Montag, 17. März 2014

un-/selbständige Zahnarztfrauen

Eine gelernte Arzthelferin ist in der Praxis ihres Ehemannes, einem Zahnarzt, tätig auf Basis eines Arbeitsvertrages. Sie erhielt für ihre Tätigkeit einen festen Monatslohn, ihr stand nicht unbegrenzt Urlaub zu, den sie nach Belieben wählen könne. Sie nahm – wie die übrigen Angestellten auch – immer dann Urlaub, wenn die Praxis geschlossen oder dies mit den anderen Mitarbeiterinnen abgestimmt sei. Die Arzthelferin hat auch ausweislich der vorgelegten Zeiterfassungspläne ihre monatlich vereinbarte Arbeitzeit erfüllt. Sie hat weisungsgebunden gearbeitet. 

Ist sie nun Arbeitnehmerin?

Im Jahr 2006 führte sie ein sog. Statusfeststellungsverfahren bei ihrer Krankenversicherung durch. Die Krankenversicherung kam zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit der Zahnarztfrau in der Zahnarztpraxis ihres Ehemannes nicht als abhängiges, sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu werten sei und befreite die Zahnarztfrau rückwirkend von der Sozialversicherungspflicht. Infolgedessen erstattete die Deutsche Rentenversicherung die zu Unrecht erhobenen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung von immerhin 42.278,14 Euro.

Später führte das Finanzamt eine Betriebsprüfung durch. Nach Auffassung des Finanzamtes war das Arbeitsverhältnis der Zahnarztfrau mit ihrem Ehemann auch steuerlich nicht anzuerkennen. Es behandelte die von der Zahnarztfrau erklärten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit als gewerbliche Einnahmen und erließ für die Streitjahre entsprechende Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag.

Hiergegen klagte die Zahnarztfrau und bekam Recht.

Das FG Neustadt (vom 23.01.2014- 6 K 2295/11) war der Ansicht, dass die Zahnarztfrau in der Praxis ihres Ehemannes als Arbeitnehmerin und nicht als Gewerbetreibende tätig und hat deshalb keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt. Der steuerliche Arbeitnehmerbegriff sei eigenständiger Natur und nach den für das Steuerrecht maßgebenden Grundsätzen auszulegen. Er decke sich nicht immer mit dem in anderen Rechtsgebieten verwendeten Arbeitnehmerbegriff. Deshalb habe die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung für die steuerrechtliche Beurteilung, ob eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit vorliege, keine Bindungswirkung. Entscheidungen des Sozialversicherungsträgers entfalteten nur insofern Bindungswirkung, als sie ein eigenes Prüfungsrecht der Finanzverwaltung bzw. der Finanzgerichtsbarkeit ausschließen würden. Letzteres sei vorliegend jedoch nicht gegeben.

 Das Finanzgericht habe daher die für und gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale gegeneinander abzuwägen. Eine selbständige Tätigkeit liege vor, wenn sie auf eigene Rechnung, eigene Gefahr und unter eigener Verantwortung verrichtet werde. Für eine Arbeitnehmereigenschaft sprächen demgegenüber insbesondere folgende Merkmale: Persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten, feste Bezüge, Urlaubsanspruch, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit, kein Unternehmerrisiko, keine Unternehmerinitiative, kein Kapitaleinsatz, Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs. Vor diesem Hintergrund sei die Klägerin als Arbeitnehmerin anzusehen. Ihre vertraglichen Hauptpflichten seien klar und eindeutig im schriftlichen Arbeitsvertrag festgelegt und auch entsprechend durchgeführt worden.

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