Alkoholgenuss im Strassenverkehr und auf dem Arbeitsplatz hat Folgen. Nicht immer ist vorher absehbar, welche?
Ein Berufskraftfahrer verursachte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64‰) einen Unfall,
bei dem der Unfallgegner verletzt wurde und ein größerer Sachschaden
entstand. Im Betrieb bestand ein absolutes Alkoholverbot. Der
Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise
fristgemäß.
Der Arbeitnehmer hat die Kündigung u.a. für unwirksam
gehalten, weil er alkoholkrank sei; er habe seine vertraglichen
Verletzungen daher nicht schuldhaft verletzt.
Das Arbeitsgericht hat
die ordentliche Kündigung für rechtswirksam gehalten. Der Arbeitnehmer
habe mit seinem Verhalten seine arbeitsvertraglichen Pflichten
schwerwiegend und in vorwerfbarer Weise verletzt. Der Arbeitgeber dürfe
von einem Berufskraftfahrer erwarten, dass dieser nüchtern zum
Fahrtantritt erscheine und auch während der Fahrt keine alkoholischen
Getränke zu sich nehme. Eine Alkoholerkrankung könne den Arbeitnehmer
nicht entlasten; ihm sei weiterhin vorzuwerfen, eine Fahrt mit dem
Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere
gefährdet zu haben. Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers wiege auch
derart schwer, dass ihm nicht mit einer Abmahnung hätte begegnet werden
müssen. Der Arbeitgeber müsse dafür Sorge tragen, dass das Alkoholverbot
von allen Fahrern beachtet werde; dies sei mit einer bloßen Abmahnung
nicht zu erreichen. Auch habe der Kraftfaher letztlich keine Einsicht in
sein Fehlverhalten gezeigt.
Der Kraftfahrer legte Berufung ein und gewann vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (7 Sa 852/14).
Ein Berufskraftfahrer verletzt seine arbeitsvertraglichen
Hauptleistungspflichten in erheblichem Maße, wenn er das ihm überlassene
Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss
führt. Beruht dieses Verhalten jedoch auf einer Alkoholabhängigkeit, ist
dem Arbeitnehmer nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts im Zeitpunkt
der Vertragspflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen. Eine
Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei dann nur möglich, wenn anzunehmen
sei, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit seinen
arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft nicht nachkommen könne. Hieran
fehle es, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung ernsthaft zu
einer Alkoholtherapie bereit war. Im Übrigen könne bei einer bestehenden
Therapiebereitschaft von dem Arbeitgeber in der Regel erwartet werden,
das Fehlverhalten abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.
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