Ein Verwaltungsangestellter erhielt im Jahr 2007 vom Arbeitgeber als Ergebnis eines Verfahrens vor der Beschwerdestelle nach § 13 AGG die Mitteilung, dass eine Mitarbeiterin, die sich von ihm belästigt fühlte, weder dienstlich noch privat Kontakt mit ihm wünsche und dieser Wunsch vorbehaltlos zu respektieren sei. Eine unmittelbare Kontaktaufnahme mit der Mitarbeiterin habe "auf jeden Fall zur Vermeidung arbeitsrechtlicher Konsequenzen zu unterbleiben".
Im Oktober 2009 wandte sich eine andere, als Leiharbeitnehmerin beschäftigte Mitarbeiterin an den Arbeitgeber und gab an, sie werde vom Verwaltungsangestellten X in unerträglicher Art und Weise belästigt und bedrängt. Nach näherer Befragung der Mitarbeiterin und Anhörung des Verwaltungsangestellten kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. Als (wichtigen) Kündigungsgrund wurde vorgetragen, dass der Verwaltungsangestelllte der Mitarbeiterin gegen deren ausdrücklich erklärten Willen zahlreiche E-Mails geschickt, sie ohne dienstlichen Anlass in ihrem Büro angerufen oder dort aufgesucht und sich wiederholt und zunehmend aufdringlich in ihr Privatleben eingemischt habe. Um sie zu weiterem privaten Kontakt mit ihm zu bewegen, habe er ihr u.a. damit gedroht, er könne dafür sorgen, dass sie keine feste Anstellung beim Land bekomme.
Gegen die Kündigung erhob der Verwaltungsangestellte Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben.
Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem BAG (Urteil vom 19. April 2012 - 2 AZR 258/11) Erfolg und das BAG hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Ein schwerwiegender Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine vertragliche Nebenpflicht, die Privatsphäre und den deutlichen Wunsch einer Arbeitskollegin zu respektieren, nicht dienstliche Kontaktaufnahmen mit ihr zu unterlassen, kann eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Ob es zuvor einer einschlägigen Abmahnung bedarf, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Im vorliegenden Fall steht nach Auffassung des BAG noch nicht fest, ob ein wichtiger Grund für die Kündigung i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB vorliegt. Das Landesarbeitsgericht habe zwar im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der Kläger durch die Mitteilung aus dem Jahr 2007 nicht im Rechtssinne abgemahnt worden ist. Es habe aber nicht ausreichend geprüft, ob angesichts der Warnung durch das zuvor durchgeführte Beschwerdeverfahren und der übrigen Umstände eine Abmahnung entbehrlich war.
Insoweit steht nun die Frage, ob die Mitteilung nach dem ersten Berschwerdeverfahren eine Abmahnung späteren gleichartigen Verhaltens entfallen läßt. Dem wird nun das Berufungsgericht (Hessisches Landesarbeitsgericht) nachgehen müssen
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