Am Anfang steht wohl ein Abmahnschreiben - wie so oft in Filesharingfällen. Doch dieses Schreiben ging an eine Kreispolizeibehörde und verwies darauf, dass von Dienstrechnern aus ein Musikalbum einer bekannten deutschen Musikband illegal heruntergeladen wurde.
Die Polizei tut, was sie tun muss. Sie ermittelt. Die Kreispolizeibehörde stellte fest, dass
sich auf einem Desktoprechner, welcher überwiegend von einem Informationstechniker, der für die komplette Funk- und Telefontechnik aller Polizeidienststellen im Hochsauerlandkreis zuständig ist, genutzt wurde, urheberrechtlich geschützte Werke befanden, auch von der betreffenden Musikband. Außerdem befanden sich auf dem Rechner Filesharing-Programme und Spezialsoftware zum
unwiederbringlichen Löschen von Dateien.
Im Laufe der Ermittlungen
ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass über den Desktoprechner zu bestimmten Zeitpunkten Filme heruntergeladen wurden; zur
Hälfte der maßgeblichen Zeitpunkte war der Informationstechniker allerdings nicht im
Dienst oder außerhalb des Dienstgebäudes tätig.
Ins Visier der
Ermittlungen geriet auch ein weiterer IT-Mitarbeiter der
Kreispolizeibehörde, auf dessen Computer ebenfalls Anhaltspunkte für das
Herunterladen von Filmen gefunden wurden.
Gegen beide Mitarbeiter ist ein Strafverfahren eingeleitet
worden, das nach Durchführung der Hauptverhandlung Anfang November 2012
gegen Zahlung eines Geldbetrages von jeweils 500 Euro eingestellt
wurde. Im November und Dezember 2012 sprach das Land Nordrhein-Westfalen
als Arbeitgeber gegenüber den beiden Angestellten fristlose Kündigungen
aus.
Während der andere IT-Mitarbeiter sich mit der Kreispolizeibehörde
darauf verständigte, dass das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der
Kündigungsfrist gegen Zahlung einer Abfindung endet, führte der Informationstechniker ein Kündigungsschutzverfahren vor dem ArbG Arnsberg.
Das Land Nordrhein-Westfalen begründete vor
dem Arbeitsgericht die Kündigung damit, dass der Informationstechniker illegal Daten
aus dem Internet heruntergeladen habe. Dabei habe er die
Software "Azureus" genutzt, die mit einem automatischen Einwahlverfahren
arbeite. Er sei so in der Lage gewesen, Downloads auch in
seiner Abwesenheit vorzunehmen.
Das ArbG Arnsberg
hielt die Kündigung für unwirksam. Es lasse sich, so hat das
Arbeitsgericht ausgeführt, nicht feststellen, dass der Informationstechniker tatsächlich illegale Downloads vorgenommen habe. Sein Rechner habe auch
von anderen Mitarbeitern genutzt werden können, zumal die Anmeldung am
System aufgrund eines speziellen Profils ohne Kennworteingabe möglich
gewesen sei.
Die fristlose Kündigung sei auch als Verdachtskündigung unwirksam.
Eine ordentliche Kündigung komme nicht in Betracht, da der Informationstechniker als
ehemaliges Personalratsmitglied Sonderkündigungsschutz genieße. Das Land
Nordrhein-Westfalen hat gegen das arbeitsgerichtliche Urteil Berufung
eingelegt. Das LArbG Hamm (13 Sa 596/13) hat die Berufung des Landes Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind die fristlosen
Kündigungen unwirksam.
Ausschlaggebend für die Entscheidung sei, dass sich keine Feststellungen
dazu treffen ließen, dass gerade der gekündigte Informationstechniker für das illegale
Herunterladen verantwortlich war. Auch ein dringender Verdacht bestehe im Hinblick auf die unklare Verantwortlichkeit für die
Download-Vorgänge nicht. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde
unter anderem auch erörtert, dass die Arbeitgeberin nicht eine zügige
Sicherstellung der "verdächtigen" Rechner veranlasst hatte, so dass sich
im Nachhinein nicht habe klären lassen, welche Personen später Dateien
gelöscht hatten.
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