Es ist schon interessant, wie sich manche Verfahren entwickeln. Insbesondere wenn das Recht kurzfristigen Wandlungen unterliegt wie derzeit das Urlaubsrechtim Arbeitsrecht. Nun hat das BAG am 14.05.2013 entschieden, dass in einem einen Kündigungsrechtsstreit beendenden Vergleich auf Urlaubsabgeltungsansprüche verzichtet werden kann.
Dem voraus ging folgender Sachverhalt. Ein langzeiterkrankter Mensch wird gekündigt mit ordentlicher Kündigungsfrist. Hiergegen wehrt er sich mittels Kündigungsschutzklage. In I. Instanz wird seine Klage abgewiesen, der Arbeitgeber hätte keine leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen können. In der Berufung stellte das Gericht fest, dass so klar die Rechtslage nicht ist, da eine betriebliche Wiedereingliederung nicht erfolgte und empfahl einen Vergleichsabschluss mit Beendigung gegen Abfindungszahlung und einer Ausgleichsquittung hinsichtlich finanzieller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Ein solcher wurde dann auch getroffen, ohne dass darin explizit von einem Urlaubs- oder Urlaubsabgeltungsanspruch die Rede ist.
Kurze Zeit danach machte der Arbeitnehmer Urlaubsabgeltungsansprüche für gesetzlichen Mindest- und vertraglich vereinbarten Zusatzurlaub geltend. Nach Ablehnung durch den Arbeitgeber dann gerichtlich vor dem Arbeitsgericht Chemnitz. Dieses wies die Klage zurück mit dem Argument, dass mit dem Vergleichsabschluss auf Urlaubsabgeltungsansprüche verzichtet worden sei. In der Berufung erkannte das Sächsische LAG, dass zumindest auf die Urlaubsabgeltung für den gesetzlichen Mindesturlaub nicht verzichtet werden kann wegen § 13 BUrlG und sprach die diesbezügliche Urlaubsabgeltung zu. Der insoweit unterlegene Arbeitgeber zog vor das Bundesarbeitsgericht. Das Ergebnis findet sich in der Pressemitteilung 33/13.
Diese Entscheidung oder besser Pressemitteilung wurde nun vielfach zitiert, u.a. auch auf anwalt.de. Dort allerdings mit einem Fehler bezüglich des Berufungsurteils. Die teilweise Klageabweisung betraf den vertraglichen Zusatzurlaub und erfolgte nicht wegen dem zwischenzeitlichem Auslegungsergebnis des BAG zu § 7 BUrlG, wonach nach spätestestens 15 Monate nach Urlaubsjahr Schluss sein soll mit Ansprüchen.
Ob nun auf Urlaubsabgeltung verzichtet werden kann, war (und wird wohl weiterhin) umstritten. Noch im April 2013 führte der Akademische Rat Dr. Clemens Höpfner in der Zeitschrift RdA 2013, Seite 65 (69) zu dieser Problematik unter Verweis auf Rechtsprechung aus:
"Problematisch ist jedoch, ob der Arbeitnehmer im Wege eines
Erlassvertrags oder eines Vergleichs über die Wirksamkeit der Beendigung
des Arbeitsverhältnisses auf einen unstreitig bestehenden
Urlaubsabgeltungsanspruch verzichten kann. Ausgangspunkt ist der
zwingende Charakter des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs gem. § 13 BUrlG ..... Nach Aufgabe der Surrogatstheorie ist umstritten, ob der Arbeitnehmer auf den Abgeltungsanspruch verzichten darf. ... Nach dem dort (§ 13 I Satz 3 BUrlG) normierten modifizierten Günstigkeitsprinzip ist eine Abweichung von Vorschriften des BUrlG zuungunsten des
Arbeitnehmers unzulässig. Damit scheidet ein Verzicht auf die Abgeltung
des Mindesturlaubs im Wege eines Erlassvertrags oder eines
(Prozess-)Vergleichs aus. Man könnte zwar argumentieren, dass ein Verstoß gegen § 13 I Satz 3 BUrlG nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gar nicht möglich sei, da der
Anspruchsinhaber zu diesem Zeitpunkt seine Eigenschaft als Arbeitnehmer
bereits verloren habe und damit die Tatbestandsvoraussetzungen nicht
erfüllt seien. Eine solch begriffstechnische Argumentation vermag jedoch
angesichts des Schutzzwecks des § 13 BUrlG kaum zu überzeugen. Zudem hinge danach die Zulässigkeit des Verzichts
von der kautelarjuristischen Zufälligkeit ab, ob er in einem das
Arbeitsverhältnis beendenden Vergleich oder erst im Anschluss an diesen
Beendigungsakt erklärt wird. Da der Arbeitgeber den zwingenden Charakter
des Abgeltungsanspruchs kennen muss, wird die Berufung des
Arbeitnehmers auf die Unwirksamkeit der Abrede regelmäßig auch nicht
rechtsmissbräuchlich sein."
Wir werden sehen, mit welcher Begründung das Bundesarbeitsgericht dies anders sieht und ob dies das letzte Wort ist.
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