Montag, 2. Januar 2012

Urlaub - die zweite Mitteilung

Eine weitere Entscheidung zu der Problematik Urlaubsabgeltung bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern.

Nach der bislang veröffentlichten Pressemitteilung geht das LAG Baden- Württemberg (Urteil vom 21.12.2011 - 10 Sa 19/11) davon aus, das grundsätzlich Urlaubsabgeltungsansprüche von langzeiterkrankten Arbeitnehmern nach 15 Monaten verfallen.

Deshalb sprach das LAG einem von 2006 bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 30. November 2010 arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer nur die Urlaubsabgeltungsansprüche für 2009 zu und wies Ansprüche für 2007 und 2008 ab.

Dabei bezieht sich das LAG auf die Entscheidungen des EUGH (20. Januar 2009, C-350/06), des BAG (24. März 2009, 9 AZR 983/07) und nochmals des EUGH (22. November 2011, C-214/10). In der Pressemitteilung wird ausgeführt:

"Nach der Entscheidung des EuGH vom 22. November 2011 (C-214/10) ist eine Ansammlung von Urlaubsansprüchen über mehrere Jahre nicht geboten und eine nationale Regelung mit einer Begrenzung des Übertragungszeitraums von 15 Monaten unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Abweichung von der durch den nationalen Gesetzgeber geschaffenen Befristungsregelung in § 7 Abs. 3 BUrlG im Wege der unionsrechtlichen Rechtsfortbildung durch die nationale Rechtsprechung ist nur legitimiert, soweit dies das Unionsrecht gebietet. Urlaubsansprüche gehen daher bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres unter und sind bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten."

Ich meine, dass dies nicht zutrifft. Der EUGH hat mit seiner Entscheidung vom 22.11.2011 bestimmt, dass eine nationale Regelung, welche einen Verfall von Urlaubsabgeltungsansprüchen regelt, dann europarechtskonform ist, wenn der Zeitraum länger als 12 Monate beträgt. Das Gericht entschied dabei über eine Tarifvertragsregelung, welche eine Frist von 15 Monaten vorsah.

In der Pressemitteilung des LAG findet sich kein Hinweis darauf, dass im Arbeits- oder Tarifvertrag eine solche Verfallsfrist vorgesehen und vereinbart wurde. Eine nationale Regelung mit einer Verfallfrist von mehr als 12 Monaten fehlt. Die Regelung des § 7 III BUrlG nun einfach "europarechtskonform" auszulegen bzw. fortzubilden (was die Pressemitteilung ihrem Wortlaut nach nahelegt in Anlehnung an das vorbenannte BAG-Urteil im Leitsatz) und eine grundsätziche Verfallsfrist von 15 Monaten anzunehmen, ist meiner Ansicht nach zu weitgehend. Das führt letztlich dazu, dass eine unwirksame Klausel durch Richterrecht in eine Klausel umgedeutet wird, welche gerade noch so wirksam wäre. Dann wären Tür und Tore offen für jegliche missbräuchlich unwirksam formulierte Klausel, da im schlimmsten Fall ein Gericht die nächstgelegene wirksame Auslegung vornehmen würde.

Ich bin auf die Urteilsgründe gespannt.

Fazit: In jedem Fall sollten Arbeitnehmer ihre Urlaubsabgeltungsansprüche zeitnah einfordern.

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