Nun hat das Bundesarbeitsgericht am 10.06.2010 über den - in der Presse hochgehandelten - Fall Emmely entschieden. Bislang liegt nur die Pressemeldung 42/10 vor. Die Urteilsgründe sind abzuwarten. Doch bereits aus der Pressemitteilung läßt sich einiges entnehmen.
1. Ein Diebstahl oder eine Unterschlagung geringfügiger Sachen führt nicht per se zu einer fristlosen Kündigung. Vielmehr ist - wie eh und je - eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen.
Hier nun sagt das BAG im Widerspruch zu den vorangegangenen Entscheidungen, dass die fristlose Kündigung in dem Einzelfall (!) Emmely unverhältnismäßig war angesichts der Geringfügigkeit des Schadens und der seit über 30 Jahren laufende Beschäftigung ohne besonderen Störungen und dem damit verbundenen Vertrauenserwerb.
2. Eine ungeschickte Verteidigung kann vorteilhaft sein (oder war es die ungeschickte Urteilsbegründung des Landesarbeitsgerichtes im Berufungsverfahren?
Die Vorgängerentscheidungen beriefen sich in den Begründungen zur Wirksamkeit der Kündigung u.a. auf das widersprüchliche Verhalten von Emmely während des Verfahrens.
Die Frage, ob ein prozessuales Verhalten in die Prüfung der Rechtsmäßigkeit einer fristlosen Kündigung (innerhalb der Interessenabwägung) einfliessen darf, führte dazu, dass das BAG die (zunächst vom LAG nicht zugelassene) Revision annahm (Beschluss des BAG vom 28.7.2009, 3 AZN 224/09).
Nur deshalb kam es dazu, dass das Bundesarbeitsgericht eine Entscheidung hierüber fällen konnte.
3. Emmely darf wieder arbeiten und ist zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen sich bei vergleichbaren Sachverhalten darauf einstellen, dass eine Voraussehbarkeit des Ausgangs eines Kündigungsschutzprozesses weiterhin nicht gegeben ist. Es ist aber anzunehmen, dass die Arbeitsgerichte die Unverhältrnismäßigkeit in Einzelfällen eher bejahen.
Tendenziell wird so die Arbeitnehmerseite gestärkt, was jedoch weiterhin kein Freibrief für Verstöße gegen arbeitsvertraglichen Pflichten ist.
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