Donnerstag, 30. Dezember 2010

Dienstwagen mit Privatnutzung gebietet Sorgfalt in der Vereinbarungsgestaltung

Kollegin Germakowski weist in einem Artikel der Legal Tribune Online (LTO) auf einge Fallstricke hinsichtlich der Vereinbarung der Stellung eines Dienstwagens mit Privatnutzung.

Dieser Artikel hinterlässt den Eindruck, dass wegen der vielzähligen Rechtsprechung hierzu lieber ein Anwalt/eine Anwältin solche Dienstwagenvereinbarungen prüfen bzw. erstellen sollte, bevor sie unterschrieben wird und das "Kind in den Brunnen" gefallen ist. Dem kann ich nach einiger Erfahrung mit verschiedenen Dienstwagenklauseln nur zustimmen.

Freitag, 24. Dezember 2010

Keine Lohnkürzung bei Kurzarbeit

Stimmt ein Betriebsrat der vom Arbeitgeber beabsichtigten Kurzarbeit zu, stellt dies keine Betriebsvereinbarung dar. Auf diesem Weg kann gegenüber einem Arbeitnehmer nicht wirksam Kurzarbeit mit entsprechenden Vergütungskürzungen angeordnet werden.

Das LAG Rheinland-Pfalz gab mit seiner Entscheidung (12. August 2010 - Az. 10 Sa 160/10) einem Arbeitnehmer Recht, der mit seiner Klage die Vergütung verlangte, die er erhalten hätte ohne Kurzarbeit.

Für Arbeitnehmer ergeben sich damit möglicherweise noch Ansprüche auf Vergütung, welche der Arbeitgeber für Kurzarbeit gegebenenfalls nachzahlen muss. Ein Anwalt kann sicher prüfen, ob solche Ansprüche noch bestehen.

Dienstag, 21. Dezember 2010

Ich will am Nachmittag nicht arbeiten! Zum Glück gibt es KITAs

Eine Änderungsschneiderin bekam für ihre Tochter einen Platz in einer Kindertagesstätte von 7:00 Uhr bis 16:00 Uhr. Sie teilte daraufhin ihrem Arbeitgeber mit Schreiben vom 29.09.2010 konkret mit Angabe der Stundendauer ihren Wunsch nach Teilzeittätigkeit mit. Sie wünschte unabhängig vom Samstag eine Teilzeittätigkeit von dienstags bis donnerstags von 9:00 Uhr bis 14:30 Uhr, da sie auf Ehemann und Verwandte für Kinderbetreuung nicht zurückgreifen kann.

Ohne weiteres Gespräch lehnte der Arbeitgeber dieses ab mit dem Hinweis, die gewünschten Arbeitszeiten seien aus organisatorischen Gründen so nicht möglich. Beim Arbeitgeber wird im wöchentlichen Wechsel in der Änderungsschneiderei montags bis freitags von 9:00 Uhr bis 18:30 Uhr bzw. montags bis freitags von 12:15 Uhr bis 19:30 Uhr gearbeitet. Er verlangt, dass alle Beschäftigten, auch die Teilzeitbeschäftigten die Nachmittagsschicht mit abdecken.

Due Änderungsschneiderin war mit der Absage nicht einverstanden und erhob einen Eilantrag. Das Arbeitsgericht lehnte diesen aus formalen Gründen ab. Das LAG Schleswig Holstein (Entscheidung vom 15.12.2010 -3 SaGa 14/10) gab der Schneiderin Recht.

Ein zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen, das die in § 8 Abs. 2 TzBfG geregelte Ankündigungsfrist von drei Monaten nicht wahrt, sei nicht unwirksam. Es führe nur dazu, dass nicht schon ab Ende der Elternzeit, sondern erst drei Monate nach dem Verlangen mit der Teilzeit begonnen werden könne. Der Arbeitgeber dürfe den Teilzeitwunsch aber nicht mit dem bloßen Hinweis ablehnen, in seinem Betrieb müssten alle Beschäftigten, auch die Teilzeitbeschäftigten im Schichtbetrieb arbeiten und in diesem Zusammenhang die Nachmittagsschicht bis mindestens 18:00 Uhr abdecken. Er müsse vielmehr konkrete Umstände anführen und beweisen, inwiefern die gewünschte zeitliche Lage der Arbeit nicht durch zumutbare Änderung der Betriebsabläufe oder Einsatz einer in sein Schichtsystem integrierten Ersatzkraft ermöglicht werden kann.

keine kleine Partie in der Oper

Opernchormitglieder können eine Sondervergütung erhalten, wenn sie "kleinere Partien" solo übernehmen. In einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes mussten die Richter gute Kenntnisse der Oper haben, denn die Frage war, ob partitugerecht vorgetragende Soloeinlagen "kurz" waren oder eine "kleinere Partie" darstellten.

Die auf die Sondervergütung klagenden Opernchormitglieder verloren bereits vor dem Schiedsgericht und auch vor dem Bundesarbeitsgericht (PM 95/10). Das Bundesarbeitsgericht geht nur dann von einer "kleineren Partie" aus, wenn das Opernchormitglied aus dem Opernchorkollektiv heraustritt und nach der konkreten Inszenierung und nach ihrem Umfang eine eigenständige Leistung erbringt.

Samstag, 18. Dezember 2010

Von der Weihnachtsfeier ins Krankenhaus - wer zahlt?

Erleidet ein Arbeitnehmer auf einer betrieblichen Weihnachsfeier in einem "Bowlingcenter" (ein Zentrum für eine spezielle Variante des Kegelns)einen Sturz mit Beinbruch handelt es sich um einen Arbeitsunfall. Vielleicht sah es so ähnlich aus:



Die Behandlungskosten trägt wegen der Qualifizierung des Unfalls als Arbeitsunfall nicht die Krankenkasse, sondern die zuständige Berufsgenossenschaft. Dies bestätigt eine Entscheidung des SG Berlin (Urt. v. 16.12.2010, Az. S 163 U 562/09).

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Es geht auch besser

Mit Eintrag vom 14.12.2010 verwiesen wir auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Unwirksamkeit einer OT-Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband.

Nur einen Tag später entschied das BAG über einen Sachverhalt, in dem der Arbeitgeberverband eine wirksame OT-Mitgliedschaft vorsah (PM 94/10).

Dienstag, 14. Dezember 2010

CGZP kann keine Tarifverträge schließen - Chancen für Leiharbeiter

Nach der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichtes 93/10 ist die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) keine Spitzenorganisation, die in eigenem Namen Tarifverträge abschließen kann. Sie erfüllt die hierfür erforderlichen tarifrechtlichen Voraussetzungen nicht.

Das gemeinsam von ver.di und dem Land Berlin eingeleitete Beschlussverfahren betrifft die Feststellung der Tariffähigkeit der im Dezember 2002 gegründeten CGZP. Deren alleinige satzungsmäßige Aufgabe ist der Abschluss von Tarifverträgen mit Arbeitgebern, die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betreiben wollen. Für diesen Bereich sind Tarifverträge auch für Nichtgewerkschaftsmitglieder von Bedeutung. Nach § 9 Nr. 2 AÜG haben Leiharbeitnehmer während der Zeit ihrer Überlassung an einen Entleiher Anspruch auf die dort geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen. Von diesem Gleichbehandlungsgebot kann zu Lasten der Leiharbeitnehmer nur durch einen Tarifvertrag oder aufgrund vertraglicher Bezugnahme auf einen Tarifvertrag abgewichen werden.

Die CGZP ist nach der BAG-Entscheidung keine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG, weil sich ihre Mitgliedsgewerkschaften (CGB, DHV und GÖD) nicht im Umfang ihrer Tariffähigkeit zusammengeschlossen haben. Außerdem geht der in der Satzung der CGZP festgelegte Organisationsbereich für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinaus.

Folge ist, dass auf sämtliche bisher bestehenden Leiharbeitsverhältnisse mit Bezug auf Tarifverträge mit der CGZP diese Tarifverträge keine Anwendung mehr finden. Dass heißt, den (Leih-)Arbeitnehmern steht nun der gleiche Lohn zu wie Arbeitnehmern im Entleihbetrieb. Notfalls sollten Arbeitnehmer dies gerichtlich durchsetzen.



Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 -

Radfahrer dürfen Fußgängerüberwege nicht nutzen, Radschieber schon!

Nach einer Entscheidung des LG Frankenthal trifft einen Radfahrer, der einen Fußgängerüberweg überfahrend nutzt, ein Mitverschulden an einem Unfall. Denn er nutzte den Füssgängerüberweg nicht in bevorrechtigender Art und Weise.

Für Fußgänger und "Radschieber" sorgt der Fußgängerüberweg für "Vorfahrt". Eine solche "Vorfahrt" gilt jedoch nicht für fahrende Radfahrer.

ERGO: Radfahrer sollten an Fußgängerüberwegen anhalten und das Fahhrad schieben.

Trotz OT-Mitgliedschaft tarifgebunden

Nach einer Entscheidung des BVerfG (Pressemitteilung Nr. 115/2010 vom 14. Dezember 2010) führt der Wechsel eines Unternehmen aus tarifgebundener Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband in eine OT-Mitgliedschaft (Mitgliedschaft ohne Tarifbindung) nicht zum Wegfall der Tarifbindung gegenüber Arbeitnehmern, wenn die Satzungsregelungen im Arbeitgeberverband keine eindeutige Regelung enthält.

Durch die Nichtannahme zur Entscheidung bestätigt das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes.

Arbeitnehmer sind daher gut beraten, bei Prüfung etwaiger Ansprüche Tarifverträge zu berücksichtigen und hierbei die Satzungen der Arbeitgeberverbände zu beachten.

Fernwärme, Gas & Strom zahlt der Betrieb - dies gilt für Betriebsrentner

Bei einem kommunalen Energieversorgungsunternehmen galt eine Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1969 (BV 1969), die u.a. für Betriebsrentner einen Preisnachlass für den Bezug von Gas und Strom sowie die Übernahme der Kosten für Fernwärme in Höhe von 50 % der Verbrauchskosten vorsah.

Durch Betriebsvereinbarungen aus 2001 und 2006 wurden die Energiekostenerstattungen betragsmäßig eingeschränkt und sodann ganz eingestellt.

Hiergegen wehrte sich ein Betriebsrentner, der bereits vor 2001 aus dem Betrieb ausgeschieden war. Er verlangte die Erstattung seiner Energiekosten auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung von 1969.

Die Revision des Klägers war letztlich vor dem Bundesarbeitsgericht erfolgreich (PM 92/10). Bei der anteiligen Übernahme von Energieverbrauchskosten auf Grund der Betriebsvereinbarung aus 1969 handelt es sich um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, in die nur unter Beachtung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden durfte. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor.

Wer zum Arzt will, muss auf ÖPNV umsteigen - Dienstwagenentscheidung des BAG

Lange war unklar, ob ein vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellter Dienstwagen mit Privatnutzung während einer Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf von 6 Wochen Entgeltfortzahlung zurückgefordert werden kann und darf oder ob der Arbeitnehmer den Dienstwagen wegen der eingeräumten Privatnutzung auch z.B. für Fahrten zum Arzt benutzen darf.

Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht (PM 91/10) nun geklärt.

Ein Arbeitgeber darf einem Arbeitnehmer bei bestehender Arbeitsunfähigkeit über den Zeitraum von 6 Wochen (Entgeltfortzahlungsanspruch) hinaus den Dienstwagen entziehen oder besser audsgedrückt, dessen Herausgabe (Rückgabe) fordern. Der Arbeitnehmer kann dann nicht mehr den Dienstwagen privat nutzen. Auch Fahrten zum Arzt sind dann nicht mehr mit diesem Fahrzeug möglich. Das heisst, er muss auf den ÖPNV umsteigen. Anbei ein paar Tipps für Chemnitz und Region mit VMS und CVAG.

Donnerstag, 9. Dezember 2010

doppelte Absicherung führt zu Unsicherheit - auch bei Weihnachtsgeld

Wieder einmal entschied das Bundesarbeitsgericht (PM 90/10) zu freiwillig und widerruflich gezahlten Weihnachtsgeldern.

Ein Ingenieur erhielt unstreitig zwischen 2002 bis 2007 ein Monatsgehalt als Weihnachtsgeld. Im Jahr 2008 berief sich der Arbeitgeber auf die Wirtschaftskrise und zahlte kein Weihnachtsgeld unter Bezug auf folgende Klausel im Arbeitsvertrag:

„Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“

in erster Instanz gewann der Arbeitnehmer, in zweiter Instanz der Arbeitgeber. Das Bundesarbeitsgericht entschied nun zu Gunsten des Arbeitnehmers. Die Klausel ist nicht eindeutig, denn ein Widerruf (Satz 2 der Klausel) setzt einen (widerrufbaren) Anspruch voraus, der jedoch wegen Freiwilligkeitsvorbehalt (Satz 1 der Klausel) gar nicht erst entstehen sollte. Da die Klausel unklar und somit intransparent ist, ist sie unwirksam.

Aufgrund der Zahlungen von 2002 bis 2007 ist eine betriebliche Übung hinsichtlich des Weihnachtsgeldes entstanden. Auf dieser Grundlage kann der Arbeitnehmer auch für 2008 Weihnachtsgeld verlangen in der bisherigen Höhe (1 Monatsgehalt).

Merksatz: Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerrufsmöglichkeit vertragen sich nicht.

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Wenn es mal wieder länger dauert ...

... muss der Dienstherr die Umkleidezeit eines Polizisten nicht als Arbeitszeit vergüten.

Nach einer Entscheidung des OVG NRW (6 A 1546/10, 6 A 979/09 u.a.) ist das An- und Ausziehen der Polizeiuniform keine Arbeit(-szeit).

Ob das alle Berufsgruppen so sehen?

die Hälfte von ... - Anrechnung einer Rente

In einer betrieblichen Altersvorsorgeregelung war bestimmt, dass der Ruhegeldempfänger auf seine Betriebsrente die Hälfte der gesetzlichen Rente sich anrechnen lassen muss. Abschläge wegen vorzeitigem Rentenbezug gingen zu Lasten des Ruhegeldempfängers.

Ein ehemaliger Arbeitnehmer schied mit 55 Jahren aus einem Unternehmen und erhielt mit 60 eine vorgezogene Rente wegen vorangegangener Arbeitslosigkeit. Die Rente beträgt 1.218,88 Euro monatlich.

Hätte der Ruhegeldempfänger erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres Rente bezogen, hätte seine Rente 1.486,44 Euro betragen.

Von letzterem Betrag zog das Unternehmen die Hälfte beim betrieblichen Ruhegeld ab. Die Differenz von monatlich 133,78 € wurde eingeklagt. Vor dem Landesarbeitsgericht war der Kläger noch erfolgreich.

Vor dem Bundesarbeitsgericht (PM 89/10) scheiterte der Kläger jedoch.

Nach den Regelungen zur betrieblichen Altersvorsorge in der Versorgungsordnung des Unternehmens ist dieses berechtigt, die Hälfte der ungekürzten gesetzlichen Rente auf die Betriebsrente des Klägers anzurechnen.

zu früh gefreut

Trotz Obsiegen mit einem Auflösungsantrag nach § 9 KSchG (Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen eine vom Gericht festgelegte - hier mit 5.000,0 € angesetzte - Abfindung) vor dem Arbeitsgericht Dresden musste ein Arbeitgeber nun vor dem Landesarbeitsgericht in Chemnitz den kürzeren ziehen.

Das Landesarbeitsgericht hielt den Auflösungsantrag für nicht gerechtfertigt, da der Arbeitnehmer aufgrund Unstimmigkeiten in vorgelegten Dokumenten (Aussehen der Unterschriften, Diskrepanzen zwischen Kopie und angeblichem Original) zu Recht den Verdacht einer Fälschung äussern durfte, ohne dass hierdurch eine künftige Zusammenarbeit derart belastet werden würde, dass eine Fortsetzung nicht zumutbar sei.

Nun muss der Arbeitgeber aus Radebeul einige Monate Vergütung nachzahlen und hat den "motivierten" Arbeitnehmer weiterhin im Betrieb.