Freitag, 29. Juni 2012

Fehler des Arbeitgebers werden nicht durch die Agentur für Arbeit geheilt

Im Rahmen des Abbaus mehrerer Arbeitsplätze kann sich die Notwendigkeit der sogenannten Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG zur Agentur für Arbeit ergeben. Dabei können Fehler passieren, weil nicht alle notwendigen Informationen weitergereicht werden. Ist dies der Fall, sind die Kündigungen - vereinfacht ausgedrückt - unwirksam. Es stellt sich jedoch die Frage, was gilt, wenn die Agentur für Arbeit bereits einen bestansdskräftigen Bescheid erlassen hat und sich erst später Mängel im Anzeigeverfahren festgestellt werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Bundesarbeitsgericht (Pressemitteilung Nr. 50/12)

Der klagende Arbeitnehmer war seit 1990 bei der Schuldnerin beschäftigt. Am 1. März 2009 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Auf der Grundlage eines noch während des vorläufigen Insolvenzverfahrens mit seiner Zustimmung geschlossenen Interessenausgleichs mit Namensliste vom 24. Februar 2009 kündigte der Insolvenzverwaltter am 11. März 2009 das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2009. Am 26. Februar 2009 hatte die Schuldnerin bereits Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit erstattet, ohne den Interessenausgleich beizufügen. Der Anzeige war entgegen der gesetzlichen Anordnung in § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG auch keine Stellungnahme des Betriebsrats beigefügt. Der Betriebsrat der Schuldnerin erklärte am 26. Februar 2009 allerdings schriftlich gegenüber der Agentur für Arbeit, er sei darüber informiert, dass eine Massenentlassungsanzeige abgesandt worden sei. Noch am 26. Februar 2006 bestätigte die Agentur für Arbeit den Eingang der Massenentlassungsanzeige. Später verkürzte sie die Sperrfrist.

Der Arbeitnehmer greift die Kündigung an, weil der Massenentlassungsanzeige keine Stellungnahme des Betriebsrats beigefügt gewesen sei. Die Vorinstanzen sind dem gefolgt und gaben der Kündigungsschutzklage statt.

Auch das Bundesarbeitsgericht hatte nichts gegen den Erfolg der Kündigungsschutzklage einzuwenden.

Klargestellt wurde, dass die Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats, ersatzweise des Interessenausgleichs mit Namensliste, unabdingbare Voraussetzung für eine wirksame Massenentlassungsanzeige ist. Das Schreiben des Betriebsrats vom 26. Februar 2009 an die Agentur für Arbeit enthielt keine eindeutige, abschließende Meinungsäußerung zu den angezeigten Kündigungen und war deshalb keine ordnungsgemäße Stellungnahme iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Der Bescheid der Agentur für Arbeit über die Verkürzung der Sperrfrist hat den Formfehler nicht geheilt. Die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige ist von der Bindungswirkung eines solchen Bescheids nicht umfasst.

Mithin heilt der Bescheid der Agentur für Arbeit nicht vorherige Fehler im Anzeigeverfahren.

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