Freitag, 31. Januar 2014

Sturz beim Skifahren = Arbeitsunfall?

Nun, wie Juristen immer antworten - es kommt darauf an. Worauf? Darauf, ob eine berufliche Veranlassung bzw. ein solcher Zusammenhang bestand. Erleidet ein angestellter Skilehrer während einer Lehrstunde einen Skiunfall handelt es sich zweifelsfrei um einen Arbeitsunfall. Fährt er hingegen privat Ski - ausserhalb seiner eigentlichen Arbeit - ist es kein Arbeitsunfall. Dies ist noch einleuchtend. Doch es gibt auch Sachverhalte, die nicht ganz so eindeutig zu sein scheinen.

Eine Geschäftsbank hatte ausgewählte Kunden zu einem mehrtägigen Ski-Event mit Informationen zu aktuellen Finanzthemen eingeladen. Auch der Kläger nutzte die Veranstaltung, um Geschäftskontakte pflegen und neu zu begründen. Bei einer Ski-Abfahrt stürzte er und zog sich einen Kreuzbandriss zu. Der Kläger wollte, dass der Skiunfall als Arbeitsunfall anerkannt wird. Die Berufsgenossenschaft lehnte dies ab.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen.

Das LSG München hat die Berufung des Klägers (L 17 U 484/10) zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist der Sturz auf der Piste nicht gesetzlich unfallversichert. Der Ski-Event hatte nicht nur betriebliche Bezüge aufgewiesen. Der Kläger wäre nur gesetzlich unfallversichert, falls er im Unfallmoment für Unternehmenszwecke tätig wäre. Auf der Skipiste bei der Abfahrt aber seien geschäftliche Besprechungen aus Kommunikationsgründen auszuschließen. Der Sturz auf der Piste war damit kein Arbeitsunfall.

Mittwoch, 29. Januar 2014

Wer findet die meisten Worte?

Nein, die Richter und Richterinnen des Bundesarbeitsgerichtes sind meines Wissens keine Erfinder von Spielen oder Ersteller von Rätseln. Und doch weist die AdVoice - eine Zeitschrift des FORUM Junge Anwaltschaft im Deutschen Anwaltverein -  auf eine interessante Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes hin, welche zur Ausübung eines Suchspieles zu Ziffer 1 des Tenors des Beschlusses vom 13.03.2013 (7 ABR 39/11) reizt nach dem Motto:

"Wer findet die meisten Worte oder Abkürzungen?"


Berufskrankheit 30 Jahre nach Infektion anerkannt

Im Sommer 1982 absolviert ein 16-jähriges Mädchen in einer Münchner Klinik ein mehrwöchiges Praktikum. Dabei erlitt sie mehrfach Verletzungen an Kanülen und Skalpellen. Kurze Zeit später traten bei ihr grippeähnliche Symptome auf, sie war wegen Durchfall, Fieber und Übelkeit zwei Wochen bettlägerig.

Fünf Jahre später – das Mädchen war inzwischen Kinderkrankenschwester – ergab eine Laboruntersuchung, dass die Frau mit dem HIV-Virus infiziert war. Die Berufsgenossenschaft lehnte es allerdings ab, eine Berufskrankheit anzuerkennen. Die Frau musste ihren Beruf aufgeben; heute besteht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 v.H.

Das LSG München hat in einer Entscheidung vom 18.03.2013 (L 3 U 262/12) den Unfallversicherungsträger zur Anerkennung einer Berufskrankheit verurteilt.

Der Einwand, die Frau bzw. das Mädchen hätte sich die Infektion auch im Privatleben zuziehen können, ist nach Auffassung des LSG München nicht stichhaltig. Die Frau sei als Praktikantin im Krankenhaus einem besonderen Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen. 1982 hätten noch keine adäquaten Verhaltensregeln für Nadelstichverletzungen und dem damit verbundenen HIV-Risiko bestanden. Die geschilderte grippe-ähnliche Erkrankung nach der Verletzung im Krankenhaus entspreche einem HIV-Infektionsverlauf. Hingegen sei die Frau nicht zu den typischen HIV-Risikogruppen zu zählen; insgesamt ergebe die Beweiswürdigung das Vorliegen einer Berufskrankheit.


keine Nachtarbeit und trotzdem Zuschläge

Ein Arbeitnehmer eines Möbelhauses, zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt, war zuvor in Vollzeit in der Abteilung Logistik eingesetzt gewesen.

Die Arbeitszeit der Vollzeitkräfte in dieser Abteilung beginnt spätestens um 4:00 Uhr morgens. Für die Zeit von 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr wurden  Nachtzuschläge gewährt.

Nach der Betriebsratswahl vereinbarten das Unternehmen und der Betriebsrat, dass der Arbeitnehmer/Betriebsratsvorsitzende täglich für 3,5 Stunden für Betriebsratsarbeit von der Arbeit befreit wurde. Gleichzeitig wurde der Arbeitsbeginn für den Arbeitnehmer/Betriebsratsvorsitzenden einvernehmlich auf 6:00 Uhr verschoben, um für die Mitarbeiter die Kontaktaufnahme zu verbessern.

Nun meinte der Arbeitnehmer/Betriebsratsvorsitzende, dass ihm die Nachtzuschläge zu bezahlen seien. Der Arbeitgeber vertritt hingegen die Ansicht, wer nachts nicht arbeite, bekomme auch keine Nachtzuschläge.

Der Arbeitnehmer klagt. Und erhält Recht vor dem LAG Köln (12 Sa 682/13). Nach § 37 Abs. 4 Betriebsverfassungsgesetz dürfe das Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung, so das Landesarbeitsgericht. Das Betriebsratsmitglied müsse daher so gestellt werden, als ob es keine Amtstätigkeit ausgeübt hätte.

Dienstag, 28. Januar 2014

Klären Arbeitsgericht unzulässige Waffenexporte auf?

Was für eine Frage, mögen einige denken. Unzulässige Waffenexporte werden eher an andere Gerichtsarten zugewiesen. Und doch, manchmal sind auch Arbeitsgericht an der Aufklärung mit beteiligt. Wie das? Ganz einfach.

Eine Firma Heckler & Koch entlässt 2 Arbeitnehmer mittels Kündigungen, weil diese „eigenmächtig, ohne Wissen und Wollen anderer Personen im Unternehmen“ Waffenlieferungen in nicht genehmigte Regionen veranlasst haben sollen. 

Die Arbeitnehmer wehren sich gegen die Kündigungen vor dem Arbeitsgericht und trugen vor, dass die Geschäftsleitung von der Abwicklung der Geschäfte gewusst habe.


Laut taz.de meinte der Richter, dass solcherlei Geschäfte nicht ohne Kenntnis der Geschäftsleitung gingen. Es lägen E-Mails vor, die zeigten, dass Vorgesetzte bis in die Leitung des Unternehmens mit dem Fall betraut gewesen seien. 

Deshalb gewannen die Arbeitnehmer ihre Kündigungsschutzklagen und die Ermittlungsbehörden fühlen sich sicherlich bestärkt.

Montag, 27. Januar 2014

Was Arbeitgeber alles nicht tun müssen

Manche Arbeitgeber stöhnen unter der Last der Pflichten für ihre Arbeitnehmer. Lohn abrechnung und zahlen, für Arbeitsschutz sorgen, nicht diskriminieren etc.. Doch eine allgemeine Lebensberatung ist (noch) nicht geschuldet.


Nun stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber von sich aus Arbeitnehmer darauf hinweisen müssen, dass diese Bestandteile ihres Éntgelts  im Rahmen einer betrieblichen Altersvorsoge umwandeln können. Dies erscheint naheliegend, besteht doch nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG die Pflicht des Arbeitgebers, auf Verlangen eines Arbeitnehmers vom künftigen Entgelt bis zu 4 %  der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Umwandlung für eine betriebliche Altersversorgung zu verwenden.

Das Bundesarbeitsgericht hat eine solche Hinweispflicht jedoch nicht gesehen und deshalb einen Schadensersatzanspruch  eines Arbeitnehmers wegen Unterlassen eines solchen Hinweises zurückgewiesen (BAG - PM 3/14).

Da der Arbeitgeber weder nach § 1a BetrAVG noch aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet war, den Arbeitnehmer von sich aus auf seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG hinzuweisen, fehlte es an der für einen Schadensersatzanspruch erforderlichen Pflichtverletzung.

Donnerstag, 9. Januar 2014

Wider die eigene Kündigung!

Im Arbeitsverhältnissen kommt es zu manchen Zeiten zu gewissen Spannungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Manch Arbeitnehmer ist das zu viel und sie erklären von sich aus im Zustand der Erregung über die Auseinandersetzung die Kündigung.

Mit zeitlichem Abstand werden Arbeitnehmer ruhiger und es gereut ihnen, dass Arbeitsverhältnis gekündigt zu haben. Was tun?

Oft ist der Ausspruch der Kündigung mündlich erfolgt und damit unwirksam. Eine Klage auf Feststellung des Bestandes des Arbeitsverhältnisses dürfte regelmäßig erfolgversprechend sein.

Was aber, wenn die Kündigung doch schriftlich erfolgt, an die richtige Person übergeben wird, ein Irrtum genauso ausscheidet wie eine widerrechtliche Drohung oder Täuschung durch den Arbeitgeber. Die Aussichten stehen dann nicht mehr so eindeutig auf Erfolg.

Doch ein Schlupfloch könnte helfen. Fehlt in der schriftlichen Kündigungserklärung eine Angabe zum Beendigungszeitpunkt bzw. Anhaltspunkte zur Bestimmung des "begehrten" Beendigungszeitpunktes, ist unklar, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Die Kündigung genügt dann nicht dem erforderlichen Bestimmtheitsgebot und dürfte unwirksam sein, mithin das Arbeitsverhältnis nicht beenden.