Bereitschaftszeiten von Arbeitnehmern führen immer wieder zu arbeitsrechtlichen Fragen, welche beantwortet werden wollen. Diesmal entschied das Bundesarbeitsgericht darüber, wie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu vergüten sind.
Doch zunächst die Unterschiede zwischen Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst.
Bei einer Arbeitsbereitschaft muss ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz anwesend sein und sich bereithalten,
um die Arbeit sofort und ohne Fremdaufforderung aufzunehmen. Im Bereitschaftsdienst muss sich ein Arbeitnehmer, ohne dass er unmittelbar am Arbeitsplatz anwesend sein müsste, sich für Zwecke des Betriebes oder der Dienststelle an einer vom Arbeitgeber
bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufhalten, damit er erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit sofort
oder bald aufnehmen kann (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18. Februar 2003 Az. 1 ABR 2/02).
Eine Arbeitnehmerin war bei einem privaten
Pflegedienst als Pflegehelferin gegen ein Bruttomonatsentgelt
von 1.685,85 Euro beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörte u.a. die Pflege
und Betreuung von zwei Schwestern einer Katholischen Schwesternschaft,
die beide an Demenz leiden und an den Rollstuhl gebunden sind. Neben den
eigentlichen Pflegeleistungen oblagen der Arbeitnehmerin auch Tätigkeiten im
Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung der Schwestern (wie z.B.
Zubereiten von Frühstück und Abendessen, Wechseln und Waschen von
Wäsche). Die Arbeitnehmerin arbeitete in zweiwöchigen
"Rund-um-die-Uhr-Diensten", während derer sie verpflichtet war, an der
Pflegestelle anwesend zu sein. Sie bewohnte in den Arbeitsphasen im Haus
der Schwesternschaft ein Zimmer in unmittelbarer Nähe zu den zu
betreuenden Schwestern.
Die Arbeitnehmerin vertrat nun die Auffassung, das das Mindestentgelt in der Pflegebranche von – damals – 8,50 Euro je
Stunde nach § 2 Abs. 1 PflegeArbbV sei für jede Form der Arbeit zu
zahlen.
Die Arbeitgeberin wandte ein, das die Arbeitnehmerin nicht 24 Stunden
am Tag gearbeitet habe. Das Mindestentgelt nach der PflegeArbbV sei nicht
für Bereitschaftsdienst zu zahlen. Für diesen könne arbeitsvertraglich
eine geringere Vergütung vereinbart werden.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 -) entschied, dass das Mindestentgelt nach § 2 der Verordnung
über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV)
vom 15.07.2010 "je Stunde" festgelegt ist und damit anknüpft an die
vergütungspflichtige Arbeitszeit. Dazu gehörten nicht nur die
Vollarbeit, sondern auch die Arbeitsbereitschaft und der
Bereitschaftsdienst. Während beider müsse sich der Arbeitnehmer an einem
vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle
unverzüglich die Arbeit aufzunehmen. Zwar könne dafür ein geringeres
Entgelt als für Vollarbeit bestimmt werden. Von dieser Möglichkeit habe
der Verordnungsgeber im Bereich der Pflege aber keinen Gebrauch gemacht.
Deshalb seien arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die für
Bereitschaftsdienst in der Pflege ein geringeres als das Mindestentgelt
nach § 2 PflegeArbbV vorsehen, unwirksam.
Da auch der zum 01.01.2015 geltende Mindestlohn an eine Zeitstunde anknüpft, kann meines Erachtens aus dieser Entscheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden, dass auch in anderen Branchen Bereitschaftszeiten mindestens mit dem Mindestlohn zu vergüten sind.
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