Ein Warenauffüller in
einem Baumarkt benutzt für seine Tätigkeit einen Gabelstapler. Anfang
August 2012 brachte er sich an dem Gabelstapler ein
provisorisches Plexiglasdach als Wetterschutz an. Dies wurde vom
betrieblichen Sicherheitsbeauftragten gerügt. Der Warenauffüller wurde zum Abbau
des Plexiglasdaches angehalten. Darüber geriet er derart in Wut, dass
er zunächst mit Verpackungsmaterial um sich warf und dann mindestens
dreimal mit der Faust auf ein in der Nähe aufgestelltes Verkaufsschild
aus Hohlkammerschaumstoff schlug. Dieses war auf einer Holzstrebe
montiert, die der wütende Arbeitnehmer mehrfach traf. Dabei brach er sich die Hand.
Er
war vom 09.08. bis 19.09.2012 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Sein
Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung über insgesamt 2.662,52
Euro brutto mit dem Einwand, der Arbeitnehmer sei an seiner Verletzung selbst
schuld. Spätestens nach dem 1. Schlag auf das Verkaufsschild habe er
die Holzstrebe spüren müssen. Dennoch habe er voller Wut weiter auf das
Verkaufsschild eingeschlagen. Die Verletzung habe er sich somit
vorsätzlich beigebracht.
Der Arbeitnehmer erhob Klage auf Entgeltfortzahlung.
Das ArbG Offenbach hatte der Entgeltfortzahlungsklage stattgegeben, ebenso das Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main (4 Sa 617/13).
Der Verschuldensbegriff im Entgeltfortzahlungsrecht entspricht nach Auffassung der Richter nicht dem
allgemeinen zivilrechtlichen Verschuldensbegriff, der auch mittlere und
leichte Fahrlässigkeit umfasst. Er erfordere vielmehr einen groben
Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen. Dieses
setze ein besonders leichtfertiges, grob fahrlässiges oder vorsätzliches
Verhalten gegen sich selbst voraus.
Ein solches Verschulden des sich selbst verletzenden Arbeitnehmers liege nicht vor. Es sei nicht ersichtlich, dass er seine Verletzung
bewusst herbeiführen wollte.
Deshalb lag nach der Auffassung der Richter nur mittlere Fahrlässigkeit vor. Der Arbeitnehmer hätte bei verständiger
Betrachtung allerdings damit rechnen müssen, dass er durch die Schläge
auf das Schild eine Verletzung riskiere. Gegen eine grobe Fahrlässigkeit
spreche jedoch, dass er sich offensichtlich in einem
heftigen Wut- und Erregungszustand befunden habe und sich
dementsprechend kurzzeitig nicht unter Kontrolle gehabt hätte. Das sei
nicht zu billigen, aber menschlich gleichwohl nachvollziehbar, da
niemand in der Lage sei, sich jederzeit vollständig im Griff zu haben.
Der Arbeitnehmer habe aus Wut und Erregung die erforderliche Kontrolle über
sein Handeln verloren. Dies sei sicher leichtfertig gewesen, aber nicht
derart schuldhaft, dass von besonderer Leichtfertigkeit oder grober
Fahrlässigkeit die Rede sein könne.
Rechtskräftig ist es noch nicht, da Revision zugelassen wurde.
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