Donnerstag, 11. Oktober 2012

Die Überstunden des Kraftfahrers

Kraftfahrer sind oft lange unterwegs, manchmal länger, als nach dem Abeitsvertrag geschuldet. Aber es kann nicht einfach auf der Strasse im Irgendwo angehalten und die Arbeit beendet werden. Doch immer wieder gibt es Streit über Überstunden und deren Abrechnung. Problematisch ist dabei oft, wer was darlegen und beweisen muss. So auch in einem vom BAG entschiedenen Fall.

Der Arbeitnehmer war als Kraftfahrer tätig. Im Arbeitsvertrag fand sich die - unwirksame  Klausel, dass mit der vertraglich vereinbarten festen Vergütung auch sämtliche Überstunden abgegolten seien.

Der Kläger behauptet nun unter Vorlage eigener Aufzeichnungen an welchen Tagen er zu welcher Uhrzeit seine Arbeit im Betrieb begonnen habe, wann er vom Betrieb allein oder mit anderen Fahrern zu welchen Orten gefahren, er wieder in den Betrieb zurückgekehrt sei und das Fahrzeug an der Arbeitsstelle übergeben habe. Ebenso wurde vorgetragen, dass sämtliche Fahrten von namentlich benannten Disponenten angewiesen wurden. So legte der Arbeitnehmer 978,5 Überstunden dar und verlangte Zahlung von 6.213,50 € brutto.

Der Arbeitgeber lehnte ab und meinte, dass er zu keiner Zeit Überstunden angeordnet oder gebilligt habe.

Arbeitsgericht und das Sächsische LAG gaben dem Kläger nicht Recht, u.a. mit dem Hinweis, dass in dem Vortrag keine Pausenzeiten aufgeführt seien.

Erst das BAG half ihm etwas weiter mit seiner Entscheidung vom 16.5.2012 (Az.: 5 AZR 347/11). Das Bundesarbeitsgericht führte aus, dass das LAG Chemnitz die Substantiierungslast des Arbeitnehmers im Überstundenprozess überspannt habe. So gelte zu den Pausenzeiten folgendes:

„Die Nichtangabe von Pausenzeiten impliziert … nur die Behauptung, der Arbeitnehmer habe solche nicht gemacht. Bei Zweifeln hätte das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO nachfragen müssen, ob der Sachvortrag des Klägers dahingehend zu verstehen sei, er habe keine Pausen gemacht. Hätte der Kläger dies bejaht, wäre sein Vorbringen unter Berücksichtigung einer etwaigen Einlassung der Beklagten hierzu nach § 286 Abs. 1 ZPO zu würdigen gewesen. Hätte der Kläger die Frage verneint, wäre das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO verpflichtet gewesen, auf eine Ergänzung des Sachvortrags hinzuwirken.“

Da beides fehlte, ist die Abweisung der Berufung des Arbeitnehmers nicht schlüssig.

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt folgendes:

„Da die konkret zu leistende Arbeit in der Regel vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (vgl. zum Ganzen BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14).“

Dies gilt auch für die Geltendmachung von Überstunden. Allerdings meint das BAG weiter, dass für Kraftfahrer zumindest vorgetragen werden muss, wann er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Ein pauschales Bestreiten durch den Arbeitgeber reicht dann nicht.

„Wenn ein Kraftfahrer für eine angewiesene Tour eine bestimmte Zeit benötigt und sie nur unter Leistung von Überstunden ausführen kann, waren die Überstunden - unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung - jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig … Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass die von ihm dem Arbeitnehmer zugewiesene Tour unter Beachtung der Rechtsordnung, insbesondere der für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten geltenden (Sozial-)Vorschriften und des Straßenverkehrsrechts, innerhalb der Normalarbeitszeit gefahren werden kann. Erst dann obliegt es wiederum dem Arbeitnehmer, besondere Umstände darzutun, die zur Überschreitung der Normalarbeitszeit geführt haben.“

Zudem weist das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass eine bloße Bezugnahme auf Anlagen zum Schriftsatz nicht ausreicht für einen erforderlichen substantiierten Vortrag. Vielmehr bedarf es eines schriftsätzlichen Vortrages jeder einzelne Überstunde – mit der Folge seitenlanger Schriftsätze.



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