Das Bundesarbeitsgericht hatte am 19.08.2010 viel zu verkünden, insgesamt 3 (veröffentlichte) Entscheidungen zu Sachverhalten mit behaupteter Diskriminierung und deren Folgen.
1. (BAG PM 61/10) Ein kirchlich gebundener Arbeitgeber suchte für eine Stelle eine Fachkraft mit abgeschlossenem Studium der Sozialwissenschaft/Sozialpädagogik. Ebenso wurde Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche wurde verlangt. Die Klägerin ist türkischer Herkunft und Muslimin. Sie verfügt über keine Hochschulausbildung. Nach Eingang ihrer Bewerbung sprach eine Mitarbeiterin des Beklagten die Klägerin auf Religions- und Kirchenzugehörigkeit an. Schließlich entschied sich der Arbeitgeber für eine andere Bewerberin, während die Klägerin Schadensersatz wegen Diskriminierung einforderte.
Erfolglos. Das Bundesarbeitsgericht hat über eine mögliche Diskriminierung nicht entscheiden müssen , denn bei ihrer Bewerbung befand sich die Klägerin nicht in „vergleichbarer Situation“ zu der schließlich vom Beklagten eingestellten Bewerberin aufgrund des fehlenden Hochschulstudiums.
Merke: Die unmittelbare Benachteiligung wegen eines vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpönten Merkmals muss in vergleichbarer Situation geschehen. Ist der „Beschäftigte“ erst Bewerber, so muss seine Bewerbung mit der anderer Bewerber vergleichbar sein.
2. (BAG PM 62/10) En Unternehmen hat im Dezember 2007 im Internet eine offene Stelle für einen Entwicklungsingenieur angezeigt. Die vorgesehene Mitteilung an die Agentur für Arbeit und das weitere Verfahren zur besonderen Förderung schwerbehinderter Menschen als Stellenbewerber hielt die Beklagte nicht ein. Mitte Dezember 2007 besetzte sie die annoncierte Stelle, löschte jedoch die Stellenanzeige nicht. Der Kläger nahm die Stellenanzeige auf der Homepage der Beklagten am 29. Dezember wahr und bewarb sich noch am selben Tage. Nach Erhalt der Absage verlangte der Kläger eine Entschädigung nach dem AGG, weil die Beklagte ihn bei seiner Bewerbung durch die Nichteinhaltung der Förderungsvorschriften des Sozialgesetzbuches für schwerbehinderte Menschen (SGB IX) benachteiligt habe.
Das Bundesarbeitsgericht wies auch diese Klage zurück. Da die Stelle schon besetzt war, hat der Kläger keine Benachteiligung erfahren.
Merke: Macht ein Bewerber geltend, er sei bei der Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle entgegen dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) benachteiligt worden, so setzt dies grundsätzlich voraus, dass seine Bewerbung um die Stelle schon im Zeitpunkt der Besetzungsentscheidung vorlag.
3. (BAG PM 64/10) Der 1958 geborene Kläger ist Jurist und er bewarb sich im Jahr 2007 auf eine Stellenanzeige. Das Unternehmen suchte für seine Rechtsabteilung „zunächst auf ein Jahr befristet eine(n) junge(n) engagierte(n) Volljuristin/Volljuristen“. Der Kläger erhielt eine Absage, ohne zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein. Eingestellt wurde eine 33jährige Juristin. Der Kläger hat von der Beklagten wegen einer unzulässigen Benachteiligung aufgrund seines Alters eine Entschädigung in Höhe von 25.000,00 Euro und Schadensersatz in Höhe eines Jahresgehalts verlangt.
Das Bundesarbeitsgericht gab der Klage teilweise statt, soweit ein Schadensersatz von einem Monatsgehalt zu zahlen ist. Die Stellenausschreibung verstieß gegen den (im AGG zu findenden) Grundsatz der altersneutralen Ausschreibung. Die unzulässige Stellenausschreibung stellt ein Indiz dafür dar, dass der Kläger wegen seines Alters nicht eingestellt worden ist. Da die Beklagte nicht darlegen konnte, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorgelegen hat, steht dem Kläger ein Entschädigungsanspruch zu. Da der Kläger nicht dargelegt und bewiesen hat, dass er bei einer diskriminierungsfreien Auswahl von der Beklagten eingestellt worden wäre, steht ihm der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe eines Jahresgehalts nicht zu, sondern lediglich von einem Monat.
Merke: Eine Stellenausschreibung verstößt grundsätzlich gegen das Altersdiskriminierungsverbot, wenn ein „junger“ Bewerber gesucht wird.
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