In vielen Kündigungsschutzverfahren vor den Arbeitsgerichten sehen sich Arbeitgeber dem - nicht unerheblichen - Risiko des Annahmeverzuges ausgesetzt. Dauert ein Kündigungsschutzverfahren über die Dauer der Kündigungsfrist hinaus fort, was bei kurzen Kündigungsfristen oft der Fall ist, besteht das Risiko, dass dem Arbeitnehmer im Obsiegenssfall der vertragsgemäße Lohn nachzuzahlen ist, ohne dass der Arbeitnehmer hierfür eine Leistung erbracht hat.
Um dies zu vermeiden griffen Arbeitgeber zu den Möglichkeiten einer etwaig vertraglich oder tariflich vereinbarten Asschluss- bzw. Verfallklauseln (der Arbeitnehmer muss innerhalb vereinbarter Fristen Lohnansprüche beziffert geltend machen) und dem Anbieten eines Prozessarbeitsverhältnisses (Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens).
Beides führt nach einer Entscheidung des BAG vom 19.09.2012 (5 AZR 627/11) nicht mehr zur Risikominimierung für den Arbeitgeber.
Unter Bezug auf die Entscheidung des BVerfG vom 1.12.2010 (1 BvR 1682/07) stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass "Ausschlussfristen, die eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung
vorsehen, ... verfassungskonform dahingehend auszulegen (sind), dass die vom
Erfolg einer Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche bereits mit
der Klage in der Bestandsstreitigkeit gerichtlich geltend gemacht sind." Unabhängig von einer Erhebung einer Klage auf bezifferte Lohn innerhalb Verfallfristen. Das heisst, bereits die Erhebung einer Kündigungsschutzklage bzw. Entfristungsklage wahrt die Verfallfristen bezüglich Lohnansprüche für den Fall der Klageerfolges, egal wann dieser Erfolg (rechtskräftig) eintritt.
Auch das Angebot eines Prozessarbeitsverhältnisses lässt die Annahme von Annahmeverzugslohnansprüchen nicht entfallen. Das Bundesarbeitsgericht führt hierzu (Rz 30) aus:
"Das Angebot der Prozessbeschäftigung beendete den Annahmeverzug nicht.
Zur Beendigung des Annahmeverzugs muss der Arbeitgeber die
Arbeitsleistung als Erfüllung des mit dem Arbeitnehmer geschlossenen
Arbeitsvertrags annehmen. Nicht ausreichend ist hingegen, dass er dem
Arbeitnehmer vorsorglich einen für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits
befristeten neuen Arbeitsvertrag zu den bisherigen Bedingungen oder
eine durch die rechtskräftige Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung
auflösend bedingte Fortsetzung des Vertrags anbietet. Der Arbeitgeber
muss vielmehr bei der Annahme unmissverständlich klarstellen, dass er zu
Unrecht gekündigt bzw. zu Unrecht auf der Wirksamkeit der Befristung
beharrt habe."
Auch eine Arbeitsunfähigkeit von bis zu 6 Wochen lässt den Annahmeverzugslohn nicht entfallen, vielmehr tritt an dessen Stelle der Entgeltfortzahlungsanspruch.
Arbeitgeber und deren Vertreter tun gut daran, sich neue Strategien auszudenken.
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