Mittwoch, 10. Juli 2013

Wann ist ein befristeter Vertrag vorzeitg ordentlich kündbar?

Die Antwort scheint auf den ersten Blick § 15 Abs. 3 TzBfG zu liefern. Danach kann ein befristetes Arbeitsverhältnis nur ordentlich gekündigt werden, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist. 
 
Doch das Leben schreibt seine eigenen Geschichten.
 
In einem vom Arbeitgeber vorformulierten Formularvertrag wurde vereinbart:
 
„Die Maßnahme ist befristet. Sie endet mit Ablauf des 31.01.2013, ohne dass es einer ausdrücklichen Kündigung bedarf. Die Maßnahme ist gemäß den gesetzlichen Regelungen kündbar.“
 
Ja, was heißt denn das nun -  "Die Maßnahme ist gemäß den gesetzlichen Regelungen kündbar." Sollen die "gesetzlichen Regelungen" sich aus § 622 BGB ergeben (dann kündbar mit den jeweiligen Fristen)? Aber der § wird doch gar nicht genannt in der Regelung. Außerdem handelt es sich einen vorformulierten Vertrag, welcher nach den Regelungen der §§ 305 ff BGB (hier insbesondere § 305 c BGB wegen Unklarheit) zu prüfen ist? Was gilt?
 
Das Arbeitsgericht ist der Argumentation des Arbeitnehmers gefolgt, welcher sich gegen eine ausgesprochene ordentlichen Kündigung mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Fristablauf mittels Kündigungsschutzklage wandte. Die Formulierungen im Arbeitsvertrag seien nicht hinreichend bestimmt. Die streitige Vertragsformulierung könne auch so verstanden werden, dass sie auf sämtliche denkbaren gesetzlichen Regelungen über die Kündigung von Arbeitsverhältnissen verweise. Gemäß § 305c Abs. 2 BGB gingen Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders, also hier des Arbeitgebers.
 
Auf die Berufung hin, sieht es das Landesarbeitsgericht Mainz anders.  Hiernach sei das befristete Arbeitsverhältnis kraft einzelvertraglicher Vereinbarung ordentlich kündbar.
 
Ein vorzeitiges, ordentliches Kündigungsrecht müssten die Parteien entweder ausdrücklich vereinbaren, oder ihr dahingehender beiderseitiger Wille müsse aus den Umständen eindeutig erkennbar sein. Letzters sei vorliegend der Fall.
 
Die streitige Vertragsformulierung zeige bereits nach dem Wortlaut, dass das Beschäftigungsverhältnis „kündbar“ sein soll (und zwar „nach den gesetzlichen Regelungen“). Wollte man die Vertragsklausel so verstehen, dass das Arbeitsverhältnis ordentlich nicht kündbar sein soll, wäre die Regelung als bloße Wiedergabe von § 15 Abs. 3 TzBfG überflüssig. Gründe, dass die Parteien eine derart nur deklaratorische Regelung treffen wollten, seien nicht ersichtlich.
 
Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB komme erst dann zulasten des Verwenders – also hier der beklagten Arbeitgeberin – zur Anwendung, wenn nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt. Diese Voraussetzungen wäre  vorliegend nicht gegeben.
 

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