Eine gelernte Arzthelferin ist in der Praxis ihres Ehemannes, einem Zahnarzt, tätig auf Basis eines Arbeitsvertrages. Sie erhielt für ihre Tätigkeit einen
festen Monatslohn, ihr stand nicht unbegrenzt Urlaub zu,
den sie nach Belieben wählen könne. Sie nahm – wie die übrigen
Angestellten auch – immer dann Urlaub, wenn die Praxis geschlossen oder
dies mit den anderen Mitarbeiterinnen abgestimmt sei. Die Arzthelferin hat auch ausweislich der vorgelegten Zeiterfassungspläne ihre monatlich
vereinbarte Arbeitzeit erfüllt. Sie hat weisungsgebunden gearbeitet.
Ist sie nun Arbeitnehmerin?
Im Jahr 2006 führte
sie ein sog. Statusfeststellungsverfahren bei ihrer Krankenversicherung
durch. Die Krankenversicherung kam zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit
der Zahnarztfrau in der Zahnarztpraxis ihres Ehemannes nicht als abhängiges,
sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu werten sei
und befreite die Zahnarztfrau rückwirkend von der
Sozialversicherungspflicht. Infolgedessen erstattete die Deutsche
Rentenversicherung die zu Unrecht erhobenen Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung von immerhin 42.278,14 Euro.
Später führte das Finanzamt eine Betriebsprüfung durch.
Nach Auffassung des Finanzamtes war das Arbeitsverhältnis der Zahnarztfrau
mit ihrem Ehemann auch steuerlich nicht anzuerkennen. Es behandelte die
von der Zahnarztfrau erklärten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit
als gewerbliche Einnahmen und erließ für die Streitjahre entsprechende Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag.
Hiergegen klagte die Zahnarztfrau und bekam Recht.
Das FG Neustadt (vom 23.01.2014- 6 K 2295/11) war der Ansicht, dass die Zahnarztfrau in der Praxis ihres Ehemannes als Arbeitnehmerin und
nicht als Gewerbetreibende tätig und hat deshalb keine Einkünfte aus
Gewerbebetrieb, sondern Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt.
Der steuerliche Arbeitnehmerbegriff sei eigenständiger Natur und nach
den für das Steuerrecht maßgebenden Grundsätzen auszulegen. Er decke
sich nicht immer mit dem in anderen Rechtsgebieten verwendeten
Arbeitnehmerbegriff. Deshalb habe die sozial- und arbeitsrechtliche
Einordnung für die steuerrechtliche Beurteilung, ob eine selbständige
oder unselbständige Tätigkeit vorliege, keine Bindungswirkung.
Entscheidungen des Sozialversicherungsträgers entfalteten nur insofern
Bindungswirkung, als sie ein eigenes Prüfungsrecht der Finanzverwaltung
bzw. der Finanzgerichtsbarkeit ausschließen würden. Letzteres sei
vorliegend jedoch nicht gegeben.
Das Finanzgericht habe daher die für
und gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale gegeneinander
abzuwägen. Eine selbständige Tätigkeit liege vor, wenn sie auf eigene
Rechnung, eigene Gefahr und unter eigener Verantwortung verrichtet
werde. Für eine Arbeitnehmereigenschaft sprächen demgegenüber
insbesondere folgende Merkmale: Persönliche Abhängigkeit,
Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten, feste Bezüge,
Urlaubsanspruch, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall,
Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit, kein
Unternehmerrisiko, keine Unternehmerinitiative, kein Kapitaleinsatz,
Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines
Arbeitserfolgs. Vor diesem Hintergrund sei die Klägerin als
Arbeitnehmerin anzusehen. Ihre vertraglichen Hauptpflichten seien klar
und eindeutig im schriftlichen Arbeitsvertrag festgelegt und auch
entsprechend durchgeführt worden.
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