schwarzes Jackett, Pullover mit V-Ausschnitt, Weste oder Strickjacke zu tragen. Das Unternehmen stellte die roten Binder und Tücher, während die übrige Kleidung von den Mitarbeitern selbst gegen eine einmalige Zuzahlung in Höhe von 200,00 € erworben werden sollten.

Eine Arbeitnehmerin hielt sich nicht hieran und erhielt eine Abmahnung und Kündigung, gegen welche sie sich vor dem Arbeitsgericht wehrte.

Das Gericht stellte in seiner Entscheidung fest, dass

1. ein Arbeitgeber  hinsichtlich der Frage der Dienstkleidung ein Weisungsrecht hat, wobei die Grenzen des § 106 GewO zu beachten sind und keine vorrangigen vertraglichen oder kollektivrechtlichen Vorgaben existieren dürfen,

2. ein Arbeitgeber nicht verlangen kann, dass ein Arbeitnehmer einen Teil seines Lohnes für die Anschaffung der vorgeschriebenen Dienstkleidung verwendet. Aber der Arbeitgeber darf seine Finanzierung der Dienstkleidung auf einen bestimmten Betrag beschränken, wenn es möglich ist, eine Erstausstattung der Dienstkleidung für diesen Betrag zu erwerben;

3.  eine beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers - trotz einschlägiger Abmahnungen - zulässigen Weisungen des Arbeitgebers im Hinblick auf zu tragende Dienstkleidung nachzukommen, kann eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.

Aus diesen Gründen verlor die klagende Arbeitnehmerin.

Streikrecht in Kirchen und Diakonie etc?

In der allgemeinen Presse sind die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes vom 20.11.2012 (Pressemitteilung 82/12 und 81/12) überwiegend so aufgefasst wurden, dass ein Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen bestehen kann.

Nur der sich etwas weiter informierende Leser wird mitbekommen, dass es so einfach dann doch wieder nicht ist. Freuen sich doch nicht nur die Gewerkschaften über einen Erfolg ("Bundesarbeitsgericht bestätigt Streikrecht in der Diakonie"), sondern - überraschenderweise - auch die klagenden kirchlichen Einrichtungen ("BAG gibt kirchlichem Abeitsrecht Rückenwind"). Was widersprüchlich erscheint, ist aufklärbar.

Eine lesens- und beachtenswerte Zusammenfassung findet sich z.B. auf lto.de in dem Artikel von Ole Hammer & Prof. Dr. Ulrich Hammer, welche den scheinbaren Widerspruch auflöst.


Mittwoch, 14. November 2012

Arbeitszeitverringerung bei Leiharbeitern

Immer wieder überlegen Unternehmen, Bereiche und Mitarbeiter auszulagern um Kosten zu sparen und/oder "flexibler" reagieren zu können auf Auftragsschwankungen. So auch ein Luftfahrtunternehmen.

Dieses beschäftigte einen Arbeitnehmer mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 18 Wochenstunden und ist berechtigt, diesem sämtliche Tätigkeiten im „Basic Service 2“ zuzuweisen. Zu diesen gehört neben dem Betreuungsdienst, dem der Arbeitnehmer zugeordnet ist, eine Vielzahl anderer Tätigkeiten.

2008 nun wurde der Betreuungsdienst auf einen Dienstleistungsanbieter übertragen - nebst dem Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags. Später verpflichtete sich das Luftfahrtunternehmen gegenüber dem Entleiher, ausschließlich Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden zu überlassen.

Nach einiger Zeit verlangte der Arbeitnehmer, seine regelmäßige Wochenarbeitszeit auf zehn Stunden zu reduzieren. Das Unternehmen verweigerte dies und wies darauf hin, dass die Arbeitszeitregelungen des Überlassungsvertrages dem Begehren entgegenstünden.

Nach den Wechselfällen vor Gericht (das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Unternehmens die Klage abgewiesen) hatte nun die Revision des Arbeitnehnmers vor dem Bundesarbeitsgericht (PM 77/12 -Urteil vom 13. November 2012 - 9 AZR 259/11 ) Erfolg.

Der gesetzliche Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nach  § 8 Abs. 1 TzBfG steht auch Arbeitnehmern zu, die bereits in Teilzeit arbeiten. Die Arbeitszeitbestimmungen des Überlassungsvertrages berechtigten den Verleiher nicht, den Verringerungswunsch des Leih-/Zeitarbeitmehmers abzulehnen.

Entscheidend ist vielmehr, ob dem Teilzeitverlangen bei allen vertraglich möglichen Einsätzen betriebliche Gründe entgegenstehen. Zu der Möglichkeit, den Arbeitnehmer - gegebenenfalls im Wege eines Ringtausches - auf einem anderen Arbeitsplatz im Luftfahrtunternehmen einzusetzen, hatte die darlegungsbelastete Arbeitgeberin nichts vorgetragen.

Dienstag, 13. November 2012

Gesundheitstipps zur Badewassertemperatur vom Vermieter

Ein Mieter bemängelt, dass die in der Mietwohnung eingebrachte Warmwassertherme völlig unzureichend sei. Es dauere sehr lange, bis sich die Badewanne fülle. Zudem werde das Wasser nicht ausreichend warm. Das Gerät sei allenfalls als Untertischbatterie für ein Handwaschbecken geeignet.

Der Vermieter sieht sich bemüßigt, den Mieter auf sein Gesundheitswohl hinzuweisen und entgegenet, dass eine Wassertemperatur von rund 37 Grad genug sei. Bei höheren Wassertemperaturen würden Herz und Kreislauf überlastet und die Haut trockene aus.

Doch mit diesen "nützlichen" Tipps war der Mieter nicht einverstanden und erhob Klage vor dem Gericht. Wie das Gericht entschied erfahren Sie unter mietrecht-chemnitz.blogspot.de/.

Dienstag, 6. November 2012

spielerische Disziplinierung?!

Was tun, wenn die Kleinen nicht ruhig sind oder werden. Wo manche Eltern schon verzweifeln, fragen auch Lehrkräfte nach Lösungsmöglichkeiten. So auch eine Grundschullehrerin im Dienste des Landes Sachsen - Anhalt, welche im Unterricht einen unruhigen Schüler beruhigen wollte.

Sie schildert den Vorfall sinngemäß wie folgt:

"Sie habe ein eingerissenes Blatt ihrer Arbeitsunterlagen wieder zusammenkleben wollen. Zu diesem Zweck habe sie ein Stück Tesafilm abgeschnitten. Der neben dem Lehrertisch sitzende Schüler E sei unruhig gewesen. Sie habe deshalb zu ihm gesagt, der Streifen gehöre ja wohl eher auf seinen Mund als auf das Papier. E habe lachend mit „Ja“ geantwortet. Daraufhin habe sie ihm den Streifen Tesafilm in Höhe des Mundes lose auf die Wange geklebt. Der Schüler P habe dies gesehen und für sich ebenfalls einen Streifen gewollt. Sie habe deshalb auch ihm lose ein Stück Tesafilm auf die Wange geklebt. Die Streifen hätten nicht fest geklebt. Sie seien sogar abgefallen und beide Jungen hätten sie jeweils wieder aufgedrückt. Die Sache sei von allen Kindern als „Spaß“ empfunden worden, beide Schüler hätten mitgelacht und sich vom weiteren Erzählen und Mitarbeiten während des Unterrichts nicht abhalten lassen."

Es kam, was kommen musste. Die lieben Kleinen erzählen es zu Hause. Die besorgten Eltern beschweren sich in der Schule. Die Schulleitung hörte die Kinder in Anwesenenheit einer Schulpsychologin an. Diese bestätigten das Aufkleben von Tesa-filmen. Die Lehrerein erhielt die Kündigung und wehrt sich hiergegen mittels Kündigungsschutzklage.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben ihr Recht. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 19.4.2012, 2 AZR 156/11) beurteilt den Sachverhalt differenzierter, entscheidet aber nicht endgültig. Es hält den Sachverhält noch nicht für vollständog aufgeklärt und verwies das Verfahren zurück an das Berufungsgericht.




wieder einmal eine Gewerkschaft die keine ist

Eine lapidare Meldung zu den Sitzungsergebnissen des Arbeitsgerichtes  Bonn vom 31.10.2012 zeigt wohl wieder einmal den Weg einer "Gewerkschaft" in die fehlende Tariffähigkeit. Das Arbeitsgericht Bonn teilt zum Verfahren mit dem Az.: 4 BV 90/12 mit:

Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 4) seit dem 01.01.2010 nicht tariffähig ist.

Der Beteiligte zu 4) ist der "Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe(ALEB). 

Bezeichnenderweise ist auch diese Scheingewerkschaft Mitglied im Christlichen Gewerkschaftsbund - CGB

Montag, 5. November 2012

das Gericht versteht den Bundestag nicht

Der Bundestag beschäftigte bis November 2009 Besucherbetreuer auf - vermeintlich - selbständiger Basis.

Ein im Mai 2009 erstellter vorläufiger Bericht der Innenrevision des Bundestages stellte für den Prüfzeitraum 2006 fest, dass bei den Besucherbetreuern eine Weisungsunterworfenheit bestehe und typische Merkmale eines selbständig tätigen Unternehmers fehlten. Es lag nahe, dass die Besucherbetreuer Scheinselbständige waren.

Eine solchermaßen beschäftigte Studentin stellte bei der Rentenversicherung einen Antrag auf Durchführung eines Statusverfahrens. Die Rentenversicherung stellte 2010 das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung fest.

Hiergegen erhob der Deutsche Bundestag Klage zum Sozialgericht und verliert in 1. Instanz (SG Berlin Urteil vom 26. Oktober 2012 (S 81 KR 2081/10).

Bemerkenswert ist die Ausführung in der Pressemitteilung:

"Für das Gericht sei in hohem Maße unverständlich, mit welchem – auch finanziellen Aufwand – sich der Deutsche Bundestag gegen die Entscheidung der Rentenversicherung zur Wehr setze, wo doch bereits ein im Mai 2009 erstellter vorläufiger Bericht der Innenrevision des Bundestages für den Prüfzeitraum 2006 festgestellt habe, dass bei den Besucherbetreuern durchaus eine Weisungsunterworfenheit bestehe und typische Merkmale eines selbständig tätigen Unternehmers fehlten."

Auch die Urteilsgründe halten fest:

"Für die Kammer ist es daher in besonderem Maße unverständlich, mit welchem – auch finanziellen – Aufwand sich der Deutsche Bundestag gegen die mit der Statusentscheidung der Beklagten für einen abgeschlossenen Zeitraum verbundenen – geringen – Beitragspflicht zugunsten der Rentenversicherung wehrt."

Da liegt doch der Verdacht nahe, dass die Verteidigung und die damit verbundenen Kosten höher liegen als das Zahlen der Sozialversicherungsbeiträge für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum.

Mittwoch, 31. Oktober 2012

da gab es was auf die Mütze

Für einige Berufsbilder sind Uniformen als Arbeitskleidung vorgeschrieben. Dies ist auch bei Piloten so. Die „Betriebsvereinbarung Dienstbekleidung“ einer Fluggesellschaft (die mit dem Kranich) schrieb vor, dass männliche Piloten zwingend in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Flughafenbereich eine Pilotenmütze zu tragen  haben, während weibliche Piloten (Pilotinnen) das Tragen einer Mütze freigestellt ist.

Ein männlicher Pilot wollte sich damit nicht abfinden. Nachdem er für einen Flug nach New York eingeteilt war und während der Flugvorbereitung die von seinem Vorgesetzten gestellte Frage, ob er seine Pilotenmütze bei sich führe, verneinte unter Hinweis, dass die Regelung diskriminierend und damit nichtig sei, wurde er vom Flug abgesetzt.

Nun wollte der Pilot seine Auffassung vom Gericht bestätigt wissen. Das Arbeitsgericht gab ihm noch Recht, doch das LAG Köln sah keine Diskriminierung im Sinne des AGG.

Nach einem Artikel auf lto.de ist davon auszugehen, dass das Tragen von Uniformen, unterschieden nach Geschlechtern, keine Diskriminierung darstelle und vom Zweck des AGG nicht umfasst sein soll. Insoweit kommt es nicht allein auf die Mütze an, sondern auf die gesamte Uniform.

Montag, 29. Oktober 2012

Bekommen Beamte bald mehr Geld?

Einen Raunen geht durch die Reihen der Beamten. Die bisherige Besoldung war wohl diskriminierend (wegen Alter) mit der Folge, dass die Besoldungsüberleitungen auf eine Besoldung nach Erfahrungsstufen ebenfalls unzutreffend sein soll, weil diese ja auf den früheren diskriminierenden Einstufungen beruhe.

Diese Frage treibt nun mehrfach Verwaltungsgerichte um, welche unterschiedliche Ergebnisse finden. Das Verwaltungsgericht Berlin (23.10.2012 - VG 7 K 425.12) geht nun davon aus, dass der EUGH diese Problematik lösen muss, setzt das Verfahren aus und legt einige Fragen dem EUGH vor.

Nun ist abzuwarten, was der EUGH dazu ausführen wird.

Betroffenen ist zu empfehlen, etwaige Rechtsmittel (Widerspruch und Klage) nicht vorzeitig zurückzunehmen bzw. hierauf zu verzichten. Es kann auf das vom VG Berlin eingeleitete Verfahren vor dem EUGH verwiesen werden und das eigene Verfahren insoweit ruhend gestellt werden.

Mitternachtsgruselstory - Arbeitsvertrag für eine halbe Stunde.

Da haben einige Menschen ja ein paar ganz schlaue Ideen gehabt, oder waren es gar Anwälte?

Über das Vermögen der Arbeitgeberin eines Arbeitnehmers war das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Ein Interessent für das insolvente Unternehmen schloss bereits einen Tarifvertrag mit der IG Metall, in dem er sich verpflichtete, von den ca. 1.600 Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin nach dem Erwerb der Betriebsstätten über 1.100 unbefristet und 400 befristet zu beschäftigen. Danach schloss der Interessent mit dem Insolvenzverwalter einen Kaufvertrag über die sächlichen Betriebsmittel.

Im April 2008 vereinbarte der Insolvenzverwalter mit Betriebsrat und Gewerkschaft einen Interessenausgleich und Sozialplan zu einer „übertragenden Sanierung“. Dann wurde auf einer Betriebsversammlung am 3. Mai 2008 den Arbeitnehmern das Formular eines dreiseitigen Vertrags ausgehändigt (1. Vertrag) , der das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2008 und die Vereinbarung eines neuen Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Juni 2008 00.00 Uhr mit der B & Q vorsah.

Außerdem wurden auf derselben Betriebsversammlung den Arbeitnehmern 4 (vier !) weitere - von ihnen zu unterzeichnende - Angebote für ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Betriebserwerber, beginnend am 1. Juni um 00.30 Uhr vorgelegt. Ein Angebot beinhaltete einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Betriebserwerberin, die anderen drei sahen unterschiedlich lang befristete Arbeitsverhältnisse vor.

Der Arbeitnehmer unterzeichnete alle fünf Vertragsangebote.

Der Betriebserwerber nahm am 30. Mai 2008 das Angebot des Arbeitnehmers für ein auf 20 Monate befristetes Arbeitsverhältnis an. Ab 1. Juni 2008 arbeitete der Arbeitnehmer für den Betriebserwerber und erhob im Juni 2009 eine Entfristungsklage.


Nochmal in Kurz: Unterschrieben wurde ein dreiseitiger Arbeitsvertrag mit der B&Q Gesellschaft, beginnend ab 01.06.2008 00:00 Uhr sowie 4 weitere Veträge mit dem "neuen" Arbeitgeber - von denen der Arbeitgeber einen aussuchte - mit Beginn ab 01.06.2008 um 00:30 Uhr. Der Arbeitnehmer war also am 01.06.2008 von 00:00 - 00:29 Uhr in der B&Q Gesellschaft beschäftigt, und dann beim Erwerber.


Wer denkt sich sowas aus? Die Gerichte sahen darin das, was es war: eine geplante Umgehung der Folgen eines Betriebsübergangs nach § 613 a BGB.

Die Feststellung des BAG (PM 76/12 vom 25.10.2012) hatt somit zur Folge, dass der klagende Arbeitnehmer gewann - er hat ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Dass der Arbeitnehmer nicht dauerhaft aus dem Betrieb ausscheiden sollte, ergab sich für ihn sowohl aus den Rahmenvereinbarungen des Insolvenzverwalters als auch daraus, dass er gleichzeitig mit der Unterzeichnung des B & Q-Angebotes vier Angebote für ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Betriebserwerber abzugeben hatte.

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Witwenrente nach einer Woche Ehe

Heiratet ein Paar - nach einer Scheidung erneut - und verstirbt ein Ehepartner 1 Woche nach der (2.) Eheschließung, kann der überlebenden Witwe ein Anspruch auf Witwenrente zustehen.

Was zunächst nach einer Ehe aus wirtschaftlichen bzw. finanziellen Gründen klingt, konnte von einer Witwe und deren Kindern glaubhaft vor dem SG Heilbronn (Az.: S 11 R 561/12) widerlegt werden. Mit Aussagen zum Glauben und Vortrag zur finanziellen Absicherung der Witwe auch ohne erneute Heirat, konnte das Gericht überzeugt werden, so dass es die Witwenrente zusprach.

Dienstag, 23. Oktober 2012

Dresdner Busfahrer sind Arbeitnehmer

Ein von den Dresdner Verkehrsbetrieben mit Linienfahrten beauftragtes Tochterunternehmen muss nach einer Entscheidung des Sozialgerichtes Dresden Sozialversicherungsbeiträge für Busfahrer nachzahlen, die es in den Jahren 2003 bis 2006 als angeblich Selbstständige nach Bedarf im Fahrdienst eingesetzt hatte.

Im Gegensatz zu den offiziell als Arbeitnehmer angestellten Busfahrern verfügten die betroffenen Busfahrer selbst über eine Gewerbeeintragung als selbstständige Unternehmer. Es stand ihnen im Einzelfall frei, die Fahraufträge des Busunternehmens anzunehmen. Das Entgelt wurde ohne Beachtung der geltenden Tarifverträge einzeln ausgehandelt. Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wurden nicht gewährt. Busse und Dienstbekleidung sowie ein Fahrscheinmodul wurde durch das Busunternehmen zur Verfügung gestellt.

Nach einer Betriebsprüfung im Jahr 2007 stellte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland fest, dass die Busfahrer eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübten und deshalb der Sozialversicherungspflicht unterlägen.

Nach Auffassung des Sozialgerichts waren die Busfahrer Arbeitnehmer des Busunternehmens. Ein Dienstverhältnis sei nicht allein deshalb als selbstständige Tätigkeit zu qualifizieren, weil der Dienstherr dem Dienstnehmer ebenso zwingende wie elementare Arbeitnehmerrechte vorenthalte. Die Busfahrer trugen vielmehr mangels eigener Betriebsmittel kein unternehmerisches Risiko. Sie waren weder in unternehmerische Entscheidungen eingebunden noch über das fest vereinbarte Entgelt hinaus am Gewinn des Unternehmens beteiligt.

endlich - Urlaubskosten von Steuer absetzbar!?

Urlaubskosten von der Steuer absetzen, das wäre was. Leider geht es nicht so einfach, oder doch? Es braucht doch nur die richtigen Ideen, wie der nachstehende Fall aufzeigt.

Eine hauptberuflich nichtselbständig tätige Sozialpädagogin befasst sich seit dem Jahr 2001 mit dem Ansinnen, einen Roman zu schreiben, dessen Handlung auf einem anderen - bereits verfilmten - Buch basieren soll. Ebenso wie in den Vorlagen spielt auch die Geschichte der nebenberuflichen Autorin zum Teil an Bord eines Schiffs und in Neuseeland, Australien und Chile. Als Schriftstellerin hat die schreibende Sozialpädagogin bislang noch keine Einnahmen erzielt, auch Kontakte zu Verlagen hat sie noch nicht aufgenommen.

Bereits 2004 und 2006  bereiste die Sozialpädagogin zusammen mit ihrem Lebensgefährten Chile. Die Kosten dafür machte sie in ihrer Steuererklärung als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten an, allerdings nur vorläufig. 2007 folgten zwei weitere Reisen - ebenfalls mit ihrem Lebensgefährten. Ein 12 -tägiger Segeltörn auf einem Segelschulschiff und eine 23-tägige Reise nach Australien und Neuseeland bildeten den Hintergrund für die begehrte steuerliche Absetzung von Reisekosten für Recherchearbeiten (4 Tage im Stadtarchiv in Auckland) über 4.551,62 EUR.

Bis zum Bundesfinanzhof führte der Streit. Dieser entschied (Beschluss vom 24.8.2012, III B 21/12), dass zwar die Reisen in erheblichem Maße (auch) privat veranlasst gewesen seien, aber die Aufwendungen im Zusammenhang mit den Recherchen im Stadtarchiv von Auckland als voll abziehbar anzusehen sind und die Kosten der Hin- und Rückreise nach Australien und Neuseeland als nach Zeitanteilen aufteilbar ebenfalls zu berücksichtigen sind. So kam es zumindest zu einer Absetzbarkeit von 1.178,81 € als Betriebsausgaben.

Ich sollte mir auch ein Buchprojekt mit exotischen Rechercheorten ausdenken;) 


Donnerstag, 18. Oktober 2012

Falschauskunft in Finanztest?

Es findet sich in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Finanztest (November 2012) auf Seite 9 eine Leserfrage. Der Fragesteller tritt ab November eine neue Arbeitsstelle an und hörte, dass er innerhalb der Probezeit von 6 Monaten keinen Urlaub nehmen könne. Stimmt das?

Finanztest antwortet: Nein, das stimmt so nicht. Sie haben während der Probezeit zumindest Anspruch auf einen Teil Ihres Jahresurlaubs. Für jeden vollen Monat des arbeitsverhältnisses steht Ihnen ein Zwöftel des Jahresurlaubs zu. Gewährt Ihnen der Arbeitgeber beispielsweise 24 Tage Urlaub im Jahr, können Sie nach zwei Monaten vier Urlaubstage beantragen. Vergessen Sie nicht: Jeder Urlaub - ob er innerhalb der Probezeit liegt oder nicht - muss vom Arbeitgeber genehmigt werden.

Einige gesetzeskundige Leser werden nun meinen, dass diese Auskunft unzutreffend sei, gilt doch nach § 4 BUrlG eine Wartezeit von 6 Monaten, bis der Anspruch auf vollen Urlaubsanspruch entsteht.

Doch dies ist zu kurz gegriffen. Wird nämlich § 5 I Nr. 1 BUrlG richtig gelesen, entsteht zumindest ein Teilurlaubsanspruch, wenn die 6 Monate Wartezeit im Kalenderjahr nicht mehr genommen werden können. Dies trifft auf alle Arbeitsverhältnisse zu, welche im Lauf des 01.07. eines Jahres oder danach beginnen. In diesen Fällen hat der Arbeitnehmer pro Monat Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs.

Mithin hat Finanztest zutreffend geantwortet. Missverständlich ist nur der Eindruck, dass dies irgendwie mit der Probezeit etwas zu tun hätte. Die spielt in dieser Hinsicht keine Rolle.

Im Übrigen sei angemerkt, dass in Arbeitsverhältnissen mit Beginn vor dem 01.07. eines Jahres tatächlich erst die 6 Monate Wartezeit "abzuarbeiten" sind, bis ein Anspruch auf Teil- oder vollurlaub besteht.

Mittwoch, 17. Oktober 2012

kein Verzicht trotz Verzichtserklärung - das geht

Lehrer im Bundesland Nordrhein-Westfalen stehen vor einem Dilemma. Entweder sie verzichten auf Reisekosten bei Ausübung Ihrer dienstlichen Leitungsaufgaben auf einer Klassenfahrt oder die Klassenfahrt fällt aus.

Diese Wahl zwischen Pest und Cholera sahen auch das LAG Hamm und das Bundesarbeitsgericht (PM 71/12).

Eine Lehrerein unterzeichnete ein Formular für die Durchführung einer KLassenreise. Dieses Formular enthielt schon vorgedruckt eine Verzichtserklärung hinsichtlich der Erstattung etwaiger Reisekosten. Da der Lehrerin nur ein geringer Teil von 28,45 € von den Gesamtreisekosten über  234,50 Euro erstattet wurde, klagte sie auf die Auszahlung des Restbetrages. Das beklagte Bundesland bezog sich auf die Verzichtserklärung und zahlte nicht.

LAG Hamm und BAG gaben der Lehrerin Recht. Das Bundesland kann sich wegen unzulässiger Rechtsausübung wegen unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsstellung nicht auf die Verzichtserklärung der Lehrerin berufen.

Das Bundesland als Arbeitgeber verstößt mit seiner Praxis, Schulfahrten grundsätzlich nur zu genehmigen, wenn die teilnehmenden Lehrkräfte auf die Erstattung ihrer Reisekosten verzichten, grob gegen seine Fürsorgepflicht. Mit der ausnahmslosen Bindung der Genehmigung von Schulfahrten an den Verzicht auf die Erstattung von Reisekosten werden die Lehrkräfte unzulässig vor die Wahl gestellt, ihr Interesse an einer Reisekostenerstattung zurückzustellen oder dafür verantwortlich zu sein, dass Schulfahrten, die Bestandteil der Bildungs- und Erziehungsarbeit sind, nicht stattfinden.

Montag, 15. Oktober 2012

Arbeitsunfall kontra Probezeitkündigung

Während einer vereinbarten Probezeit kann das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber unter erleichterten Berdingungen und meist mit kürzerer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein Arbeitnehmer, welcher sich gegen eine Probezeitkündigung wenden will, hat nur eingeschränkte Angriffsmittel, wie z.B. eine Treuwidrigkeit der Kündigung.

Stellt ein schwerer Arbeitsunfall während der Probezeit einen Grund dar, eine Probezeitkündigung als treuwidrig erscheinen zu lassen?

Der Fall
Ein Arbeitmehmer war seit dem 19.09.2011 als Industriemechaniker in der sog. Scherenendmontage tätig. Bei einem Arbeitsunfall am 16.11.2011 wurden ihm vier Finger der rechten Hand abgetrennt. Drei Finger wurden erfolgreich reimplantiert. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.01.2012 unter Wahrung der für die Probezeit vereinbarten Kündigungsfrist zum 09.02.2012.  Der Arbeitnehmer wehrt sich mit einer Klage gegen die Kündigung und meint, solange nicht geklärt sei, wen das Verschulden an dem Arbeitsunfall treffe, käme eine Probezeitkündigung nicht in Betracht.

Das Urteil
Das Arbeitsgericht Solingen gab dem Arbeitgeber Recht. Die Kündigung sei nicht treuwidrig, da der Arbeitgeber sich nicht von sachfremden oder willkürlichen Motiven habe leiten lassen.

Selbst bei einem durch den Arbeitsunfall motivierten Kündigungsentschluss des Arbeitgebers sei die Kündigung nicht treuwidrig. Durch den Arbeitsunfall sei die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers über Wochen und Monate nicht vorhanden und der Arbeitgeber kann insoweit auf lange Sicht nicht mit einer Vertragserfüllung durch den verunfallten Arbeitnehmer rechnen. Die Kündigung sei legitim, weil der Arbeitgeber sich bei Eingehung der vertraglichen Verpflichtung vorstellte, einen im Prinzip arbeitsfähigen Arbeitnehmer vertraglich verpflichtet zu haben.

Der Arbeitnehmer ging zwar in Berufung, zog dieser nach Eröreterung des Sachverhaltes jedoch zurück, wie das LAG Düsseldorf mitteilte.

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Die Überstunden des Kraftfahrers

Kraftfahrer sind oft lange unterwegs, manchmal länger, als nach dem Abeitsvertrag geschuldet. Aber es kann nicht einfach auf der Strasse im Irgendwo angehalten und die Arbeit beendet werden. Doch immer wieder gibt es Streit über Überstunden und deren Abrechnung. Problematisch ist dabei oft, wer was darlegen und beweisen muss. So auch in einem vom BAG entschiedenen Fall.

Der Arbeitnehmer war als Kraftfahrer tätig. Im Arbeitsvertrag fand sich die - unwirksame  Klausel, dass mit der vertraglich vereinbarten festen Vergütung auch sämtliche Überstunden abgegolten seien.

Der Kläger behauptet nun unter Vorlage eigener Aufzeichnungen an welchen Tagen er zu welcher Uhrzeit seine Arbeit im Betrieb begonnen habe, wann er vom Betrieb allein oder mit anderen Fahrern zu welchen Orten gefahren, er wieder in den Betrieb zurückgekehrt sei und das Fahrzeug an der Arbeitsstelle übergeben habe. Ebenso wurde vorgetragen, dass sämtliche Fahrten von namentlich benannten Disponenten angewiesen wurden. So legte der Arbeitnehmer 978,5 Überstunden dar und verlangte Zahlung von 6.213,50 € brutto.

Der Arbeitgeber lehnte ab und meinte, dass er zu keiner Zeit Überstunden angeordnet oder gebilligt habe.

Arbeitsgericht und das Sächsische LAG gaben dem Kläger nicht Recht, u.a. mit dem Hinweis, dass in dem Vortrag keine Pausenzeiten aufgeführt seien.

Erst das BAG half ihm etwas weiter mit seiner Entscheidung vom 16.5.2012 (Az.: 5 AZR 347/11). Das Bundesarbeitsgericht führte aus, dass das LAG Chemnitz die Substantiierungslast des Arbeitnehmers im Überstundenprozess überspannt habe. So gelte zu den Pausenzeiten folgendes:

„Die Nichtangabe von Pausenzeiten impliziert … nur die Behauptung, der Arbeitnehmer habe solche nicht gemacht. Bei Zweifeln hätte das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO nachfragen müssen, ob der Sachvortrag des Klägers dahingehend zu verstehen sei, er habe keine Pausen gemacht. Hätte der Kläger dies bejaht, wäre sein Vorbringen unter Berücksichtigung einer etwaigen Einlassung der Beklagten hierzu nach § 286 Abs. 1 ZPO zu würdigen gewesen. Hätte der Kläger die Frage verneint, wäre das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO verpflichtet gewesen, auf eine Ergänzung des Sachvortrags hinzuwirken.“

Da beides fehlte, ist die Abweisung der Berufung des Arbeitnehmers nicht schlüssig.

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt folgendes:

„Da die konkret zu leistende Arbeit in der Regel vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (vgl. zum Ganzen BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14).“

Dies gilt auch für die Geltendmachung von Überstunden. Allerdings meint das BAG weiter, dass für Kraftfahrer zumindest vorgetragen werden muss, wann er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Ein pauschales Bestreiten durch den Arbeitgeber reicht dann nicht.

„Wenn ein Kraftfahrer für eine angewiesene Tour eine bestimmte Zeit benötigt und sie nur unter Leistung von Überstunden ausführen kann, waren die Überstunden - unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung - jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig … Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass die von ihm dem Arbeitnehmer zugewiesene Tour unter Beachtung der Rechtsordnung, insbesondere der für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten geltenden (Sozial-)Vorschriften und des Straßenverkehrsrechts, innerhalb der Normalarbeitszeit gefahren werden kann. Erst dann obliegt es wiederum dem Arbeitnehmer, besondere Umstände darzutun, die zur Überschreitung der Normalarbeitszeit geführt haben.“

Zudem weist das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass eine bloße Bezugnahme auf Anlagen zum Schriftsatz nicht ausreicht für einen erforderlichen substantiierten Vortrag. Vielmehr bedarf es eines schriftsätzlichen Vortrages jeder einzelne Überstunde – mit der Folge seitenlanger Schriftsätze.



Montag, 1. Oktober 2012

Trinkgeldbewacher oder Reinigungskraft

Ein Unternehmen mit der Bezeichnung "Reinigungsservice" in Berlin war auf die Betreuung öffentlich zugänglicher Toilettenanlagen in Einkaufszentren, Warenhäusern und ähnlichen Einrichtungen spezialisiert. Nach Auskunft der Unternehmerin gegenüber der Rentenversicherung sei auf die 23 bei ihr angestellten Toilettenfrauen nicht der laut Tarifvertrag des Gebäudereinigerhandwerks geschuldeten Mindestlohn geschuldet, sondern lediglich zwischen 3,60 und 4,50 Euro. Der Tarifvertrag des Gebäudereinigerhandwerks gelte für das Unternehmen nicht.

Die Reinigungstätigkeit habe für den Betrieb nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Schwerpunkt der Tätigkeit der Toilettenfrauen, in der Regel Rentnerinnen, sei vielmehr die Bewachung der Teller für das Trinkgeld gewesen. Dies hätte 7 % ihrer Arbeitszeit ausgemacht. Sie hätten dabei quasi als Automaten gehandelt. Die von den Besuchern freiwillig gezahlten Trinkgelder seien die einzige Einnahmequelle des Unternehmens. Die Grundreinigung der Toiletten würde auch gar nicht durch die Toilettenfrauen, sondern durch andere Mitarbeiter oder eine speziell beauftragte Firma durchgeführt.

Die Rentenversicherung verlangte dennoch die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen auf Basis des Mindestlohnes. Auf die Klage hin musste das SG Berlin (S 73 KR 1505/10) entscheiden.

Auch dieses sah die angestellten Toilettenfrauen schwerpunktmäßig als Reinigungskräfte und nicht lediglich Bewacherinnen von Trinkgeldtellern an. Als Bemessungsgrundlage für die Versicherungsbeiträge seien daher zu Recht die tarifvertraglich verbindlichen Mindestlöhne herangezogen worden. Es handele sich nicht um einen Betrieb der Trinkgeldaufsicht, sondern um ein Unternehmen, das überwiegend Reinigungsleistungen erbringe. Dafür spreche schon der Name der Firma ("Reinigungsservice"). Auch nach den Verträgen mit den Auftraggebern (Kaufhäusern, Einkaufszentren u.s.w.) sei wesentliche Verpflichtung der Klägerin stets gewesen, die Toiletten in einem sauberen Zustand zu halten bzw. laufend zu reinigen. Schließlich würde der Betrieb sich über die Einnahme freiwilliger Trinkgelder finanzieren, die in der Erwartung gegeben würden, dass die Toilettenmitarbeiter Reinigungsleistungen erbringen. Einige Auftraggeber hätten sogar ausdrücklich erlaubt, durch das Aufstellen von Schildern auf die Mühen der Reinigungskräfte hinzuweisen, um dadurch zur Trinkgeldabgabe zu animieren. Auf den konkreten zeitlichen Umfang der Reinigungstätigkeit komme es indes nicht an. So wie ein Arzt, der nachts Bereitschaftsdienst leistet, Arzt bleibe, bleibe eine Reinigungskraft, die sich zur Beseitigung neuer Verschmutzungen bereithält, eine Reinigungskraft.

Freitag, 28. September 2012

jüngere Beamte möglich - Altergrenzen fallen

Zwei Steuerhauptsekretärinnen in der Finanzverwaltung des Saarlandes war die Zulassung zum Aufstieg für besondere Verwendungen für Steuerbeamte verweigert worden, weil sie noch nicht 40 Jahre alt waren.

Ihre hiergegen gerichteten Klagen waren zunächst erfolglos. Die Gerichte hielten die maßgebliche Mindestaltersregelung mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Verordnungsgeber bewege sich mit der Annahme, dass Lebensältere im Sinne von "gestandenen" Männern und Frauen mit einer verfestigten Persönlichkeit eher als Vorgesetzte akzeptiert würden als Lebensjüngere, im Rahmen seines Gestaltungsspielraums.

Das BVerwG sah dies nicht so und gab den Klägerinnen Recht. Trotz Ihres Alters unter 40 Lebenjahren können Sie nun "karrieremäßig" aufsteigen.

Das BVerwG (Urteile vom 26. September 2012) stellte auf Art. 33 II des Grundgesetzes (GG) ab, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift unterfallen auch Auswahlentscheidungen im Vorfeld der Verleihung eines öffentlichen Amtes wie hier die Zulassung zu einer Ausbildung für einen Laufbahnaufstieg.

Ein Bewerber kann bei einer solchen Auswahlentscheidung nur dann wegen seines zu geringen Alters abgelehnt werden, wenn deswegen eine Beurteilung seiner Bewährung (noch) nicht möglich ist. Vom Lebensalter sind grundsätzlich keine Rückschlüsse auf die Eignung für das angestrebte Amt möglich.

Ebenfalls unzulässig sind längere (als zur Beurteilung der Bewährung des Bewerbers nötige) Mindestwartezeiten, die der Bewerber im Beamtenverhältnis oder in seinem bisherigen Amt verbracht haben muss; auch diese zielen darauf, ältere Bewerber den jüngeren ohne Rücksicht darauf vorzuziehen, wer der bessere ist.

Die Nichteinbeziehung der Klägerinnen in die Auswahl aus Altersgründen verstieß zudem gegen die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).

Freitag, 21. September 2012

weniger Arbeit, weniger Lohn?

In vielen Arbeitsverträgen finden sich Bestimmungen einer Wochenarbeitszeit und eines monatlichen Festlohnes. In vielen Branchen schwankt die Auftragslage je nach Saison. Mehrstunden in einem Monat werden mit Minderstunden aus einem anderen Monat verrechnet. Doch was passiert, wenn keine vertragliche Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto besteht?

Der Fall:
Ein Arbeitgeber erstellt einen Jahresdienstplan, der unter Berücksichtigung der im Verlauf des Jahres unterschiedlichen Nachfrage bzw. des unterschiedlichen Angebots ihrer Dienstleistungen geringere Arbeitszeiten in den Wintermonaten und erhöhte Arbeitszeiten in den Sommermonaten vorsieht. Die Dienstpläne für den betreffenden Monat werden jeweils einen Monat im Voraus erstellt. In den Kalendermonaten Januar, Februar, März und April sieht der Dienstplan vor, dass der betreffende Mitarbeiter an manchen Tagen acht Stunden und an manchen Tagen überhaupt nicht arbeitet. Es werden sog. Minusstunden verbucht, wenn in den betreffenden Monaten weniger als die regelmäßige Arbeitszeit gearbeitet wird. Während der Hochsaison in den Monaten Mai bis September werden die Arbeitnehmer so eingesetzt, dass auch mit den in den verbleibenden Monaten Oktober bis Dezember zu verbuchenden Minusstunden, die sich aufgrund der wetter-/temperaturbedingten Nachfragesituation ergeben, eine gleichmäßige Arbeitsbelastung während eines Kalenderjahres entsteht. Für jeden Monat des Kalenderjahres wird die Vergütung in gleicher und vereinbarter Höhe bezahlt. Diese betriebliche Regelung war der Arbeitnehmerin bekannt.

Nach dem Ausscheiden zum 15. Mai 2010 erhielt die Arbeitnehmerin Abrechnungen für die Monate April und Mai 2010, wonach der Arbeitgeber von der Arbeitsvergütung 1.372,75 € brutto für 118,75 Minusstunden einbehielt, die sich auf dem Arbeitszeitkonto der Arbeitnehmerin aufgrund ihrer dienstplanmäßigen Arbeitseinteilung ergeben hatten. Hiergegen wandte sich die Arbeitnehmerin und klagte.

Die Entscheidung
Das LArbG Mainz entschied, dass der Arbeitgeber zu dem vorgenommenen Lohneinbehalt im Wege einer Verrechnung von 118,75 Minusstunden nicht berechtigt war. Liegt die Verantwortung für die Arbeitszuweisung und -einteilung allein beim Arbeitgeber, gerät dieser nach § 296 Satz 1 BGB in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen nicht im Umfang der vereinbarten Arbeitszeit einsetzen kann, ohne dass es eines Angebots der Arbeitsleistung bedarf. Kommt der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Arbeitnehmer nach § 615 Satz 1 BGB für die infolge des Annahmeverzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Nach dem Arbeitsvertrag war die Arbeitnehmerin nicht zur Nachleistung der aus betrieblichen Gründen ausgefallenen Arbeitszeiten verpflichtet.

Einer Verrechnung steht zudem entgegen, dass der Arbeitgeber nicht nachweisen konnte, dass eine entsrechende Möglichkeit der Verrechnung vertraglich vereinbart wurde.

TIPP:
Arbeitgeber sollten Ihre Verträge prüfen und gegebenenfalls anpasssen. Arbeitnehmer sollten etwaige Verütungseinbehalte auf Rechtswirksamkeit prüfen lassen.

Donnerstag, 20. September 2012

Gewerkschaft oder Prozesskostenhilfe

Im Arbeitsrecht gibt es ja einige Besonderheiten. Eine hiervon ist, dass die Kosten einer rechtlichen Vertretung in I. Instanz nicht erstattet werden. Jeder Anwalt muss seine Mandantschaft hierauf hinweisen. Im Zuge dessen wird meist auch geklärt, ob eine Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt.

Ebenso zu fragen ist auch, ob der Mandant evtl. Gewerkschaftmitglied ist. Ist letzteres der Fall, kann er sich von der Gewerkschaft rechtlich beraten und vertreten lassen. Dies ist mit dem Mitgliedsbeitrag abgegolten.

Natürlich darf ein Gewerkschaftsmitglied sich auch dafür entscheiden, sich einen Anwalt zu nehmen und sich nicht von der Gewerkschaft vor einem Arbeitsgericht vertreten zu lassen. Hierfür kann es unterschiedliche Gründe geben. Doch dies ist dann aus eigener Tasche zu zahlen, denn Prozesskostenhilfe gibt es - im Regelfall - nicht.

Dies entschied das Hessische LAG am 28.06.2012 (Az.: 16 Ta 206/12). Es führte aus: "Gewährt eine Gewerkschaft - für die DGB Rechtsschutz GmbH gilt nichts anderes - Rechtsschutz, ist darin regelmäßig eine verwertbare Forderung zu sehen, die die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unmöglich macht. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes in Gestalt der Vertretung durch den konkreten Gewerkschaftsvertreter oder aus generellen Gründen ausnahmsweise im Einzelfall unzumutbar ist. Dies kann bei einer erheblichen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Antragsteller und dem sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten des Verbandes der Fall sein."

Fazit: Nun heißt es also für Mandant (Kosten) und Anwalt (Haftung wegen unterlassenem Hinweis) Obacht walten zu lassen, wenn eine Gewerkschaftsmitgliedschaft besteht und dennoch ein Anwalt auf Prozesskostenhilfebasis tätigen werden soll.

Religion im Mietrecht

Der Vermieter eines Mehrfamilienhauses ist katholisch. Eines Tages stellt er eine Madonna-Figur im Treppenhaus auf. Ein Mieter protestantischer Glaubensrichtung sah sich durch diese Madonnafigur erheblich gestört und begründete eine erstrebte Mietminderung mit einem „besonderen Schock“, dem ihm die Figur zugefügt habe. Das Amtsgericht Münster (Urteil vom 22.07.2003, AZ 3 C 2122/03) musste über disen Sachverhalt entscheiden. Nach ihrer Ansicht ist eine Madonna-Figur im Treppenhaus in keinster Weise ein Grund, der die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung einschränkt. In der persönlichen Überempfindlichkeit des Mieters liegt kein Recht begründet, die Miete zu mindern. Ganz allgemein seien solche subjektive Überempfindlichkeiten bei der Bewertung von Minderungsrechten nicht zu berücksichtigen. Als grundsätzliche Feststellung wurde sodann noch festgehalten: "Da ja auch für einen Protestanten gilt, dass Jesus von Maria geboren wurde, könne man beim Anblick einer Madonna-Figur nicht von einem Schock sprechen, egal, welcher christlichen Konfession man angehört."

Mittwoch, 19. September 2012

betriebliche Altersvorsorge und Insolvenz

Eine Direktversicherung ist ein gern und oft gewähltes Mittel der betrieblichen Altersvorsorge. Doch in der betrieblichen Altersvorsorge gelten besondere Regeln, so z.B., dass ein Bezugsrecht des Arbeitnehmers in den ersten Jahren nur widerruflich besteht. D.h., dass der Arbeitgeber das Bezugsrecht widerrufen kann.

In einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hat der Insolvenzverwalter des ehemaligen Arbeitgebers das Bezugsrecht widerrufen gegenüber der Versicherung. Der vom Dezember 1998 bis Dezember 2005 beschäftigte Arbeitnehmer hielt dies für unwirksam und verlangte Schadensersatz. Er berief sch auf die Zusage der betrieblichen Altersvorsorge vom 30.08.1999. Er klagte auf Übertragung der Versicherung auf sich.

Hintergedanke war hierbei, dass der Arbeitnehmer mit Beiträgen in die Versicherung einzahlte und bei Widerruf er nichts erhalte. Bei einer Übertragung der Versicherung könnte er die Versicherung fortführen und von seinen früheren Beiträgen profitieren.

Sollte kein Anspruch auf Übertragung bestehen, verlangte der Arbeitnehmer hilfsweise die Erstattung der an die Versicherung gezahlten Beiträge, zumindest aber Zahlung des Rückkaufswerts der Versicherung.

Der Arbeitnehmer hatte keinen Erfolg.

Das BAG (Urteil vom 18. September 2012 - 3 AZR 176/10) entschied, dass der Widerruf des Bezugsrechts durch den Insolvenzverwalter wirksam ist, da die Unverfallbarkeitsfrist nach § 1b iVm. § 30f Abs. 1 BetrAVG im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen war.

Der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer im Wege des Schadensersatzes die Beiträge für die Direktversicherung oder den Rückkaufswert der Versicherung zu erstatten.

Den Ersatz eines Versorgungsschadens hat der Arbeitnehmer nicht verlangt. Deshalb war auch nicht zu entscheiden, ob der Insolvenzverwalter im Verhältnis zum Arbeitnehmer berechtigt war, das Bezugsrecht zu widerrufen, noch kommt es darauf an, ob ein Schadensersatzanspruch wegen eines zu Unrecht erklärten Widerrufs des Bezugsrechts eine Insolvenzforderung oder eine Masseforderung ist.

Offen bleibt somit de Frage, was passiert wäre, wenn der Arbeitnehmer den Versorgungsschaden geltend gemacht hätte, mithin die Differenz aus seiner nun zu erwarteten Rente im Vergleich zur Rente + der betrieblichen Altersvorsorge mittels Direktversicherung.

Dienstag, 18. September 2012

Wo klagen Pfarrer?

Als erstes kommen sicherlich die kirchlichen Gerichte in Betracht. Doch wenn diese dem Begehren des Pfarres nicht folgen, stellt sich die Frage, ob auch vor einem staatlichen Gericht geklagt werden kann. Dies geht - aber nur ausnahmsweise. Eine solche Ausnahme liegt nach einer Entscheidung des OVG Münster vom 18.09.2012 im folgenden Sachverhalt vor.

Nach Studium, Vikariat und Hilfsdienstzeit hatte der klagende Pfarrer bei der Evangelischen Kirche im Rheinland als ordinierter Theologe keine Pfarrstelle gefunden. Die Kirche (als Institution) hatte ihn deshalb zweimal für je fünf Jahre als Pastor im Sonderdienst in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis auf Zeit berufen. Eine weitere Verlängerung war nach dem einschlägigen Kirchengesetz nicht möglich. Der Pfarrer sah hierin eine Verletzung des rechtlich gebotenen sozialen Mindestschutzes und klagte gegen die Beendigung seines Kirchenbeamtenverhältnisses, zunächst vor den Kirchengerichten. Die Klagen blieben ohne Erfolg.

Das anschließend von ihm angerufene Verwaltungsgericht wies die Klage als unzulässig ab, weil der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nicht eröffnet sei. Dagegen legte der Pfarrer Berufung zum OVG Münster ein.

Der entscheidende Senat hält den Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten - in Kenntnis entgegenstehender höchstrichterlicher Rechtsprechung - (auch) bei Statusklagen kirchlicher Bediensteter für gegeben, soweit die Verletzung staatlichen Rechts gerügt werde. Maßnahmen von Religionsgesellschaften auf dem Gebiet des kirchlichen öffentlichen Dienstrechts seien Akte öffentlicher Gewalt, weil die mit dem Körperschaftsstatus verbundene Dienstherrenfähigkeit der Religionsgesellschaften durch staatliche Übertragung vermittelt werde. Bei der Ausübung der Dienstherrenbefugnisse seien die Religionsgesellschaften deshalb grundsätzlich an die Grundrechte als "für alle geltende Gesetze" gebunden. Der Wechselwirkung zwischen kirchlicher Autonomie einerseits und Gesetzesbindung andererseits sei durch eine Güterabwägung unter Berücksichtigung des Selbstverständnisses der Kirche und der besonderen Schutzwürdigkeit der Ämterverleihung in Religionsgesellschaften Rechnung zu tragen.

Nach Ansicht des OVG Münster (PM vom 18.09.2012) ist dem klagenden Pfarrer zwar keine Festanstellung zuzuerkennen, jedoch stehe ihm ein Übergangsgeld zu in Anlehnung an den Grundsätzen des staatlichen Beamtenrechts und den allgemeinen Regelungen des Arbeitsrechts.

Verhandlungsmeisterin mit Anlaufschwierigkeiten

Eine Mandantin wendet sich an mich und hat Fragen zu einem vom Arbeitgeber vorgelegten Änderungsvertrag. Eine Rechtsschutzversicherung hat sie nicht. Nach Hinweis auf die Anwaltskosten nach RVG und dem Angebot einer darunter liegenden Vergütung für Beratung und schriftliche Zusammenfassung, schwang die Fragestellerin das Zepter, dann auf die Beratung zu verzichten. Gleichwohl führte Sie auf, zu welchem Betrag sie eine Beratung in Anspruch nehmen würde. Nach einigem Hin und Her einigten wir uns.

Nach diesen Einstiegsverhandlungen wunderte es mich am Ende des Beratungsgespräches schon, dass Sie selbst nicht auf die Idee kam, mit ihrem Arbeitgeber zu verhandeln. Der Arbeitgeber will doch was von ihr - die Unterschrift. Hierzu kann sie nicht gezwungen werden. Die Unterschriftleistung kann sie sich also "abkaufen" lassen. Über den "Kaufpreis" muss sie aber mit dem Arbeitgeber verhandeln.

Liebe Arbeitnehmer - ein Änderungsvertrag vom Arbeitgeber muss nicht unterschrieben werden. Zunächst bietet es sich an, den Vertrag zu prüfen und sodann evtl. nachzuverhandeln. Lassen Sie sich nicht "ins Bockshorn jagen".

Mittwoch, 22. August 2012

das Geheimnis der schwarzen Bank

Wer in einer geläufigen Suchmaschine "schwarze Bank" eingibt, erhält Hinweise auf Becks "schwarze Bank", ein Modegeschäft "Mode von der schwarze Bank" und auf eine Gartenbank aus schwarzem Fieberglas. Doch was hat das mit dem anwaltlichen Berufsleben zu tun?

Nun, die Gartenbank erinnert an einen Fall, wie er so wohlnur im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" stattfinden kann. Jennelle Carrillo ist ein leidenschaftlicher Fan des fünffachen Superbowl-Champions Dallas Cowboys. An einem heißen Augusttag mit Temperaturen bis zu 38 °C verweilte Frau Carrillo vor dem Dallas-Stadion. Der Wartezeit verging so langsam, dass Sie sich setzen musste. Es fand sich eine Sitzgelegenheit - eine Bank aus schwarzem Marmor.

Sobald Frau Carrillo saß, sprang sie sofort wieder auf. Doch es war zu spät. Verbrennungen 3. Grades hat sie sich zugezogen am Hintern und "seelische und körperliche Schmerzen" erlitten und sei zudem durch "die Wunden entstellt", wir ihr Anwalt Michael Wash mitteilt. Dieser klagt nun auf Schmerzensgeld, denn es fehlte an einem Warnhinweis - wie spiegel-online.de ausführte

Ach ja, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten - auch für Anwälte.

Freitag, 17. August 2012

Kennen Sie den Contact Center Manager?

Und wissen Sie, was er alles macht und machen darf?

Und warum unterschreibt ein Hausmeister einen Arbeitsvertrag?

Diese Fragen stellte sich auch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern. Eine Arbeitnehmerin wendet sich gegen eine Kündigung, welche vom Contact Center Manager unterzeichnet wurde und deshalb zurückgewiesen wurde nach § 174 BGB. Der Arbeitsvertrag war vom damaligen "Facility Director" unterzeichnet.

Die Arbeitnehmerin war verwirrt und wies die Kündigung mangels Vollmachtsvorlage zurück und erhob Kündigungsschutzklage.

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern gab Ihr Recht. Es stellte in seiner Entscheidung vom 28.02.2012(2 Sa 290/11) zwar fest, dass Niederlassungsleiter zur Kündigung berechtigt sind, aber "der Zusatz unter dem Kündigungsschreiben "Contact Center Manager" nicht aussagekräftig" sei.

Weiter führt das Gericht aus: "Aus diesem Zusatz erschließt sich für die Klägerin nicht, dass es sich bei dieser Person um den Niederlassungsleiter handeln muss. ... Dass sich im Intranet eine in englischer Sprache geschriebene Aufgabenbeschreibung für Herrn G. befindet, ist angesichts der nicht nachgewiesenen Englischkenntnisse der Klägerin ohnehin unerheblich."

Fazit: Liebe Arbeitgeber - bitte drückt Euch deutlich und klar in der Amtssprache in hiesigen Gefilden aus.

Freitag, 10. August 2012

Urlaubsabgeltung - das Bundesarbeitsgericht entscheidet weiteren Sachverhalt

Die als schwerbehindert anerkannte Arbeitnehmerin war vom 1. Juli 2001 bis zum 31. März 2009 in einer Rehabilitationsklinik beschäftigt. Im Jahr 2004 erkrankte sie, bezog ab dem 20. Dezember 2004 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung und nahm bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihre Tätigkeit nicht mehr auf. Nach dem TVöD, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fand, ruht das Arbeitsverhältnis während des Bezugs einer Rente auf Zeit und vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen tariflichen Zusatzurlaubs für jeden Kalendermonat des Ruhens um ein Zwölftel. Die Arbeitnehmerin hatte die Abgeltung von 149 Urlaubstagen aus den Jahren 2005 bis 2009 mit 18.841,05 Euro brutto beansprucht.

Die Vorinstanzen haben der Klage bezüglich der Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs und des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen stattgegeben.

Die Revision der Arbeitgerberin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht größtenteils Erfolg. Die Arbeitnehmerin hat gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG nur Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs und Zusatzurlaubs aus den Jahren 2008 und 2009 mit 3.919,95 Euro brutto. In den Jahren 2005 bis 2007 sind die nicht abdingbaren gesetzlichen Urlaubsansprüche trotz des Ruhens des Arbeitsverhältnisses zwar entstanden. Ihrer Abgeltung steht jedoch entgegen, dass sie vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG mit Ablauf des 31. März des zweiten auf das jeweilige Urlaubsjahr folgenden Jahres verfallen sind.

Dienstag, 7. August 2012

Das Katzennetz auf dem Balkon

Ist die Errichtung einer Holzkonstruktion ohne Substanzeingriff für die Aufhängung eines Katzennetzes auf dem Balkon einer Mietwohnung ein vom Vermieter zu duldender baulicher Eingriff?

Hier musste das Gericht abwägen zwischen den tierlieben Mietern und den auf das Äussere bedachte Vermietern. Wie das Gericht entschieden hat, lesen sie auf http://mietrecht-chemnitz.blogspot.de/

Donnerstag, 2. August 2012

Ein Polizist mit Tattoo? Ungeeignet!

Jugendsünden haben weitreichende Folgen, wie ein Bewerber für den Polizeidienst feststellen musste.

Das Landesamt für die Polizeiausbildung in Selm (Kreis Unna) wies den Bewerber unter Hinweis auf dessen mangelnde Eignung wegen der Tätowierungen von vornherein ab und berief sich u.a. darauf, dass deutlich sichtbare Tätowierungen mit der Neutralität eines Polizeibeamten nicht in Einklang zu bringen seien. Nach einem Erlass des Innenministeriums aus dem Jahre 1995 stellten Tätowierungen, die beim Tragen der Sommeruniform mit kurzärmeligen Hemd zu sehen seien, einen Eignungsmangel dar. Er wurde nicht einmal zum Eignungstest zugelassen.

Hiergegen wehrte er sich und erhob Antrag auf einstweiligen Rechhtsschutz vor dem Verwaltungsgericht. Das VG Aachen (1 L 277/12) gab ihm Recht.

Es ist bereits nicht klar, welche konkreten Eignungsmängel dem Bewerber vorgehalten werden. Die Vorgaben eines 17 Jahre alten Erlasses dürften angesichts des gesellschaftlichen Wandels nicht ohne nähere Prüfung eine mangelnde Eignung begründen können.

Ob in großflächigen Tätowierungen im sichtbaren Hautbereich tatsächlich eine "überzogene Individualität" zum Ausdruck komme, wie das Landesamt angenommen habe, müsse in einem Hauptsacheverfahren näher untersucht werden.

Ob der Bewerber tatsächlich die Voraussetzungen für die spätere Übernahme in den Polizeidienst erfülle, könne nun in dem anstehenden Testverfahren festgestellt werden, weshalb er hierfür zuzulassen war.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Dienstag, 31. Juli 2012

Arbeitgeberwechsel in II. Instanz

Drei Arbeitnehmer waren auf Basis befristeter Verträge für eine gemeinnützige Gesellschaft (gGmbH) mit der Betreuung und ggfs. Vermittlung von Langzeitarbeitslosen beschäftigte. Anteilseigner der arbeitgebenden Gesellschaft waren der Landkreis Viersen und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises.

Im Rahmen sogenannter Personalgestellungsverträge hatte es die Gesellschaft seit einigen Jahren übernommen, den Personalbedarf der ARGE bzw. des Jobcenters des Kreises Viersen durch Einstellungen geeigneter Arbeitnehmer und entsprechende Zuweisungen an die ARGE bzw. Jobcenter sicherzustellen.

Die Arbeitnehmer erhoben wegen den Befristungen gegen die Gesellschaft Entfristungsklagen zum Arbeitsgericht und bekamen Recht.

Auf die Berufung der Gesellschaft hin hat das LArbG Düsseldorf die Klagen aber abgewiesen.

Die Rechtslage hat sich durch die Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zum 01.12.2011 geändert. Auf Grund des geänderten Gesetzes wurden die mit der Gesellschaft bestehenden Arbeitsverträge mit dem Kreis Viersen als fortbestehend fingiert, weil die verklagte Gesellschaft bislang nicht im Besitz einer Genehmigung zur Arbeitnehmerüberlassung nach den gesetzlichen Bestimmungen des AÜG war und ist.

Folge dessen ist, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer seit 01.12.2011 nicht mehr mit der verklagten Gesellschaft bestehen und die erstinstanzlich geprüfte Rechtsfrage (Wirksamkeit der Befristung) zweitinstanzlich nicht mehr zu bescheiden war.

Montag, 30. Juli 2012

Geldschatz im Kachelofen - das war wohl nichts! Oder doch?

Ein Hauseigentümer eines Mehrfamilienhauses entdeckt im Rahmen von Renovierungsarbei nach Erwerb des Hauses in 2008 beim Abriss des Kachelofens zwei verschlossene Stahlkassetten. Diese enthielten 303.700,00 DM in Banknoten, teilweise mit Banderolen aus den Jahren 1971 bis 1977.

Die vormalige Eigentümerin der Liegenschaft hatte diese Wohnung bis zu ihrem Tod im Jahre 1993 bewohnt. Ihr Ehemann und sie waren Eigentümer eines Teppichgeschäfts auf der Düsseldorfer Königsallee, das sie 1971 verkauft hatten. Die Erben machten nun Ansprüche geltend an dem Geldbetrag.

Der Hauseigentümer hingegen meinte, dass es sich um einen Schatz habndele, den er behalten dürfte.

Der Streit ging vor das Gericht. Eine Zeugenaussage ("Es gibt Menschen, die Geld im Kamin verstecken") und die Daten auf den Banderolen, wonach das Geld aus den 70er Jahren stammten, waren wichtige Indizien für das Gericht. Da außer der Erblasserin nach dem Tod ihres Mannes keine weiteren Personen mit ihr in der Wohnung gelebt und auch spätere Eigentümer der Liegenschaft keine Eigentumsrechte mehr an dem Geld geltend machen, kam das Gericht (LG Düsseldorf, Az.: 15 O 103/11) zu der Überzeugung, dass das Bargeld aus dem Eigentum der Erblasserin stammte und nicht, wie vom Hauseigentümer behauptet, von einem unbekannten Dritten stamme.

Bei den Geldkassetten handelte es sich zudem nicht um einen einen Schatzfund gem. § 984 BGB. Ein Schatzfund würde nämlich voraussetzen, dass der Eigentümer einer aufgefundenen Sache nicht mehr zu ermitteln sei. Die frühere Eigentümerin des Geldes aus dem Kachelofen sei nach der Beweisaufnahme aber gefunden: die Erblasserin!

Der Beklagte, der Finderlohn in Höhe von rund 5.000,00 € erhalten hat, kann gegen das Urteil Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen.

Bewerbungsgespräch und Flugkosten

Wird ein Bewerber von einem potentiellen Arbeitgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, hat der Bewerber gegen diesen einen Anspruch auf Erstattung seiner Vorstellungskosten gem. § 670 BGB. Darin heißt es:

"Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet."

Doch es stellt sich die Frage, welche Kosten davon erfasst werden.

Ein Bewerber machte sich für ein Vorstellungsgespräch auf den Weg von Hamburg nach Düsseldorf und entschied sich weder für ein Personenkraftwagen noch die Bahn, sondern nutzte das Flugzeug. Die Koste der Reise, bestehend aus Kosten für das Flugticket in Höhe von 472,32 € sowie für eine Tageskarte in Höhe von 7,30 €, verlangte er sodann vom Unternehmen. Das Unternehmen zahlte nur 234,00 € und nicht mehr, weshalb der Bewerber Klage zum Arbeitsgericht Düsseldorf erhob.

Dort blitzte der Bewerber mit seiner Forderung ab (Aktenzeichen: 2 Ca 2404/12). Das Gericht verwies im Urteil auf den bestehenden Meinungsstreit ("Ob Flugkosten in der Regel zu erstatten sind, ist umstritten. Dies wird z.T. nur dann befürwortet, wenn der Arbeitgeber die Übernahme zugesagt hat (vgl. ArbG Hamburg, 02.11.1994 - 13 Ca 24/94). Nach anderer Ansicht bestimmt sich die Höhe der ersatzfähigen Kosten wesentlich nach der Bedeutung der ausgeschriebenen Stelle; Indikator sei etwa die übliche Vergütung. Je höher diese sei, umso eher dürfe der Bewerber eine Anreise in der 1. Wagenklasse oder per Flugzeug für erforderlich halten (ErfK/Müller-Glöge, § 629 BGB, Rn. 14)", lies ihn jedoch offen, denn

"Es ist nicht zu erkennen, dass der Kläger die Erstattung der Flugkosten für erforderlich bzw. angemessen und üblich ansehen durfte."

Die Berufung wurde zugelassen.

Freitag, 27. Juli 2012

1 Satz und am Ende ist alles verloren

Da wird sich die Gewerkschaft in den Hintern beißen.

Ein Unternehmen mit Bindung an den Tarifvertrag TV Ratio D. beschloss für eine Standortbereinigung die Verlagerung von vier Callcentern an einen anderen Standort. Ein Interessenausgleich und Sozialplan wurde mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossen und durchgeführt.

Allerdings wurde die Maßnahme ohne Beteiligung der paritätischen Auswahlkommission nach §§ 3, 4 TV Ratio D. durchgeführt, was die Gewerkschaft bemängelte und einklagte.

Vor dem Arbeitsgericht hat die Gewerkschaft Erfolg, vor dem Landesarbeitsgericht ebenso. Hartnäckig verfolgt das Unternehmen seinen Standpunkt weiter, dass eine Beteiligung der paritätischen Auswahlkommission nicht erforderlich sei und erhebt Revision.

Das Bundesarbeitsgericht (Pressemitteilung Nr. 55/12) teilt das Ergebnis der Verhandlung vom 26.07.2012 in einem Satz mit:

"Der Senat hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Klage in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts aus formalen Gründen abgewiesen."

Donnerstag, 19. Juli 2012

13 - eine Glückszahl?

4 reichen nicht, es müssen schon 13 sein. Wer zu wenig vorweisen kann, hat keinen Erfolg - auch nicht vor Gericht. Dieser Eindruck entsteht bei der Lektüre der aktuellen Pressemeldung des Bundesarbeitsgerichtes (PM 54/12). Es geht um die Problematik der Kettenbefristungen.

Grundsätzlich sind Kettenbefristungen möglich und zulässig. ABER - unter besonderen Umständen kann eine Befristung eines Arbeitsvertrags trotz Vorliegens eines sachlichen Grundes wegen rechtsmissbräuchlicher Ausnutzung der an sich eröffneten rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit unwirksam sein. Es sind dabei alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere aber Gesamtdauer und Anzahl der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen aufeinander folgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen.

Bei 13 befristeten Arbeisverträgen über 11 Jahre liegt der Verdacht des Rechtsmißbrauchs nahe, bei 4 befristeten Arbeitsverträgen über 7 Jahre und 9 Monate noch nicht.

Es bleibt also dabei - es kommt auf den Einzelfall an.

Mieterhöhung und fristlose Kündigung

In vielen Mietverträgen finden sich Vereinbarungen, dass Nebenkostenvorauszahlungen den Abrechnungen angepasst werden können. Gibt es also nach einem Jahr einen hohen Nachzahlungsbetrag bezüglich Nebenkosten, kann vom Vermieter die Nebenkostenvorauszahlung entsprechend erhöht werden.

Zahlt ein Mieter diese Erhöhungen nicht, stellt sich die Frage, ob der Vermieter zunächst die Zahlungsrückstände einklagen muss und erst dann zur fristlosen Kündigung berechtigt ist oder ob er sogleich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - die fristlose Kündigung aussprechen kann.

Dieser Problematik widmete sich der BGH - wie auf mietrecht-chemnitz.blogspot.de berichtet wird.

Mittwoch, 18. Juli 2012

Streiken auf Kosten des Arbeitgebers

Nein, dass geht nun wirklich nicht. Wer streikt kann hierfür nicht noch Bezahlung vom Arbeitgeber verlangen.

Doch eine Arbeitnehmerin wollte aufgrund der "besonderen" Umstände einer unwirksamen fristlosen Kündigung doch Geld vom Arbeitgeber. Eine Gewerkschaft rief die Arbeitnehmer eines Unternehmens am 13. April 2010 zu einem unbefristeten Streik auf. Während des Arbeitskampfes erhielt die Arbeitnehmerin mit Schreiben vom 22. April 2010 ihre fristlose Kündigung. Hiergegen erhob sie Kündigungsschutzklage und gewann. Bis zur Urteilsentscheidung über die Unwirksamkeit der Kündigung hatte die Arbeitnehmerin sich durchgehend am Streik beteiligt. Nun verlangte sie vom Arbeitgeber von der Zeit des Kündigungszugangs bis zur Urteilsverkündigung Annahmeverzugslohn.

Sie macht geltend, nach Erhalt der Kündigung habe sie nicht mehr im Rechtssinne streiken, sondern sich nur noch mit den streikenden Kollegen solidarisch erklären können.

Das Bundesarbeitsgericht (Pressemitteilung Nr. 53/12) sah dies anders. Voraussetzung für einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn ist eine bestehende Leistungsfähigkeit und - willigkeit. Durch die Streikteilnahme zeigte die Arbeitnehmerin Leistungsunwilligkeit, weshalb ihr Ansprüche auf Annahmeverzugslohn zu versagen war.

Mittwoch, 11. Juli 2012

Der Abwehrschirm und die Minderung

Berechtigt die Installation eines "Abwehrschirms" zur Minderung? Mit dieser Frage beschäftigte sich vor einiger Zeit schon ein Berliner Amtsgericht. Es ging - natürlich - um Geld und dessen Verteilung.

Ein Mieter wollte wegen gefühlter Gefängnishofatmosphäre aufgrund eines über einen Innenhof gespanntes Netzes zur Taubenabwehr die Miete mindern. Ob dies von Erfolg gekrönt war, kann hier nachgelesen werden.

Dienstag, 10. Juli 2012

Mindestlohn in der Aus- und Weiterbildungsbranche

Das Bundeskabinett hat die vom Bundesarbeitsministerium vorgelegte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen zur Kenntnis genommen. Diese soll zum 1. August 2012 in Kraft treten.

Mit dem Erlass der Verordnung soll erstmals ein Mindestlohn für die Beschäftigten im pädagogischen Bereich der Branche der Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB II und SGB II festgesetzt werden. Die Höhe des geplanten Mindeststundenlohns ist regional differenziert. Er beträgt 12,60 € für Westdeutschland und Berlin sowie 11,25 € für Ostdeutschland.

Eine Übersicht über allgemeinverbindlich geltende Mindestlöhne findet sich hier.

Montag, 9. Juli 2012

Vorsicht vor der Turboprämie

Eine 57-jährige Betriebsrätin war 15 Jahre in einem Callcenter einer überregional tätigen Luftverkehrsgesellschaft beschäftigt. Im Hinblick auf die beabsichtigte Betriebseinstellung wurde eine Betriebsvereinbarung geschlossen mit Abfindungsangeboten und "Turboprämien" bei besonders schneller Zustimmung zu einem Auflösungsvertrag.

Einen solchen Aufhebungsvertrag unterschrieb die Arbeitnehmerin und erhielt eine Abfindung in Höhe von 75.060 Euro inklusive der "Turboprämie". Sie meldete sich danach arbeitslos.

Die Bundesagentur für Arbeit gewährte Arbeitslosengeld, verhängte aber aufgrund des Auflösungsvertrages eine 12-wöchige Sperrzeit. Die Arbeitnehmerin widersprach und meinte, sie hätte keine Abfindung erhalten, wenn sie auf einen Arbeitsplatz in einer anderen Stadt vermittelt worden wäre. Außerdem seien ihre Eltern zunehmend pflegebedürftig und auf ihre Hilfe angewiesen.

Vor den Sozialgerichten hatte die Arbeitnehmerin keinen Erfolg. Ohne Auflösungsvertrag hätte das Arbeitsverhältnis erst nach Durchführung eines Clearingverfahrens und damit zu einem späteren Zeitpunkt gelöst werden können. Die Arbeitnehmerin habe damit ihre Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Sie könne sich auch weder auf einen wichtigen Grund noch auf eine besondere Härte berufen. Nach dem Sozialplan wäre ihr im Hinblick auf ihre pflegebedürftigen Eltern ein Arbeitsplatz in einer anderen Stadt nicht zumutbar gewesen. Anstelle der "Turboprämie" für frühzeitiges Ausscheiden hätte sie daher bei einer betriebsbedingten Kündigung eine – wenngleich geringere – Abfindung nach dem Sozialplan erhalten.

Fazit: Auch bei "Turboprämien" sollte sich soviel Zeit für eine Entscheidung genommen werden, um durchzurechnen, ob die Prämie das zu erwartende Arbeitslosengeld übersteigt.

Donnerstag, 5. Juli 2012

Alles bleibt beim alten

Einer kurze Nachricht sorgt für Klarheit(?): "In dem Verfahren - 9 AZR 16/11 - (Vereinbarkeit der in § 17 Abs. 1 BEEG geregelten Kürzungsbefugnis mit Unionsrecht) wurde der Termin vom 10. Juli 2012 aufgehoben. Die Revision wurde zurückgenommen."

Hintergrund ist folgender Sachverhalt:

Eine Arbeitnehmerin befand sich nach der Geburt ihrer drei Kinder bis zum 7. Februar 2009 sieben Jahre in Elternzeit. In einem Schreiben vom 16. Februar 2009 erklärte der Arbeitgeber die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2009. Im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kündigung schlossen die Parteien einen Abfindungsvergleich, der neben der Beendigung zum 30. September 2009 (6 Monate späer !)die folgende Regelung enthielt:

"Damit ist das vorliegende Verfahren insgesamt erledigt."

Die Arbeitnehmerin verlangt nun noch Abgeltung von 102 Urlaubstagen für die Jahre 2006 bis 2009 und meint, ihr Urlaubsanspruch bestehe auch für die Dauer der Elternzeit, da sie gehindert gewesen sei, den Urlaub in Anspruch zu nehmen. § 17 BEEG (Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen.)verstoße gegen die Europäische Arbeitszeitrichtlinie, da durch die Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit nicht mehr der Mindesturlaub gewährt werde. Der Arbeitgeber hingegen geht davon aus, dass ein abschließender Vergleich mit der Arbeitnehmerin geschlossen wurde.

Die Vorinstanzen (u.a. Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 16.11.2010, 3 Sa 1288/10) haben der Klage der Arbeitnehmerin nur teilweise Recht gegeben, nämlich den Urlaub für 2009 (nach Ende der Elternzeit) betreffend. Ansprüche für die Zeit zuvor wurden abgewiesen. Ein Urlaubsanspruch sei durch die Kürzung des Urlaubs nach (dem europarechtskonformen) § 17 BEEG nicht entstanden.

Die hiergegen von der Arbeitnehmerin eingelegte Revision wurde zurückgenommen, wahrscheinlich nach entsprechenden Hinweisen durch das Bundesarbeitsgericht.

Fazit: Es verbleibt mithin dabei, dass in aller Regel kein Urlaubsanspruch während der Elternzeit entsteht bzw. dieser gekürzt werden kann.

Mittwoch, 4. Juli 2012

bitte, bitte bloß nicht Verfahren

... könnte ein Kraftfahrer denken, und das nicht nur im Hinblick auf verlorene Zeit und unnötige Kraftstoffkosten.

Es sollte in Kerken (Kreis Kleve) ein Fahrzeug für ein Mietwagen- und Transportunternehmen erworben und an den Betriebssitz nach Uslar überführt werden. Der Fahrer verfuhr sich und entschied, die Autobahn Richtung Köln zu nehmen, um von dort aus die ihm bekannte Strecke Richtung Dortmund zu befahren. Allerdings fuhr er am Autobahnkreuz Köln-Nord nicht Richtung Dortmund, sondern in entgegengesetzte südliche Richtung.

Auf dieser Strecke ereignete sich dann ein Unfall bei dem die Insassen verletzt wurden (u.a. Verlust des linken Armes).

Sie begehrten von der Berufsgenossenschaft Leistungen auf Basis eines Arbeitsunfalls. Die Berufsgenossenschaft lehnte dies jedoch ab.

Auch vor dem Landessozialgericht hatten die Fahrzeuginsassen keinen Erfolg.
Nach Ansicht der Richter stellte die Abfahrt am Kreuz Köln-Nord in südliche Richtung eine deutliche Zäsur im Geschehensablauf dar. Das Fahrzeug hat sich dann nicht weiter (über einen Umweg) in Richtung Uslar bewegt, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Der "Umweg" beruhte auch nicht auf äußeren Umständen wie z.B. Dunkelheit, Nebelbildung, mangelhafte Beschilderung oder Ähnlichem.

Fazit: Es bleibt dabei, grundsätzlich ist nur der direkte Weg zum Ziel versichert. Ein Umweg ist nur dann versichert, wenn für ihn betriebliche Gründe maßgeblich gewesen sind. Der "Umweg" im vorstehenden Fall wurde jedoch durch die Unachtsamkeit des Fahrers und nicht aus betrieblichen Gründen veranlasst.

Dienstag, 3. Juli 2012

Ein Vergleich ist (k)ein Vergleich

Eine teilzeitbeschäftigte Lehrkraft war befristet für den Freistaat Sachsen tätig. Die mit Vertrag vom 7. Mai 2007 vereinbarte (vorletzte) Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2008 griff sie vor dem Arbeitsgericht Zwickau mit einer Befristungskontrollklage an. Am 12. August 2008 fand eine Güteverhandlung statt, die ohne Einigung endete.

Im weiteren Verfahren schrieb der beklagte Freistaat:
"...wird nach Prüfung der Anregung der Vorsitzenden Richterin mitgeteilt, dass die Klägerin gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG nochmals für ein Schuljahr, und zwar dieses Schuljahr (bis zum 31.07.2009) im bisherigen Arbeitsumfang (12/27 Wochenstunden, entspricht 44,44 %) beschäftigt werden kann.

Aufgrund des am 25.08.08 beginnenden Unterrichtes sollte ein entsprechender gerichtlicher Vergleich möglichst zügig umgesetzt werden."


Die klagende Arbeitnehmerin war damit wohl zufrieden, zumindest ließ sie vortragen:
"... wird bezugnehmend auf den Schriftsatz des Beklagten vom 26.8.2008 mitgeteilt, dass die Klägerin mit dem Vergleichsvorschlag des Beklagten einverstanden ist. Es wird gebeten, das Zustandekommen des Vergleichs möglichst rasch nach § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO festzustellen. Das Schuljahr hat bereits am 25.8.2008 begonnen und die Klägerin kann erst eingesetzt werden, wenn der Vergleich festgestellt ist."

Die Parteien sind sich einig, weshalb das Gericht den Vergleichsabschluß gem. § 278 VI ZPO feststellt.

Nachdem auch das mit dem gerichtlichen Vergleich befristete Jahr sich dem Ende neigte, erhob die Klägerin erneut Klage und behauptet die Unwirksamkeit der letzten Befristung. Der Freistast Sachsen hingegen beharrt auf der Wirksamkeit der Befristung, ist diese doch aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches nach § 14 I Satz 2. Nr. 8 TzBfG zustandegekommen.

Die Lehrerin behielt vor dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 15.2.2012, 7 AZR 734/10) Recht. Die Befristungsvereinbarung ist mangels eines sie nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigenden sachlichen Grundes unwirksam; sie beruht nicht auf einem gerichtlichen Vergleich gem. § 14 I Satz 2 Nr. 8 TzBfG.

Das Bundesarbeitsgericht wiederholt in der Begründung die Voraussetzung eines Vergleiches im Sinne des § 14 I Satz 2 Nr. 8 TzBfg, nämlich die
- Mitwirkung des Gerichtes am Vergleichsabschluß sowie
- das Bestehen eines offenen Streites zwischen den Parteien

Während im vorliegenden Sachverhalt das Bundesarbeitsgericht noch von einem offenen Streit ausgeht (immerhin keine Einigung im Gütetermin), verneint es die erforderliche Mitwirkung des Arbeitsgerichtes am Vergleichsabschluss. Das Arbeitsgericht hat lediglich das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs mit Beschluss festgestellt. Der Vergleich ist damit nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 ZPO geschlossen. Ein solcher Vergleich unterfällt nicht § 14 I Satz 2 Nr. 8 TzBfG. Es fehlt an einer Mitwirkung des Gerichtes im Sinne eines eigenen - vom Gericht stammenden - Vergleichsvorschlages, der von den Parteien angenommen wird.

Fazit: Soll eine Befristung im Wege eines gerichtlichen vergleiiches vereinbart werden, sollte ein entsprechender Vergleichsvorschlag vom Gericht den Parteien unterbreitet werden. Eine Verständigung der Parteien und ein Feststellen der Einigungkeit reicht nicht aus.