In den meisten Erstaufnahmegesprächen bei einem Anwalt nach Erhalt einer Kündigung fragen Arbeitnehmer, ob sie eine Abfindung erhalten.
Nach einigen Erläuterungen zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Abfindung und Prüfung, ob diese vorliegen, ergibt sich oft der Hinweis, dass ein Anspruch - derzeit - nicht besteht, aber sich im Rahmen einer Verhandlung mit dem Arbeitgeber (aussergerichtlich oder auch vor Gericht) eine Abfindung im Vergleich regeln lassen kann.
Ein Beispiel aus meiner Praxis zeigt, dass eine Kündigungsschutzklage sich auch ohne Abfindung lohnen kann.
Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer erhält eine betriebsbedingte Kündigung mit einer Kündigungsfrist von 1 Monat. Er wehrt sich hiergegen. Es wird im Gerichtsverfahren u.a. darauf hingewiesen, dass eine Änderungskündigung vorzugswürdig gewesen sei. Das Arbeitsgericht Chemnitz schließt sich unserer Auffassung an und stellt fest, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Der Arbeitgeber ist damit nicht einverstanden und legt Berufung ein. Der Arbeitnehmer erhält aber weiterhin seinen Lohn, obwohl er nicht auf seiner Arbeitsstelle mehr erscheint (welche es nach Arbeitgebersicht vor Ort nicht mehr gibt). Vor dem Sächsischen Landesarbeitsgericht wird dann ein Vergleich geschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund der angegriffenen Kündigung erst 10 Monate später endet, als eigentlich mit der Kündigung vorgesehen.
Der Arbeitnehmer erhielt also für 10 Monate Arbeitslohn ohne zu arbeiten. Das entspricht dem 5-fachen (fünffachen) eines Abfindungsanspruches nach § 1 a KSchG - kein schlechter Schnitt, wie ich meine.
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