Ein blinder
Rechtspfleger-Anwärter am Amtsgericht in einer hessischen Stadt benötigt zum Bearbeiten von Akten und Dokumenten
sowie zum Lesen einen Assistenten. Auf die Anzeige bewarb auch ein sehbehinderter
ausgebildeter Informatikkaufmann.
Doch nach dem Bewerbungsgesprch fiel er durch. Er erhob Klage und verlangte Schadensersatz wegen Diskriminierung, weil - nach seiner Auffassung - er nur
aufgrund seiner Sehbehinderung abgelehnt worden sei.
Das Amtsgericht hingegen behauptet, dass es die Bewerberin eingestellt habe,
die der Rechtspflegeranwärter wollte und als am besten geeignet
angesehen habe. Der Rechtspfleger "fühle sich in ihrer Umgebung wohl". Zudem habe der Bewerber im
Vorstellungsgespräch eine leserliche handschriftliche Verfügung eines Richters nicht entziffern können.
Im Prozess vor dem Arbeitsgericht stellte sich heraus, dass dem Bewerber nicht die Chance eingeräumt wurde, seine Fähigkeiten zu beweisen. Bei dem "Lesetest" habe er nur eine Handlupe als Hilfsmittel
einsetzen können, da sein eigentliches Lesegerät trotz Bestellung nicht vorlag. Dass er mit einer Handlupe nur
buchstabenweise vorgehen konnte, was ihm vorgeworfen sei, stellt dann eine Verletzung des Grundsatz eines fairen
Verhaltens dar.
Zudem widersprach der blinde Rechtspfleger den Vortrag des Amtsgerichtes, dass er sich in der Umgebung der eingestellten Bewerberin "wohlfühle". Er hätte vielmehr gern den sehbehinderten Bewerber
als Assistenten. Und mit der jetzigen Assistentin habe er im Vorfeld nur
telefonisch ein Gespräch geführt. Er
sei "quasi gezwungen" worden, sich für diese Bewerberin zu entscheiden,
weil kein anderer Bewerber vorhanden sei.
Dass also nur der später abgelehnte Bewerber ein
mündliches Vorstellungsgespräch inklusive Test führen musste, sei ein
weiterer Hinweis für die Ungleichbehandlung.
Das Arbeitsgericht verurteilte deshalb - nach einer Meldung auf op-marburg.de - das
Land Hessen zu einer Zahlung von drei Monatsgehältern in Höhe von
insgesamt 6.000 Euro. Das ist nach dem Gesetz das Höchstmaß an
Entschädigung.
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