Ist ein Arbeitnehmer nach einer betriebsbedingten ordentlichen Kündigung für die Zeit des Bestandes des Arbeitsverhältnisses von der Erbringung seiner Arbeitspflichten unter Gewährung der Vergütung freigestellt, könnte dies einer weiteren fristlosen Kündigung entgegenstehen. Eine fristlose Kündigung (§ 626 BGB) setzt u.a. voraus, dass eine künftige Tätigkeit - bis zum "normalen" Ende des Arbeitsverhältnisses - den Parteien nicht zumutbar sei. Bei einer Freistellung, bei der ein Arbeitnehmer nicht mehr auf Arbeit erscheint, scheint dies kaum der Fall.
Und doch ist nach einer Entscheidung des LAG Frankfurt/Main (Pressemeldung 14/11) eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund während der Freistellungsphase möglich. Was war geschehen?
Ein bei einer Bank beschäftigter Firmenkundenbetreuer war seit April 2009 mit Prokura tätig. Am 16. Juni 2010 vereinbarten die Parteien die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2010 und die Freistellung des Klägers ab 1. Juli 2010 bis 31. Dezember 2010 bei Fortzahlung der Bezüge.
Am 29./30. Juni 2010 übermittelte der Firmenkundenbetreuer insgesamt 94 E-mails mit ca. 622 MB in 1660 Dateianhängen an sein privates E-Mail Postfach bei einem anderen Internetanbieter. Dabei handelte es sich überwiegend um Daten, die dem Bankgeheimnis unterliegen, darunter Daten der vom Arbeitnehmer betreuten Kunden; Dokumente, in denen die einem Unternehmen eingeräumten Kreditlinien und in Anspruch genommenen Kredite aufgelistet werden; Risikoanalysen für diverse Unternehmen, Kreditverträge u.ä..
Der Arbeitnehmer hatte - nach seiner Einlassung - nicht die Absicht, die Daten an Dritte weitergeben zu wollen. Vielmehr wollte er die Daten während der Zeit der Freistellung nur zu Trainingszwecken verwenden (es muss doch gar ein rechter Schelm sein, der seinen fleissigen Arbeitnehmern etwas unlauteres bei einem solchen Vorgang unterstellen will - Achtung Ironie).
Die Bank erfuhr erst am 7. Juli 2010 durch ihre Datenschutzkommission von diesem Vorfall, mithin während der Freistellungsphase. Am 20. Juli 2010 kündigte die Bank das Arbeitsverhältnis fristlos.
Hiergegen erhob er Kündigungsschutzklage und hatte zunächst vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat das Urteil jedoch abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Richter waren der Ansicht, dass der Arbeitnehmer eine schwerwiegende Vertragsverletzung begangen habe, die die fristlose Kündigung auch in einem tatsächlich nicht mehr vollzogen Arbeitsverhältnis rechtfertige. Zwar komme es zur Begründung einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig auf die Prognose zukünftigen Verhaltens an. Hier stehe die fehlende Wiederholungsgefahr aber nicht entgegen. Der Arbeitnehmer habe das in ihn gesetzte Vertrauen seiner Arbeitgeberin durch die Mitnahme geheim zu haltender Bankdaten so schwer erschüttert, dass ihr das Festhalten an dem Arbeitsverhältnis und die Fortzahlung der Bezüge bis Dezember 2010 nicht mehr zumutbar sei. Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers habe ein nahezu gleich großes Gewicht wie eine strafbare Handlung zulasten des Arbeitgebers.
Fazit 1: Eine fristlose Kündigung während der Freistellung ist möglich.
Fazit 2: Bei Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sollte möglichst mit sofortiger Wirkung eine Freistellung erfolgen.
Fazit 3: Gegen die Wirksamkeit der Kündigung könnte neben der Prognose auch sprechen, dass noch kein Geheimnisverrat oder ein Wettbewerbsverstoß vorlag. Doch die Pflichtverletzung wird darin gelegen haben, die Daten in einen Bereich zu transferienen, der nicht der Obhut der Bank uterliegt.
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