Freitag, 24. Mai 2013

Genese und Rezeption eines Urteils - Verzicht auf Urlaubsabgeltung im Vergleich

Es ist schon interessant, wie sich manche Verfahren entwickeln. Insbesondere wenn das Recht kurzfristigen Wandlungen unterliegt wie derzeit das Urlaubsrechtim Arbeitsrecht. Nun hat das BAG am 14.05.2013 entschieden, dass in einem einen Kündigungsrechtsstreit beendenden Vergleich auf Urlaubsabgeltungsansprüche verzichtet werden kann.

Dem voraus ging folgender Sachverhalt. Ein langzeiterkrankter Mensch wird gekündigt mit ordentlicher Kündigungsfrist. Hiergegen wehrt er sich mittels Kündigungsschutzklage. In I. Instanz wird seine Klage abgewiesen, der Arbeitgeber hätte keine leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen können. In der Berufung stellte das Gericht fest, dass so klar die Rechtslage nicht ist, da eine betriebliche Wiedereingliederung nicht erfolgte und empfahl einen Vergleichsabschluss mit Beendigung gegen Abfindungszahlung und einer Ausgleichsquittung hinsichtlich finanzieller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Ein solcher wurde dann auch getroffen, ohne dass darin explizit von einem Urlaubs- oder Urlaubsabgeltungsanspruch die Rede ist.

Kurze Zeit danach machte der Arbeitnehmer Urlaubsabgeltungsansprüche für gesetzlichen Mindest- und vertraglich vereinbarten Zusatzurlaub geltend. Nach Ablehnung durch den Arbeitgeber dann gerichtlich vor dem Arbeitsgericht Chemnitz. Dieses wies die Klage zurück mit dem Argument, dass mit dem Vergleichsabschluss auf Urlaubsabgeltungsansprüche verzichtet worden sei. In der Berufung erkannte das Sächsische LAG, dass zumindest auf die Urlaubsabgeltung für den gesetzlichen Mindesturlaub nicht verzichtet werden kann wegen § 13 BUrlG und sprach die diesbezügliche Urlaubsabgeltung zu. Der insoweit unterlegene  Arbeitgeber zog vor das Bundesarbeitsgericht. Das Ergebnis findet sich in der Pressemitteilung 33/13.

Diese Entscheidung oder besser Pressemitteilung wurde nun vielfach zitiert, u.a. auch auf anwalt.de. Dort allerdings mit einem Fehler bezüglich des Berufungsurteils. Die teilweise Klageabweisung betraf den vertraglichen Zusatzurlaub und erfolgte nicht wegen dem zwischenzeitlichem Auslegungsergebnis des BAG zu § 7 BUrlG, wonach nach spätestestens 15 Monate nach Urlaubsjahr Schluss sein soll mit Ansprüchen.

Ob nun auf Urlaubsabgeltung verzichtet werden kann, war (und wird wohl weiterhin) umstritten. Noch im April 2013 führte der Akademische Rat Dr. Clemens Höpfner in der Zeitschrift RdA 2013, Seite 65 (69) zu dieser Problematik unter Verweis auf Rechtsprechung aus:

"Problematisch ist jedoch, ob der Arbeitnehmer im Wege eines Erlassvertrags oder eines Vergleichs über die Wirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf einen unstreitig bestehenden Urlaubsabgeltungsanspruch verzichten kann. Ausgangspunkt ist der zwingende Charakter des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs gem. § 13 BUrlG ..... Nach Aufgabe der Surrogatstheorie ist umstritten, ob der Arbeitnehmer auf den Abgeltungsanspruch verzichten darf. ...  Nach dem dort (§ 13 I Satz 3 BUrlG) normierten modifizierten Günstigkeitsprinzip ist eine Abweichung von Vorschriften des BUrlG zuungunsten des Arbeitnehmers unzulässig. Damit scheidet ein Verzicht auf die Abgeltung des Mindesturlaubs im Wege eines Erlassvertrags oder eines (Prozess-)Vergleichs aus. Man könnte zwar argumentieren, dass ein Verstoß gegen § 13 I Satz 3 BUrlG nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gar nicht möglich sei, da der Anspruchsinhaber zu diesem Zeitpunkt seine Eigenschaft als Arbeitnehmer bereits verloren habe und damit die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Eine solch begriffstechnische Argumentation vermag jedoch angesichts des Schutzzwecks des § 13 BUrlG kaum zu überzeugen. Zudem hinge danach die Zulässigkeit des Verzichts von der kautelarjuristischen Zufälligkeit ab, ob er in einem das Arbeitsverhältnis beendenden Vergleich oder erst im Anschluss an diesen Beendigungsakt erklärt wird. Da der Arbeitgeber den zwingenden Charakter des Abgeltungsanspruchs kennen muss, wird die Berufung des Arbeitnehmers auf die Unwirksamkeit der Abrede regelmäßig auch nicht rechtsmissbräuchlich sein."

Wir werden sehen, mit welcher Begründung das Bundesarbeitsgericht dies anders sieht und ob dies das letzte Wort ist.

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