Ein seit 2006 in einem Verlag als Controller beschäftigter Arbeitnehmer erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine als
Gratifikation, ab dem Jahr 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnete
Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts.
Das Verlagsunternehmen übersandte jeweils im Herbst eines Jahres ein Schreiben an alle
Arbeitnehmer, in dem "Richtlinien" der Auszahlung aufgeführt waren. In
dem Schreiben für das Jahr 2010 hieß es u.a., die Zahlung erfolge "an
Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten
Arbeitsverhältnis" befänden; Verlagsangehörige sollten für jeden
Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des
Bruttomonatsgehalts erhalten. Im Lauf des Jahres eintretende
Arbeitnehmer erhielten die Sonderzahlung nach den Richtlinien anteilig.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aufgrund seiner Kündigung am
30.09.2010. Er begehrte anteilige (9/12) Zahlung der
Sonderleistung, was der Arbeitgeber ablehnte.
Nach Auffassung des BAG (10 AZR 848/12) soll die Sonderzahlung nach den Richtlinien
einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das
Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, dient aber
zugleich der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit. In
derartigen Fällen seien Stichtagsregelungen wie die in den Richtlinien
vereinbarte nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klausel
benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen. Sie stehe im Widerspruch zum
Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits
erarbeiteten Lohn entziehe. Der Vergütungsanspruch wurde nach den
Richtlinien monatlich anteilig erworben. Anhaltspunkte dafür, dass die
Sonderzahlung Gegenleistung vornehmlich für Zeiten nach dem Ausscheiden
des Arbeitnehmers oder für besondere – vom Arbeitnehmer nicht erbrachte –
Arbeitsleistungen sein sollte, seien nicht ersichtlich. Deshalb gewann der Arbeitnehmer.
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