Donnerstag, 16. Mai 2013

Bewerbungsgespräch = Kündigungsgrund?

Die ungewöhnlich erscheinende Überschrift hat einen ernsten Hintergrund. Einer Kündigung eines Arbeitnehmers geht oftmals eine willensmäßige Lösung vom Arbeitsplatz voraus, die sogenannte "innere Kündigung". Erfährt ein Arbeitgeber hiervon, hegt er natürlich Zweifel an der Loyalität, dem Einsatzwillen und der Vertragstreue des Arbeitnehmers. Reicht dies für eine Kündigung?

Das musste das LAG Mecklenburg-Vorpommern entscheiden. 

Ein Arbeitnehmer steht seit dem 1. April 2010 in einem Arbeitsverhältnis als Abteilungsleiter Reha-Technik zu einem monatlichen Bruttogehalt von 5.500,00 Euro. Er bewirbt sich auf eine ausgeschriebene Stelle einer kommunalen gemeinnützigen GmbH. Er schafft es tatsächlich in den engeren Bewerberkreis und soll sich der Bürgerschaft der Hansestadt vorstellen. Die Vorstellung erfolgt am 22. August 2011, obwohl der Arbeitnehmer auf Grund einer Krankschreibung vom 8. August 2011 bis zum 24. August 2011 arbeitsbefreit war wegen Einschränkung der Bewegungsfähigkeit seines rechten Arms .

Am nächsten Tag bereichtet die Lokalpresse über die Vorstellungen der aussichtsreichsten Bewerber. Hierüber erfährt der Arbeitgeber vom Wechselwillen des Arbeitnehmer und kündigt diesem fristlos und hilfsweise ordentlich.

Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hat Erfolg (LAG Mecklenburg-Vorpommern - 5 Sa 106/12).

Allein die Teilnahme an einem Bewerbungsgesprächstellt keinen Kündigungsgrund dar. Zum einen war die Teilnahme nicht genesungswidrig, weil die Vorstellung in der Bürgschaft keine Auswirkung auf den Heilungsprozess hat. Es liegt - mit der Teilnahme am Bewerbungsverfahren - auch noch keine Pflichtverletzung etwaiger vertraglicher Pflichten vor. So heißt es Urteil:

"Ein von einem Arbeitnehmer gezeigter Abkehrwille rechtfertigt nicht ohne weiteres die Kündigung. Solange der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten erfüllt, kann es ihm grundsätzlich nicht vorgeworfen werden, dass er sich nach einem anderen Arbeitsfeld umschaut. Artikel 12 Grundgesetz (GG) gewährt dem Arbeitnehmer die freie Arbeitsplatzwahl (Preis in Staudinger § 626 BGB Randnummer 126). Eine Kündigung kann daher allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten im alten Arbeitsverhältnis zu Gunsten seiner zukünftigen Tätigkeit vernachlässigt (BAG 26. Juni 2008 – 2 AZR 190/07NZA 2008, 1415) oder wenn der Arbeitgeber die Chance hat, für den abkehrwilligen Arbeitnehmer eine andere Person einzustellen."

Fazit: Die Kenntnis von einer anderweitigen Bewerbung eines Arbeitnehmers rechtfertigt allein noch keine Kündigung.
 

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