Bereits gestern wurde auf die Pressemeldung hingewiesen, dass nach einer Entscheidung des ArbG Heilbronn die März-Kündigung einer Arbeitnehmerin durch den Insolvenzverwalter unwirksam ist. Nun ist die Urteilsbegründung veröffentlicht und hier zu finden.
Kurz zusammengefasst: Zunächst wird der Sachverhalt knapp dargestellt und die üblichen Begründungen zur Kündigung vorgetragen (Abschluss eines Interessensgleiches mit Namensliste, Sozialauswahl innerhalb eines Bezirkes durchgeführt). Interessant die Gegenargrumentation, dass in betriebsratslosen Bezirken ein solcher Interessenausgleich nicht wirksam vereinbart werden könne und deshalb keine Kündigungsgrundlage darstellt.
Sodann verweist das Arbeitsgericht Heilbronn darauf dass nach § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO vermutet wird, dass eine Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, wenn bei einer Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind. Die soziale Auswahl kann dann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit hin gerichtlich überprüft werden. Eine solche grobe Fehlerhaftigkeit bejaht das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung der üblichen Beweislastregeln.
Der Arbeitnehmer muss grundsätzlich die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl beweisen. Da er nicht über die grundlegenden Kenntnisse (z.B. der betroffenen Mitarbeiter, deren Beschäftigungszeiten und Unterhaltspflichten verfügt) besteht eine Auskunftsverpflichtung des Arbeitgebers. Kommt er dieser nicht nach, wird die (bloße) Behauptung der groben Fehlerhaftigkeit nicht (ausreichend) bestritten und gilt als zugestanden. Ein Arbeitgeber macht damit seine grundsätzlich guten Chancen zunichte.
Doch was nun in der Begründung aufgeführt, sorgt für Verwunderung. Der beklagte Insolvenzverwalter legt die vom Gericht mehrfach angeforderte Namensliste nicht vor. Er gestatte lediglich eine kurze Einsicht in der Verhandlung und das auch nur in einen Auszug aus der Namensliste. Das erfüllt die Auskunftsverpflichtung nicht.
Damit wäre der Rechtstreit eigentlich schon beendet. Aber das Gericht oder besser die klagende Arbeitnehmerin (oder deren Anwalt) hat noch etwas entdeckt: eine andere Mitarbeiterin, welche weniger Punkte aufwies (d.h. weniger sozial schutzwürdig war) als die klagende Arbeitnehmerin und dennoch im Unternehmen verbleiben durfte. Das spricht für eine offensichtliche grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl.
Im weiteren gab das Gericht dem Weiterbeschäftigungsantrag statt.
Folge dieser Entscheidung ist, dass diese Arbeitnehmerin weiterhin im Unternehmen ist und aus der Insolvenzmasse zu vergüten ist, und zwar über den 30.06.2012 hinaus. Abzuwarten ist natürlich, ob das Urteil in Rechtskraft erwächst.
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