Das Märchen von Dornröschen ist bekannt. Nach einem Stich fällt sie
in einen Schlaf und erst der Kuss eines Prinzen erweckt sie zum neuen
Leben. Im "wahren Leben" geht es (manchmal) anders zu.
Ein verheirateter Mann hatte bei einem Versicherungsunternehmen unter anderem eine
Versicherung für den Fall des Unfalltodes mit einer garantierten
Leistung von 15.000 Euro abgeschlossen. Die Ehefrau ist
Bezugsberechtigte der Versicherung.
Der Mann verletzte
sich beim Schneiden von Rosenstöcken im September 2010 am linken
Mittelfinger durch einen Rosendorn. Wegen dieser Verletzung wurde er
zunächst stationär behandelt, da eine Infektion mit Staphylococcus
aureus festgestellt worden war. Aufgrund dieser Infektion musste der
linke Mittelfinger teilweise amputiert werden. Nach einer weiteren
Verschlechterung seines Gesundheitszustandes verstarb der Mann im
April 2011 wegen einer Sepsis bei Staphylococcus aureus-Bakteriämie.
Die
verwitwete Ehefrau begehrte nun Auszahlung der Leistung für den
Todesfall von der Unfallversicherung. Die Versicherung lehnte dies ab.
die Klage der Witwe ist vom LG Karlsruhe zurückgewiesen worden, weil sie
nicht
bewiesen habe, dass ihr Ehemann eine Verletzung erlitten habe, die über
eine geringe Hautverletzung im Sinne der vereinbarten
Versicherungsbedingungen hinausgegangen sei. Es könne offen bleiben, ob
es sich überhaupt um einen Unfall gehandelt habe.
Die Berufung hatte vor dem OLG Karlsruhe (12 U 12/13) Erfolg:
Nach Auffassung des Oberlandesgericht liegt ein Unfall vor.
Klassische Fälle für das Merkmal "von außen auf den Körper wirkend"
seien Zusammenstöße des Körpers mit Sachen, Tieren oder anderen
Personen, ein solcher Zusammenstoß mit einer Sache liege auch bei einem
Stich mit einem Rosendorn vor. Der Unfallbegriff sei zwar nicht erfüllt,
wenn die Eigenbewegung und die Kollision gewollt gewesen seien und
dabei lediglich eine ungewollte Gesundheitsbeschädigung eingetreten sei.
Hier gebe es aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte
bewusst in einen Rosendorn gefasst haben könnte. Unstreitig habe sich
der Versicherte an einem Rosendorn infiziert und sei aufgrund der
Infektion verstorben.
Die Leistung ist auch nicht aufgrund einer Infektionsklausel
ausgeschlossen. Nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen sei der
Versicherungsschutz nur dann ausgeschlossen, wenn die Krankheitserreger
lediglich durch eine "Haut- oder Schleimhautverletzung", die als solche
geringfügig sei, in den Körper gelangt seien. Bei einer Verletzung an
einem Rosendorn sei es aber nicht gesichert, dass lediglich Haut- oder
Schleimhautschichten durchstochen worden seien. Möglich sei auch, dass
der Rosendorn tieferliegendes Gewebe erfasst habe. Dass dies hier nicht
geschehen sei, hätte die beklagte Versicherung beweisen müssen. Ein
Beweisantritt sei aber trotz der Beweislast der Versicherung für das
Vorliegen von Leistungsausschlüssen nicht erfolgt.
Das Urteil ist rechtskräftig.
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