Donnerstag, 25. November 2010

Das ist doch selbstverständlich, oder? Überstunden werden vergütet oder in Freizeit ausgeglichen.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber kennen den Grundsatz, dass Überstunden vergütet oder durch Freizeitgewährung ausgelichen werden.

Doch oftmals sind Arbeitgeber findig und vereinbaren regelmäßige umfangreiche Arbeitszeiten (z.B. unter Berücksichtigung von Bereitschaftsdiensten etc.) und umgehen hierdurch den Anfall von Überstunden.

Einen solchen Fall hat nun der EUGH (Az.:C‑429/09) entschieden. Ein Feuerwehrmann musste wöchentlich 54 Stunden arbeiten. Die Höchstarbeitszeit in einer Woche ist jedoch 48 Stunden. Der Feuerwehrmann verlangte die Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit und Abgeltung der bereits erfolgten Überstunden (die Arbeitszeit in der Vergangenheit, welche über 48 h/wöchentlich hinaus gingen) in Zahlung oder Freizeitgewährung.

Das angerufene Verwaltungsgericht in Halle legte das Verfahren dem EUGH vor. Der EUGH gab ihm Recht und erkannte im schönsten "Juristensprech":

"1. Ein Arbeitnehmer, der, wie im Ausgangsverfahren Herr Fuß, als Feuerwehrmann in einem zum öffentlichen Sektor gehörenden Einsatzdienst beschäftigt ist und als solcher eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit abgeleistet hat, die die in Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vorgesehene wöchentliche Höchstarbeitszeit überschreitet, kann sich auf das Unionsrecht berufen, um die Haftung der Behörden des betreffenden Mitgliedstaats auszulösen und Ersatz des Schadens zu erlangen, der ihm durch den Verstoß gegen diese Bestimmung entstanden ist.

2. Das Unionsrecht steht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen,

– die – was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist – den Anspruch eines im öffentlichen Sektor beschäftigten Arbeitnehmers auf Ersatz des Schadens, der ihm durch den Verstoß der Behörden des betreffenden Mitgliedstaats gegen eine Vorschrift des Unionsrechts, im vorliegenden Fall Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88, entstanden ist, von einer an den Verschuldensbegriff geknüpften Voraussetzung abhängig macht, die über die der hinreichend qualifizierten Verletzung des Unionsrechts hinausgeht, und

– die den Anspruch eines im öffentlichen Sektor beschäftigten Arbeitnehmers auf Ersatz des Schadens, der ihm durch den Verstoß der Behörden des betreffenden Mitgliedstaats gegen Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88 entstanden ist, davon abhängig macht, dass zuvor ein Antrag auf Einhaltung dieser Bestimmung bei seinem Arbeitgeber gestellt wurde.

3. Der von den Behörden der Mitgliedstaaten zu leistende Ersatz des Schadens, den sie Einzelnen durch Verstöße gegen das Unionsrecht zugefügt haben, muss dem erlittenen Schaden angemessen sein. In Ermangelung von Unionsvorschriften auf diesem Gebiet ist es Sache des nationalen Rechts des betreffenden Mitgliedstaats, unter Beachtung des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes zu bestimmen, ob der Ersatz des Schadens, der einem Arbeitnehmer wie im Ausgangsverfahren Herrn Fuß durch den Verstoß gegen eine Vorschrift des Unionsrechts entstanden ist, diesem Arbeitnehmer in Form von Freizeitausgleich oder in Form einer finanziellen Entschädigung zu gewähren ist, und die Regeln für die Art und Weise der Berechnung der Anspruchshöhe festzulegen. Die in den Art. 16 bis 19 der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Bezugszeiträume sind in diesem Zusammenhang nicht relevant.

4. Die Antworten auf die Fragen des vorlegenden Gerichts sind identisch, unabhängig davon, ob der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens unter die Bestimmungen der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in der durch die Richtlinie 2000/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 2000 geänderten Fassung oder die der Richtlinie 2003/88 fällt."

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