Montag, 9. Dezember 2013

Polizist über jeden Verdacht erhaben?

Am Anfang steht wohl ein Abmahnschreiben - wie so oft in Filesharingfällen. Doch dieses Schreiben ging an eine Kreispolizeibehörde und verwies darauf, dass von Dienstrechnern aus ein  Musikalbum einer bekannten deutschen Musikband illegal heruntergeladen wurde.

Die Polizei tut, was sie tun muss. Sie ermittelt. Die Kreispolizeibehörde stellte fest, dass sich auf einem Desktoprechner, welcher überwiegend von einem Informationstechniker, der für die komplette Funk- und Telefontechnik aller Polizeidienststellen im Hochsauerlandkreis zuständig ist, genutzt wurde, urheberrechtlich geschützte Werke befanden, auch von der betreffenden Musikband. Außerdem befanden sich auf dem Rechner Filesharing-Programme und Spezialsoftware zum unwiederbringlichen Löschen von Dateien.

Im Laufe der Ermittlungen ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass über den Desktoprechner zu bestimmten Zeitpunkten Filme heruntergeladen wurden; zur Hälfte der maßgeblichen Zeitpunkte war der Informationstechniker allerdings nicht im Dienst oder außerhalb des Dienstgebäudes tätig.

Ins Visier der Ermittlungen geriet auch ein weiterer IT-Mitarbeiter der Kreispolizeibehörde, auf dessen Computer ebenfalls Anhaltspunkte für das Herunterladen von Filmen gefunden wurden.

Gegen beide Mitarbeiter ist ein Strafverfahren eingeleitet worden, das nach Durchführung der Hauptverhandlung Anfang November 2012 gegen Zahlung eines Geldbetrages von jeweils 500 Euro eingestellt wurde. Im November und Dezember 2012 sprach das Land Nordrhein-Westfalen als Arbeitgeber gegenüber den beiden Angestellten fristlose Kündigungen aus.

Während der andere IT-Mitarbeiter sich mit der Kreispolizeibehörde darauf verständigte, dass das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist gegen Zahlung einer Abfindung endet, führte der Informationstechniker ein Kündigungsschutzverfahren vor dem ArbG Arnsberg.

Das Land Nordrhein-Westfalen begründete vor dem Arbeitsgericht die Kündigung damit, dass der Informationstechniker illegal Daten aus dem Internet heruntergeladen habe. Dabei habe er die Software "Azureus" genutzt, die mit einem automatischen Einwahlverfahren arbeite. Er sei so in der Lage gewesen, Downloads auch in seiner Abwesenheit vorzunehmen.

Das ArbG Arnsberg hielt die Kündigung für unwirksam. Es lasse sich, so hat das Arbeitsgericht ausgeführt, nicht feststellen, dass der Informationstechniker tatsächlich illegale Downloads vorgenommen habe. Sein Rechner habe auch von anderen Mitarbeitern genutzt werden können, zumal die Anmeldung am System aufgrund eines speziellen Profils ohne Kennworteingabe möglich gewesen sei.

Die fristlose Kündigung sei auch als Verdachtskündigung unwirksam. Eine ordentliche Kündigung komme nicht in Betracht, da der Informationstechniker als ehemaliges Personalratsmitglied Sonderkündigungsschutz genieße. Das Land Nordrhein-Westfalen hat gegen das arbeitsgerichtliche Urteil Berufung eingelegt. Das LArbG Hamm (13 Sa 596/13) hat die Berufung des Landes Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind die fristlosen Kündigungen unwirksam. Ausschlaggebend für die Entscheidung sei, dass sich keine Feststellungen dazu treffen ließen, dass gerade der gekündigte Informationstechniker für das illegale Herunterladen verantwortlich war. Auch ein dringender Verdacht bestehe im Hinblick auf die unklare Verantwortlichkeit für die Download-Vorgänge nicht. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde unter anderem auch erörtert, dass die Arbeitgeberin nicht eine zügige Sicherstellung der "verdächtigen" Rechner veranlasst hatte, so dass sich im Nachhinein nicht habe klären lassen, welche Personen später Dateien gelöscht hatten.

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