Da gewinnt ein Arbeitnehmer seine Kündigungsschutzklage und dennoch fühlt er sich als Verlierer, weil das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung gegen seinen Willen endet.
Ein Vertriebsingenieur war nach einem Freizeitunfall in 2009 mehrere Monate arbeitsunfähig krank. Nach seiner Gesundung befand er sich – neben anderen Kollegen – seit November 2009 in Kurzarbeit Null. Die Arbeitgeberin versuchte, ihn zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen und bot ihm eine Abfindung an. Eine Einigung erfolgte jedoch nicht.
Im März 2011 erklärte die Arbeitgeberin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Begründung, zwei eng mit dem Vertriebsingenieur zusammenarbeitende Arbeitskollegen aus dem Vertrieb, die für hohen Umsatz sorgten, hätten gedroht, bei einer Weiterbeschäftigung desselben selbst zu kündigen. Hiergegen erholb der Vertriebsingenieur Kündigungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Die Berufung der Arbeitgeberin hatte insoweit vor dem LAG Schleswig-Holstein (Az.: 2 Sa 331/11) keinen Erfolg. Berufe sich ein Arbeitgeber im Fall einer Kündigung auf eine Drucksituation, so müsse er darlegen, welche konkreten Maßnahmen er ergriffen habe, um die Drucksituation in den Griff zu bekommen. Der Hinweis auf allgemeine Gespräche reiche nicht aus.
Die Arbeitgeberin hat aber vor dem Landesarbeitsgericht einen Antrag gestellt, das Arbeitsverhältnis gegen den Willen des Gekündigten durch das Gericht gegen Zahlung einer geringen Abfindung aufzulösen (vgl. § 9 I Satz 2 KSchG), weil eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr erwartet werden könne. Der Ingenieur hatte nämlich bereits im Zusammenhang mit der Anordnung von Kurzarbeit im November 2009 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit geäußert, er werde durch die Arbeitgeberin mit Kurzarbeit bestraft, weil er keiner Trennung zugestimmt habe. So gehe sie immer vor. Die Arbeitgeberin nutze nur die Kurzarbeitsleistungen als Zusatzgeschäft. Während des Kündigungsschutzverfahrens schrieb er nochmals an diese Behörde, die Arbeitgeberin missbrauche gezielt die Kurzarbeitsleistungen. Daraufhin erstattete die Agentur für Arbeit eine Strafanzeige gegen die Arbeitgeberin. Dieses führte zu einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen sie mit hier unbekanntem Ausgang.
Das Landesarbeitsgericht gab dem Auflösungsantrag statt. Der Ingenieur hätte zunächst eine Klärung mit der Arbeitgeberin im Betrieb versuchen müssen. Eine gedeihliche weitere Zusammenarbeit sei hier aber nicht zu erwarten, wenn der Arbeitnehmer sofort eine Anzeige erstatte. Es sei nicht notwendig, dass die Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft gerichtet sei. Vielmehr reiche es aus, wenn die Anzeige zu Ermittlungen gegen den Arbeitgeber führe.
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