Mittwoch, 28. März 2012

Urlaubsabgeltung - es geht weiter

Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer war in der Zeit vom 01.04.1964 bis zum 31.08.2008 in einem Dortmunder Betrieb als Schlosser beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Einheitliche Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2003 (im Folgenden: EMTV) Anwendung. Der Arbeitnehmer war zunächst seit dem 23.01.2002 arbeitsunfähig krank und bezog ab dem 01.10.2003 jeweils befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.08.2008 durch Aufhebungsvereinbarung beendet. Am 18.03.2009 hat der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht Klage auf Abgeltung seines Urlaubs für die Jahre 2006, 2007 und 2008 in Höhe von jeweils 35 Arbeitstagen eingereicht.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs von 60 Arbeitstagen und des Schwerbehindertenurlaubs von 15 Arbeitstagen für die Jahre 2006, 2007 und 2008 zugesprochen. Im Berufungsverfahren hat das LArbG Hamm mit Beschluss vom 15.04.2010 dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Urlaubsansprüche für langjährig arbeitsunfähige Arbeitnehmer angesammelt werden können oder ob sie zeitlich befristet sind. Das Landesarbeitsgericht hatte daran Zweifel, ob der Zweck des Urlaubsanspruchs die Ansammlung von Urlaubsansprüchen über viele Jahre erfordert. Mit Urteil vom 22.11.2011 hat der EuGH entschieden, dass Artikel 7 I. der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates dahingehend auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften wie Tarifverträgen, die das Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus vergangener Zeit auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten beschränken, nicht entgegensteht.

Das LArbG Hamm hat der Entscheidung des EuGH folgend den Arbeitgeber verurteilt, für 15 Monate den Urlaub abzugelten und im Übrigen die Klage gewiesen.

Nach dem Urteil des EuGH ist nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts der § 11 Abs. Unterabs. 3 des EMTV, der einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten bei Krankheit vorsieht, nicht zu beanstanden und verstößt nicht gegen Europarecht.

Der Arbeitnehmer war zudem berechtigt, die Ansprüche geltend zu machen, obwohl er die im EMTV geregelte Drei-Monats-Frist nach Fälligkeit nicht eingehalten hat. Denn dieser Tarifvertrag habe die Besonderheit, dass diese Frist nicht gilt, wenn der Arbeitnehmer trotz Anwendung der nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt gehindert war, die Frist einzuhalten. Dieser Fall war hier anzunehmen, weil zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Ansprüche des Klägers nach der einschlägigen Rechtsprechung des BAG solche Ausschlussfristen für Urlaubsansprüche noch keine Anwendung fanden und der Kläger zum damaligen Zeitpunkt die Frist gar nicht einhalten musste.

Das LAG Hamm weist zudem daraufhin, dass es bei Tarifverträgen ohne entsprechende Verfallklausel zum Urlaub davon ausgeht, dass Urlaubsabgeltungsansprüche nach 18 Monaten nach Fälligkeit verfallen entsprechend Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 ILO.

In den jeweiligen Verfahren wurde die Revision zugelassen.

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