Bereits mit einem Eintrag vom 19.10.2010 verwies ich auf eine interessante und bedeutende Rechtsansicht des Arbeitsgerichtes Chemnitz. Es ging um Urlaubsabgeltungsansprüche eines langzeiterkrankten Arbeitnehmers und dem Verhältnis zu einer Ausgleichsquittung. Im Berufungsverfahren des Kündigungsschutzprozesses wurde ein Vergleich geschlossen mit der Klausel:
"Mit Erfüllung des vorliegenden gerichtlichen Vergleichs sind wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt,
gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt.“
Dennoch verfolgte der Arbeitnehmer in einer neuen Klage Urlaubsabgeltungsansprüche weiter unter Verweis darauf, dass eine Verfügung über Urlaubsabgeltungsansprüche nach § 13 BUrlG rechtsunwirksam sei und mithin die Vergleichsklausel die Urlaubsabgeltungsansprüche nicht umfasste.
Am 20.12.2010 erging das Urteil des Arbeitsgerichtes Chemnitz (11 Ca 2485/10) und darin findet sich folgende Ausführung zum gesetzlichen Mindesturlaub und dessen Verhältnis in einer Ausgleichsquittung:
"Aber auch der weitere Urlaubsabgeltungsanspruch, der sich aus ggf. nicht verfallenem gesetzlichem Mindesturlaub ergibt, ist durch wirksamen Verzicht erloschen.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 24. Marz 2009 (9 AZR 983/07- AP Nr. 39 zu § 7 BUrIG) die Surrogatstheorie fur den Fall der Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraums aufgegeben. Mit Urteil vom 04.05.2010 (9 AZR 183/09 – NZA 2010, 1011) hat das Bundesarbeitsgericht darüber hinaus betont, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses als reiner Geldanspruch entsteht. Damit hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass der entstandene Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr an dieselben Voraussetzungen gebunden ist wie der Urlaubsanspruch selbst. Die Unabdingbarkeit des Urlaubsanspruchs nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG ist jedoch nach bisheriger Rechtsprechung allein daraus abgeleitet worden, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch genauso zu behandeln sei wie der Urlaubsanspruch Nach Aufgabe dieser Rechtsprechung kann eine Unwirksamkeit des Verzichts jedenfalls nicht mehr daraus abgeleitet werden.
Verzichtsvereinbarungen hinsichtlich der Urlaubsabgeltung sind damit allenfalls nur dann noch unwirksam, wenn damit der Schutzzweck des § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrIG umgangen werden soll. Die Unabdingbarkeitsregelung hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs zielt darauf ab, einen Abkauf des Urlaubsanspruchs während des Arbeitsverhältnisses zu verhindern und dadurch sicherzustellen dass der Urlaub als Freistellungsanspruch erhalten bleibt.
Damit unvereinbar wäre ggf. nicht nur ein vertraglich vereinbarter Verzicht auf Teile des Urlaubsanspruchs während des Arbeitsverhältnisses, sondern auch ein bereits während des Bestands des Arbeitsverhältnisses vereinbarter Verzicht auf einen zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses künftig entstehenden Urlaubsanspruchs Da der Arbeitnehmer nicht berechtigt ist, den Urlaub ohne Erteilung durch den Arbeitgeber zu „nehmen“, hatte es der Arbeitgeber bei einer solchen Abrede im Wesentlichen in der Hand, den Urlaubsanspruch durch Nichterteilung des Urlaubs während des Laufes des Arbeitsverhältnisses zu vereiteln und gleichzeitig durch einseitiges Handeln die Bedingung für den Verzicht auf die Urlaubsabgeltung eintreten zu lassen. Ist der Urlaubsabgeltungsanspruch jedoch wegen Nichterteilung des Urlaubs im Laufe des Arbeitsverhältnisses als Geldanspruch entstanden, so kann er ohnehin nicht mehr durch tatsächliche Freistellung von der Arbeit realisiert werden. Eine Umgehung des § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrIG ist nicht mehr möglich. Entsprechend kann nach dem Entstehen des Abgeltungsanspruchs ohne weiteres darüber disponiert werden."
Derzeit überlegt der Arbeitnehmer, ob er gegen die Entscheidung in Berufung geht zum Sächsischen Landesarbeitsgericht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen