Freitag, 27. Februar 2015

Spesen im Arbeitsverhältnis und Auswirkungen (Auslöse)



Die Zahlung von Spesen (auch „Auslösung“ genannt) gibt es bei einigen Berufsgruppen. Insbesondere bei auswärts beschäftigten Kraftfahrern machen diese Spesen einen erheblichen Anteil an der Auszahlungssumme aus. Da besteht manches Mal der Verdacht, dass es sich nicht mehr um Ersatz tatsächlich verauslagter Aufwendungen (für Unterkunft und Verpflegung) handelt, sondern der Lohn durch den so „verdeckt gezahlten“ Arbeitslohn aufgestockt werden soll.
Doch wie wirken sich Spesenzahlungen aus, wenn Ansprüche auf Leistungen aus der Sozialversicherung oder andere Lebenssachverhalte bestehen?

Gesetzliche Unfallversicherung
Wird nach einem Unfall eine Verletztenrente gezahlt, berechnet ich deren Höhe nach dem Jahresarbeitsverdienst (JAV). Nach der Entscheidung des LSG München vom 29.04.2014 – L 3 U 619/11) sind Spesenzahlungen in voller Höhe in der Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes zu berücksichtigen, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Spesenzahlungen das Vermögen mehrten, mithin keine tatsächlichen Mehraufwendungen erstattet wurden. Ob das so bleibt, wird jedoch gerade vor dem Bundessozialgericht geprüft (Az.: B 2 U 9/14 R)

Werden hingegen tatsächlich angefallene Aufwendungen erstattet, führt dies nicht zu einer Einbeziehung der Spesenzahlung.

Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit
Werden tatsächliche Aufwendungen mit der Spesenzahlung erstattet, werden die Spesen in der Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruches nicht berücksichtigt.

Werden Spesen hingegen unabhängig von etwaigen Aufwendungen bezahlt, sind sie im Rahmen der Entgeltfortzahlung mit auszugleichen.

Dies entspricht dem  Lohnausfallprinzip.

Elterngeld
Wenn Spesenzahlungen unterhalb der Steuerfreigrenzen bleiben, haben diese keine Auswirkungen Auf die Höhe des Elterngeldes. 

Werden hingegen die Steuerpauschbeträge vor Bezug des Elterngeldes überschritten, kann dies zur Erhöhung des Elterngeldes führen. Während des Elterngeldbezuges führen Spesenzahlungen über den Steuerpauschbeträgen zur Minderung des Elterngeldanspruches.

Wohngeld bzw. Ausbildungsförderung
Spesenzahlungen bis zu Höhe der Steuerfreibeträge werden nicht als maßgebliches Einkommen angesehen.

Arbeitslosengeld II
Spesen zählen zum Einkommen und werden als solches berücksichtigt.
Allerdings können hiervon Beträge (pauschal 6,00 € bei 12h-Abwesenheit nach § 6 III ALGII-Verordnung oder gegen Nachweis höherer Verpflegungskosten (BSG 11.12.2012 – B 4 AS 27/12 R – Rz. 34)) abgezogen werden.    

Unterhaltsrecht
Üblicherweise werden Spesenzahlung in der Unterhaltsberechnung mit 1/3 des Nettobetrages angesetzt und berücksichtigt (vgl. Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Dresden (Stand 01.01.2013) unter Punkt 1.4)

Lohnpfändung
Grundsätzlich unterliegen nach § 850 a Nr. 3 ZPO Spesen nicht der Pfändung, wenn sie den Rahmen des Üblichen nicht überschreiten (bei Einhaltung der steuerlichen Pauschbeträge oft der Fall). Anderes gilt bei Lohnverschleierung, wenn nicht tatsächliche Aufwendungen erstattet werden sollen mit der Spesenzahlung, sondern ein höherer Lohn erzielt werden soll.

Weitere Informationen finden sich im Aufsatz des Richter am Bundessozialgericht a.D. Dirk H. Dau in JM 03/2015 auf Seite 113. ff

Dienstag, 24. Februar 2015

Erst Sex, dann Kündigung!

Dienstlich veranlasste Reisen bergen manche Überraschung. So wohl auch bei einem Werkzeugmechaniker, der mit seinem Vorgesetzten unterwegs war.

Nach reichlich Alkoholgenuss soll - so ist es der Berichterstattung unter rp-online.de zu entnehmen - wohl der Schlüssel zum Zimmer des Werkzeugmechanikers "verschwunden" sein. Man begibt sich in das Zimmer des Vorgesetzten und es kommt, was sich bei der Überschrift schon jeder denken kann.

Wieder nüchtern behauptet nun der Werkzeugmechaniker, dass er sexuell missbraucht wurde vom Vorgesetzten und verlangt vom Arbeitgeber die Kündigung desselben. Ob er Erfolg hat vor dem Arbeitsgericht in Solingen?

Montag, 23. Februar 2015

Wer rückwärts wirft und trifft muss zahlen

Es gibt Regeln. Es gibt Regeln auch auf Arbeit und in der Ausbildungsstätte. Eine Regel heisst sicherlich: "Werfe keine Gegenstände rücklings durch den Raum!". Wer sich an solch einfache wie einleuchtende Regeln nicht hält, muss damit rechnen, dass er einem durch das Wurfgeschoß geschädigten Schmerzensgeld zahlen muss, und das kann schon erheblich sein.

Dies ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 9. März 2015 - 8 AZR 67/14. Hiernach warf ein Azubi ohne Vorwarnung ein ca. 10 g schweres Wuchtgewicht hinter sich. Dieses traf einen anderen Azubi am linken Auge, am Augenlid und an der linken Schläfe. Er wurde in einer Augenklinik behandelt. Im Herbst 2011 und im Frühjahr 2012 unterzog er sich erneut Untersuchungen und Eingriffen, wobei eine Kunstlinse eingesetzt wurde; Einschränkungen aufgrund einer Hornhautnarbe verblieben.

Zwar kam die Berufsgenossenschaft zunächst für den Schaden auf und zahlt dem Geschädigten eine monatliche Rente iHv. 204,40 Euro, doch Schmerzensgeld gibt es nicht von der Berufsgenossenschaft. Zwar gibt es den Hauftungsausschluss nach § 105 I, § 106 I SGB VII bei Unfällen auf Arbeit, doch dieser greift vorliegend nicht zu Gunsten des Werfers, denn der Wurf sei nicht betrieblich veranlasst gewesen. Der Werfer hat schuldhaft gehandelt und so wurde er zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro verurteilt.

So verlängern Sie die Probezeit

In arbeitsrechtlichen Verträgen werden sehr oft - aber nicht immer - Probezeiten im Sinne des § 622 III BGB vereinbart. Bewährt sich der neue Arbeitnehmer wird er zumeist nahtlos übernommen, das Arbeitsverhältnis setzt sich fort.

Bewährt sich der Arbeitnehmer in der vereinbarten Probezeit (maximal 6 Monate) nicht, kann er - selbst am letzten Tag der Probezeit - mit einer Kündigungsfrist von 2 Wochen gekündigt werden, so der § 622 III BGB.

Nun soll es Fälle geben, in denen nicht klar ist, ob ein Arbeitnehmer sich bewährt hat oder gar noch bewähren wird. Oder beide Seiten wollen die Chace einer noch möglichen künftigen Bewährung aufrecht erhalten. Geht dies?

Ein probates Mittel ist der Ausspruch einer Kündigung mit einer längeren Kündigungsfrist und der Zusage der Weiterbeschäftigung bei Bewährung in der Kündigungsfrist:

Bsp: AN war während der Probezeit lange Zeit arbeitsunfähig erkrankt, erbrachte aber bei Arbeitstätigkeit ausbaubare Leistungen. Am letzten Tag der Probezeit kann der Abeitgeber mit der 2 Wochenfrist kündigen. Es besteht aber auch die Alternative, dass er mit einer 4 - Wochenfrist kündigt und zusagt, dass der AN weiterbeschäftigt wird bei Bewährung.

Nun gibt es findige Arbeitgeber, welche meinen, dass Sie dann ja auch eine Kündigungsfrist von vielen Monaten oder länger "gewähren" können.

Die Rechtsprechung sieht dies aber enger, wie sich aus den Leitsätzen des LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 24.6.2014 – 5 Sa 222/13, ergibt:


1. Während der Wartezeit des § 1 I KSchG gilt der Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Der Arbeitgeber kann also dem Arbeitnehmer regelmäßig noch am letzten Tag der Wartefrist ordentlich kündigen. Sieht der Arbeitgeber die sechsmonatige Probezeit als nicht bestanden an, so kann er sogar im Regelfall, ohne rechtsmissbräuchlich zu handeln, anstatt das Arbeitsverhältnis während der Wartezeit aus § 1 I KSchG mit der kurzen Probezeitkündigungsfrist zu beenden, dem Arbeitnehmer auch eine weitere Bewährungschance geben, indem er mit einer überschaubaren, längeren Kündigungsfrist kündigt und dem Arbeitnehmer für den Fall seiner Bewährung die Wiedereinstellung zusagt (BAG in NZA 2002, Seite 1000).

2. Wird die Kündigung gegen Ende der vereinbarten Probezeit mit einer Frist von vier Monaten zum Monatsende ausgesprochen, handelt es sich noch um eine überschaubar längere Kündigungsfrist im Sinne der Rechtsprechung des BAG.

Also, 4 Monate sind gerade noch so OK!

Dienstag, 17. Februar 2015

Rente als Sachgrund für Befristung

Es ist bekannt, dass Fachkräfte benötigt werden und "Mangelware" sind. So mancher Arbeitgeber freut sich dann über das Angebot, dass ein verdienter Mitarbeiter nach Erreichenn des Regelrentenalters bereit ist, seine Leistungen und sein Wissen weiterhin dem Unternehmen zur verfügung zu stellen. Doch wie ist das vertraglich zu bewerkstelligen. Ist eine befristete Einstellung nach dem TzBfG zulässig?

Damit befasste sich eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 11.02.2015.

Nach langjähriger Beschäftigung und Erreichenn der Regelaltersgrenze zum Rentenbezug vereinbarten die Parteien am 22.01.2010, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2010 ende. Dieser Vertrag wurde zweimal verlängert. Nachdem der Arbeitnehmer um eine Weiterbeschäftigung gebeten hatte, vereinbarten die Parteien zuletzt am 29.07.2011, dass der Arbeitsvertrag ab 01.08.2011 mit veränderten Konditionen weitergeführt werde und am 31.12.2011 ende. Der Vertrag enthält die Abrede, dass der Arbeitnehmer eine noch einzustellende Ersatzkraft einarbeitet.

Der Arbeitnehmer wollte länger beschäftigt werden und begehrte die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung am 31.12.2011 geendet hat.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision hatte vor dem BAG Erfolg. Das BAG hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Nach Auffassung des BAG rechtfertigt im vorliegenden Fall der Bezug von gesetzlicher Altersrente allein die Befristung des Arbeitsverhältnisses aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG) nicht. Erforderlich sei in diesem Fall vielmehr zusätzlich, dass die Befristung einer konkreten Nachwuchsplanung des Arbeitgebers diente. Hierzu habe das Landesarbeitsgericht bislang keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.

Mit der Entscheidung setzet sich Kollege Sasche Bjorn Greier auf lto.de zu Recht kritisch auseinander.

Freitag, 13. Februar 2015

Auch Azubis sind bei Verdacht einer Straftat kündbar

Ein Berufsausbildungsverhältnis ist ein besonders Verhältnis. Es gelten eigene Regeln, wie z.B. das BBiG. Hiernach sind Kündigungen nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig. Reicht der Verdacht einer Straftat zum Kündigungsausspruch? Muss vor einer Anhörung auf den Inhalt der Anhörung hingewiesen werden?

Diese Fragen musste das Bundesarbeitsgericht beantworten.

Ein Mann absolvierte bei einer Bank ab dem 01.08.2010 eine Berufsausbildung zum Bankkaufmann.

Am 20.06.2011 zählte er das sich in den Nachttresor-Kassetten einer Filiale befindliche Geld. Später wurde ein Kassenfehlbestand von 500 Euro festgestellt. Nach Darstellung der Bank nannte der Azubi in einem Personalgespräch von sich aus die Höhe dieses Fehlbetrags, obwohl er nur auf eine unbezifferte Kassendifferenz angesprochen worden war.

Die Bank hat das Berufsausbildungsverhältnis wegen des durch die Offenbarung von Täterwissen begründeten Verdachts der Entwendung des Fehlbetrags gekündigt. Der Azubi hält die Kündigung für unwirksam. Ein Berufsausbildungsverhältnis könne nicht durch eine Verdachtskündigung beendet werden. Auch fehle es u.a. an seiner ordnungsgemäßen Anhörung. Ihm sei vor dem fraglichen Gespräch nicht mitgeteilt worden, dass er mit einer Kassendifferenz konfrontiert werden solle. Auf die Möglichkeit der Einschaltung einer Vertrauensperson sei er nicht hingewiesen worden. Zudem habe die Bank Pflichten aus dem Bundesdatenschutzgesetz verletzt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Nach Auffassung des BAG hat die Verdachtskündigung das Ausbildungsverhältnis beendet. Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden könne einen wichtigen Grund zur Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG darstellen, wenn der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar mache. Das LArbG Mainz habe in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Umstände des Falles gewürdigt und insbesondere die Anhörung des Azubis zu Recht als fehlerfrei angesehen. Es habe weder einer vorherigen Bekanntgabe des Gesprächsthemas noch eines Hinweises bzgl. der möglichen Kontaktierung einer Vertrauensperson bedurft. Auch Datenschutzrecht stünde der Beweiserhebung und -verwertung nicht entgegen.