In Deutschland richtet sich ein Urlaubsanspruch nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Aufgrund den Bestimmungen in § 13 BUrlG bestehen für bestimmte Branchen Möglichkeiten, von den gesetzlichen Bestimmungen mittels Tarifvertrag abzuweichen, so auch im Baugewerbe. Der zugehörige Tarifvertrag wird regelmäßig BRTV-Bau genannt.
Nach dessen Regelungen kann es zu geringen Urlaubsansprüchen oder gar dessen Wegfall kommen, u.a. wenn Arbeitnehmer langzeiterkrankt sind. Einen solchen Fall hatte das LAG Berlin-Brandenburg zu entscheiden. Sie erkannten, dass diese Tarifregelungen zum Urlaub europarechtswidrig sein könnten und legten deshalb dem EUGH 4 Fragen vor:
1. Stehen Artikel 31 Grundrechtecharta und Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 04. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung einer nationalen Regelung wie in § 13 Abs. 2 BUrlG entgegen, nach der in bestimmten Branchen die Dauer des jährlichen Mindesturlaubs von vier Wochen durch Tarifvertrag verringert werden kann?
2. Stehen Artikel 31 Grundrechtecharta und Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 04. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung einer nationalen tariflichen Regelung wie derjenigen im Bundesrahmentarifvertrag Bau entgegen, nach der ein Urlaubsanspruch in solchen Jahren nicht entsteht, in denen wegen Krankheit eine bestimmte Bruttolohnsumme nicht erzielt wird?
3. Falls die Fragen zu 1. und 2. bejaht werden:
Ist eine Regelung wie in § 13 Abs. 2 BUrlG dann unanwendbar?
4. Falls die Fragen zu 1. bis 3. bejaht werden:
Besteht im Hinblick auf die Wirksamkeit der Regelung des § 13 Abs. 2 BUrlG und den Regelungen des Bundesrahmentarifvertrages Bau ein Vertrauensschutz, wenn Zeiträume vor dem 01. Dezember 2009, dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages und der Grundrechtecharta betroffen sind? Ist den Tarifvertragsparteien des Bundesrahmentarifvertrages Bau eine Frist einzuräumen, innerhalb derer sie selbst eine andere Regelung vereinbaren können?
Nun ist abzuwarten, wie der EUGH diese Fragen beantwortet. Betroffene sollten handeln und zur Wahrung ihrer Rechte tätig werden - gegebenenfalls nach Rücksprache mit einem Anwalt.
Eine Tendenz kann u.E. aus den Schlußanträgen der Generalanwältin Verica Trstenjak
vom 8. September 2011 (1) in einem anderen Verfahren vermutet werden, da darin ausgeführt wird, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht von einer im nationalen Recht bestimmten Mindestarbeitszeit von zehn Tagen abhängig gemacht werden kann. Unabhängig vom Willen des beteiligten Arbeitnehmers bestehende Arbeitszeitversäumnisse, wie etwa Krankheiten, seien demnach als Dienstzeit anzurechnen.
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