Donnerstag, 25. August 2011

Netto oder Brutto - das ist hier die Frage

Da haben die Parteien eines Rechtsstreites vor einem Arbeitsgericht wegen Mobbing und Abmahnungen im Rahmen eines Aufhebungsvertrages sogar an eine etwaige Sperrzeit im Arbeitslosengeldbezug gedacht - und dennoch gab es Streit.

Im Aufhebungsvertrag vereinbarten die Parteien:

Für den Fall des Eintritts einer Sperrzeit oder einer Verminderung der Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld wird das Unternehmen bei entsprechendem Nachweis des Mitarbeiters eine Kompensation der finanziellen Nachteile auf Basis von 70 % des letzten monatlichen Netto-Einkommens gewähren.

Es kam, wie es kommen musste. Die Arbeitnehmerin erhielt von der Bundesagentur für Arbeit für die Zeit vom 01.04.2010 bis zum 23.06.2010 den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt. Nun musste die Arbeitgeberin gemäß dem Vereinbarungen im Aufhebungsvertrag eine Zahlung vornehmen. Doch dabei stellt sich die Frage, ob die vereinbarten 70 % einen Netto- oder einen Bruttobetrag darstellen.

Die Arbeitgeberin ging natürlich von einem Bruttobetrag aus, während die Arbeitnehmerin die 70 % als Nettobetrag verlangte. Da beide sich nicht einigen konnten, ging der Rechtsstreit wieder bis zum LAG Rheinland Pfalz.

Dieses entschied am 30.06.2011 - 10 Sa 124/11 -:

"Das Arbeitsgericht ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zutreffend davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer grundsätzlich Bruttobeträge schuldet. Der Arbeitnehmer muss daher grundsätzlich steuerlich berechtigte Abzüge hinnehmen. Im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt dann etwas anderes, wenn sich das aus den für das Arbeitsverhältnis geltenden Regelungen ergibt, denn das Steuerrecht sagt nichts darüber aus, welche Partei des Arbeitsverhältnisses zivilrechtlich verpflichtet ist, die Steuer wirtschaftlich zu tragen. Ob ein Nettoentgelt zu zahlen ist, muss durch Auslegung der maßgeblichen Regelungen ermittelt werden. Nettolohnvereinbarungen sind nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Sie müssen einen entsprechenden Willen klar erkennen lassen (BAG Urteil vom 21.07.2009 - 1 AZR 167/08 - Rn. 14, 15 - AP Nr. 11 zu § 38 EStG; m.w.N.). ... Eine ausdrückliche Regelung, ob der so errechnete Betrag (unstreitig € 5.087,71) brutto oder netto zu leisten ist, enthält der Aufhebungsvertrag nicht. ... Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass das Fehlen des Wortes „brutto“ bei der Begründung einer Zahlungspflicht nicht bedeutet, dass eine Nettozahlungsschuld begründet worden ist. Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht auch darin, dass aus der Verwendung des Begriffs „Kompensation“ kein Anspruch auf eine Nettozahlung folgt. Verpflichtet sich der Arbeitgeber zur „Kompensation“ bestimmter finanzieller Nachteile, ist nichts darüber gesagt, wer von beiden -Arbeitnehmer oder Arbeitgeber - wirtschaftlich betrachtet die Steuer zu tragen hat, wenn der Kompensationsbetrag steuerpflichtig ist. ..."


Fazit:
es ist immer zu empfehlen, es ausdrücklich zu regeln, ob Brutto - oder Nettobeträge geschuldet werden

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