Dienstag, 31. Juli 2012

Arbeitgeberwechsel in II. Instanz

Drei Arbeitnehmer waren auf Basis befristeter Verträge für eine gemeinnützige Gesellschaft (gGmbH) mit der Betreuung und ggfs. Vermittlung von Langzeitarbeitslosen beschäftigte. Anteilseigner der arbeitgebenden Gesellschaft waren der Landkreis Viersen und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises.

Im Rahmen sogenannter Personalgestellungsverträge hatte es die Gesellschaft seit einigen Jahren übernommen, den Personalbedarf der ARGE bzw. des Jobcenters des Kreises Viersen durch Einstellungen geeigneter Arbeitnehmer und entsprechende Zuweisungen an die ARGE bzw. Jobcenter sicherzustellen.

Die Arbeitnehmer erhoben wegen den Befristungen gegen die Gesellschaft Entfristungsklagen zum Arbeitsgericht und bekamen Recht.

Auf die Berufung der Gesellschaft hin hat das LArbG Düsseldorf die Klagen aber abgewiesen.

Die Rechtslage hat sich durch die Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zum 01.12.2011 geändert. Auf Grund des geänderten Gesetzes wurden die mit der Gesellschaft bestehenden Arbeitsverträge mit dem Kreis Viersen als fortbestehend fingiert, weil die verklagte Gesellschaft bislang nicht im Besitz einer Genehmigung zur Arbeitnehmerüberlassung nach den gesetzlichen Bestimmungen des AÜG war und ist.

Folge dessen ist, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer seit 01.12.2011 nicht mehr mit der verklagten Gesellschaft bestehen und die erstinstanzlich geprüfte Rechtsfrage (Wirksamkeit der Befristung) zweitinstanzlich nicht mehr zu bescheiden war.

Montag, 30. Juli 2012

Geldschatz im Kachelofen - das war wohl nichts! Oder doch?

Ein Hauseigentümer eines Mehrfamilienhauses entdeckt im Rahmen von Renovierungsarbei nach Erwerb des Hauses in 2008 beim Abriss des Kachelofens zwei verschlossene Stahlkassetten. Diese enthielten 303.700,00 DM in Banknoten, teilweise mit Banderolen aus den Jahren 1971 bis 1977.

Die vormalige Eigentümerin der Liegenschaft hatte diese Wohnung bis zu ihrem Tod im Jahre 1993 bewohnt. Ihr Ehemann und sie waren Eigentümer eines Teppichgeschäfts auf der Düsseldorfer Königsallee, das sie 1971 verkauft hatten. Die Erben machten nun Ansprüche geltend an dem Geldbetrag.

Der Hauseigentümer hingegen meinte, dass es sich um einen Schatz habndele, den er behalten dürfte.

Der Streit ging vor das Gericht. Eine Zeugenaussage ("Es gibt Menschen, die Geld im Kamin verstecken") und die Daten auf den Banderolen, wonach das Geld aus den 70er Jahren stammten, waren wichtige Indizien für das Gericht. Da außer der Erblasserin nach dem Tod ihres Mannes keine weiteren Personen mit ihr in der Wohnung gelebt und auch spätere Eigentümer der Liegenschaft keine Eigentumsrechte mehr an dem Geld geltend machen, kam das Gericht (LG Düsseldorf, Az.: 15 O 103/11) zu der Überzeugung, dass das Bargeld aus dem Eigentum der Erblasserin stammte und nicht, wie vom Hauseigentümer behauptet, von einem unbekannten Dritten stamme.

Bei den Geldkassetten handelte es sich zudem nicht um einen einen Schatzfund gem. § 984 BGB. Ein Schatzfund würde nämlich voraussetzen, dass der Eigentümer einer aufgefundenen Sache nicht mehr zu ermitteln sei. Die frühere Eigentümerin des Geldes aus dem Kachelofen sei nach der Beweisaufnahme aber gefunden: die Erblasserin!

Der Beklagte, der Finderlohn in Höhe von rund 5.000,00 € erhalten hat, kann gegen das Urteil Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen.

Bewerbungsgespräch und Flugkosten

Wird ein Bewerber von einem potentiellen Arbeitgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, hat der Bewerber gegen diesen einen Anspruch auf Erstattung seiner Vorstellungskosten gem. § 670 BGB. Darin heißt es:

"Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet."

Doch es stellt sich die Frage, welche Kosten davon erfasst werden.

Ein Bewerber machte sich für ein Vorstellungsgespräch auf den Weg von Hamburg nach Düsseldorf und entschied sich weder für ein Personenkraftwagen noch die Bahn, sondern nutzte das Flugzeug. Die Koste der Reise, bestehend aus Kosten für das Flugticket in Höhe von 472,32 € sowie für eine Tageskarte in Höhe von 7,30 €, verlangte er sodann vom Unternehmen. Das Unternehmen zahlte nur 234,00 € und nicht mehr, weshalb der Bewerber Klage zum Arbeitsgericht Düsseldorf erhob.

Dort blitzte der Bewerber mit seiner Forderung ab (Aktenzeichen: 2 Ca 2404/12). Das Gericht verwies im Urteil auf den bestehenden Meinungsstreit ("Ob Flugkosten in der Regel zu erstatten sind, ist umstritten. Dies wird z.T. nur dann befürwortet, wenn der Arbeitgeber die Übernahme zugesagt hat (vgl. ArbG Hamburg, 02.11.1994 - 13 Ca 24/94). Nach anderer Ansicht bestimmt sich die Höhe der ersatzfähigen Kosten wesentlich nach der Bedeutung der ausgeschriebenen Stelle; Indikator sei etwa die übliche Vergütung. Je höher diese sei, umso eher dürfe der Bewerber eine Anreise in der 1. Wagenklasse oder per Flugzeug für erforderlich halten (ErfK/Müller-Glöge, § 629 BGB, Rn. 14)", lies ihn jedoch offen, denn

"Es ist nicht zu erkennen, dass der Kläger die Erstattung der Flugkosten für erforderlich bzw. angemessen und üblich ansehen durfte."

Die Berufung wurde zugelassen.

Freitag, 27. Juli 2012

1 Satz und am Ende ist alles verloren

Da wird sich die Gewerkschaft in den Hintern beißen.

Ein Unternehmen mit Bindung an den Tarifvertrag TV Ratio D. beschloss für eine Standortbereinigung die Verlagerung von vier Callcentern an einen anderen Standort. Ein Interessenausgleich und Sozialplan wurde mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossen und durchgeführt.

Allerdings wurde die Maßnahme ohne Beteiligung der paritätischen Auswahlkommission nach §§ 3, 4 TV Ratio D. durchgeführt, was die Gewerkschaft bemängelte und einklagte.

Vor dem Arbeitsgericht hat die Gewerkschaft Erfolg, vor dem Landesarbeitsgericht ebenso. Hartnäckig verfolgt das Unternehmen seinen Standpunkt weiter, dass eine Beteiligung der paritätischen Auswahlkommission nicht erforderlich sei und erhebt Revision.

Das Bundesarbeitsgericht (Pressemitteilung Nr. 55/12) teilt das Ergebnis der Verhandlung vom 26.07.2012 in einem Satz mit:

"Der Senat hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Klage in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts aus formalen Gründen abgewiesen."

Donnerstag, 19. Juli 2012

13 - eine Glückszahl?

4 reichen nicht, es müssen schon 13 sein. Wer zu wenig vorweisen kann, hat keinen Erfolg - auch nicht vor Gericht. Dieser Eindruck entsteht bei der Lektüre der aktuellen Pressemeldung des Bundesarbeitsgerichtes (PM 54/12). Es geht um die Problematik der Kettenbefristungen.

Grundsätzlich sind Kettenbefristungen möglich und zulässig. ABER - unter besonderen Umständen kann eine Befristung eines Arbeitsvertrags trotz Vorliegens eines sachlichen Grundes wegen rechtsmissbräuchlicher Ausnutzung der an sich eröffneten rechtlichen Gestaltungsmöglichkeit unwirksam sein. Es sind dabei alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere aber Gesamtdauer und Anzahl der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen aufeinander folgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen.

Bei 13 befristeten Arbeisverträgen über 11 Jahre liegt der Verdacht des Rechtsmißbrauchs nahe, bei 4 befristeten Arbeitsverträgen über 7 Jahre und 9 Monate noch nicht.

Es bleibt also dabei - es kommt auf den Einzelfall an.

Mieterhöhung und fristlose Kündigung

In vielen Mietverträgen finden sich Vereinbarungen, dass Nebenkostenvorauszahlungen den Abrechnungen angepasst werden können. Gibt es also nach einem Jahr einen hohen Nachzahlungsbetrag bezüglich Nebenkosten, kann vom Vermieter die Nebenkostenvorauszahlung entsprechend erhöht werden.

Zahlt ein Mieter diese Erhöhungen nicht, stellt sich die Frage, ob der Vermieter zunächst die Zahlungsrückstände einklagen muss und erst dann zur fristlosen Kündigung berechtigt ist oder ob er sogleich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - die fristlose Kündigung aussprechen kann.

Dieser Problematik widmete sich der BGH - wie auf mietrecht-chemnitz.blogspot.de berichtet wird.

Mittwoch, 18. Juli 2012

Streiken auf Kosten des Arbeitgebers

Nein, dass geht nun wirklich nicht. Wer streikt kann hierfür nicht noch Bezahlung vom Arbeitgeber verlangen.

Doch eine Arbeitnehmerin wollte aufgrund der "besonderen" Umstände einer unwirksamen fristlosen Kündigung doch Geld vom Arbeitgeber. Eine Gewerkschaft rief die Arbeitnehmer eines Unternehmens am 13. April 2010 zu einem unbefristeten Streik auf. Während des Arbeitskampfes erhielt die Arbeitnehmerin mit Schreiben vom 22. April 2010 ihre fristlose Kündigung. Hiergegen erhob sie Kündigungsschutzklage und gewann. Bis zur Urteilsentscheidung über die Unwirksamkeit der Kündigung hatte die Arbeitnehmerin sich durchgehend am Streik beteiligt. Nun verlangte sie vom Arbeitgeber von der Zeit des Kündigungszugangs bis zur Urteilsverkündigung Annahmeverzugslohn.

Sie macht geltend, nach Erhalt der Kündigung habe sie nicht mehr im Rechtssinne streiken, sondern sich nur noch mit den streikenden Kollegen solidarisch erklären können.

Das Bundesarbeitsgericht (Pressemitteilung Nr. 53/12) sah dies anders. Voraussetzung für einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn ist eine bestehende Leistungsfähigkeit und - willigkeit. Durch die Streikteilnahme zeigte die Arbeitnehmerin Leistungsunwilligkeit, weshalb ihr Ansprüche auf Annahmeverzugslohn zu versagen war.

Mittwoch, 11. Juli 2012

Der Abwehrschirm und die Minderung

Berechtigt die Installation eines "Abwehrschirms" zur Minderung? Mit dieser Frage beschäftigte sich vor einiger Zeit schon ein Berliner Amtsgericht. Es ging - natürlich - um Geld und dessen Verteilung.

Ein Mieter wollte wegen gefühlter Gefängnishofatmosphäre aufgrund eines über einen Innenhof gespanntes Netzes zur Taubenabwehr die Miete mindern. Ob dies von Erfolg gekrönt war, kann hier nachgelesen werden.

Dienstag, 10. Juli 2012

Mindestlohn in der Aus- und Weiterbildungsbranche

Das Bundeskabinett hat die vom Bundesarbeitsministerium vorgelegte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen zur Kenntnis genommen. Diese soll zum 1. August 2012 in Kraft treten.

Mit dem Erlass der Verordnung soll erstmals ein Mindestlohn für die Beschäftigten im pädagogischen Bereich der Branche der Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB II und SGB II festgesetzt werden. Die Höhe des geplanten Mindeststundenlohns ist regional differenziert. Er beträgt 12,60 € für Westdeutschland und Berlin sowie 11,25 € für Ostdeutschland.

Eine Übersicht über allgemeinverbindlich geltende Mindestlöhne findet sich hier.

Montag, 9. Juli 2012

Vorsicht vor der Turboprämie

Eine 57-jährige Betriebsrätin war 15 Jahre in einem Callcenter einer überregional tätigen Luftverkehrsgesellschaft beschäftigt. Im Hinblick auf die beabsichtigte Betriebseinstellung wurde eine Betriebsvereinbarung geschlossen mit Abfindungsangeboten und "Turboprämien" bei besonders schneller Zustimmung zu einem Auflösungsvertrag.

Einen solchen Aufhebungsvertrag unterschrieb die Arbeitnehmerin und erhielt eine Abfindung in Höhe von 75.060 Euro inklusive der "Turboprämie". Sie meldete sich danach arbeitslos.

Die Bundesagentur für Arbeit gewährte Arbeitslosengeld, verhängte aber aufgrund des Auflösungsvertrages eine 12-wöchige Sperrzeit. Die Arbeitnehmerin widersprach und meinte, sie hätte keine Abfindung erhalten, wenn sie auf einen Arbeitsplatz in einer anderen Stadt vermittelt worden wäre. Außerdem seien ihre Eltern zunehmend pflegebedürftig und auf ihre Hilfe angewiesen.

Vor den Sozialgerichten hatte die Arbeitnehmerin keinen Erfolg. Ohne Auflösungsvertrag hätte das Arbeitsverhältnis erst nach Durchführung eines Clearingverfahrens und damit zu einem späteren Zeitpunkt gelöst werden können. Die Arbeitnehmerin habe damit ihre Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Sie könne sich auch weder auf einen wichtigen Grund noch auf eine besondere Härte berufen. Nach dem Sozialplan wäre ihr im Hinblick auf ihre pflegebedürftigen Eltern ein Arbeitsplatz in einer anderen Stadt nicht zumutbar gewesen. Anstelle der "Turboprämie" für frühzeitiges Ausscheiden hätte sie daher bei einer betriebsbedingten Kündigung eine – wenngleich geringere – Abfindung nach dem Sozialplan erhalten.

Fazit: Auch bei "Turboprämien" sollte sich soviel Zeit für eine Entscheidung genommen werden, um durchzurechnen, ob die Prämie das zu erwartende Arbeitslosengeld übersteigt.

Donnerstag, 5. Juli 2012

Alles bleibt beim alten

Einer kurze Nachricht sorgt für Klarheit(?): "In dem Verfahren - 9 AZR 16/11 - (Vereinbarkeit der in § 17 Abs. 1 BEEG geregelten Kürzungsbefugnis mit Unionsrecht) wurde der Termin vom 10. Juli 2012 aufgehoben. Die Revision wurde zurückgenommen."

Hintergrund ist folgender Sachverhalt:

Eine Arbeitnehmerin befand sich nach der Geburt ihrer drei Kinder bis zum 7. Februar 2009 sieben Jahre in Elternzeit. In einem Schreiben vom 16. Februar 2009 erklärte der Arbeitgeber die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2009. Im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kündigung schlossen die Parteien einen Abfindungsvergleich, der neben der Beendigung zum 30. September 2009 (6 Monate späer !)die folgende Regelung enthielt:

"Damit ist das vorliegende Verfahren insgesamt erledigt."

Die Arbeitnehmerin verlangt nun noch Abgeltung von 102 Urlaubstagen für die Jahre 2006 bis 2009 und meint, ihr Urlaubsanspruch bestehe auch für die Dauer der Elternzeit, da sie gehindert gewesen sei, den Urlaub in Anspruch zu nehmen. § 17 BEEG (Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen.)verstoße gegen die Europäische Arbeitszeitrichtlinie, da durch die Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit nicht mehr der Mindesturlaub gewährt werde. Der Arbeitgeber hingegen geht davon aus, dass ein abschließender Vergleich mit der Arbeitnehmerin geschlossen wurde.

Die Vorinstanzen (u.a. Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 16.11.2010, 3 Sa 1288/10) haben der Klage der Arbeitnehmerin nur teilweise Recht gegeben, nämlich den Urlaub für 2009 (nach Ende der Elternzeit) betreffend. Ansprüche für die Zeit zuvor wurden abgewiesen. Ein Urlaubsanspruch sei durch die Kürzung des Urlaubs nach (dem europarechtskonformen) § 17 BEEG nicht entstanden.

Die hiergegen von der Arbeitnehmerin eingelegte Revision wurde zurückgenommen, wahrscheinlich nach entsprechenden Hinweisen durch das Bundesarbeitsgericht.

Fazit: Es verbleibt mithin dabei, dass in aller Regel kein Urlaubsanspruch während der Elternzeit entsteht bzw. dieser gekürzt werden kann.

Mittwoch, 4. Juli 2012

bitte, bitte bloß nicht Verfahren

... könnte ein Kraftfahrer denken, und das nicht nur im Hinblick auf verlorene Zeit und unnötige Kraftstoffkosten.

Es sollte in Kerken (Kreis Kleve) ein Fahrzeug für ein Mietwagen- und Transportunternehmen erworben und an den Betriebssitz nach Uslar überführt werden. Der Fahrer verfuhr sich und entschied, die Autobahn Richtung Köln zu nehmen, um von dort aus die ihm bekannte Strecke Richtung Dortmund zu befahren. Allerdings fuhr er am Autobahnkreuz Köln-Nord nicht Richtung Dortmund, sondern in entgegengesetzte südliche Richtung.

Auf dieser Strecke ereignete sich dann ein Unfall bei dem die Insassen verletzt wurden (u.a. Verlust des linken Armes).

Sie begehrten von der Berufsgenossenschaft Leistungen auf Basis eines Arbeitsunfalls. Die Berufsgenossenschaft lehnte dies jedoch ab.

Auch vor dem Landessozialgericht hatten die Fahrzeuginsassen keinen Erfolg.
Nach Ansicht der Richter stellte die Abfahrt am Kreuz Köln-Nord in südliche Richtung eine deutliche Zäsur im Geschehensablauf dar. Das Fahrzeug hat sich dann nicht weiter (über einen Umweg) in Richtung Uslar bewegt, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Der "Umweg" beruhte auch nicht auf äußeren Umständen wie z.B. Dunkelheit, Nebelbildung, mangelhafte Beschilderung oder Ähnlichem.

Fazit: Es bleibt dabei, grundsätzlich ist nur der direkte Weg zum Ziel versichert. Ein Umweg ist nur dann versichert, wenn für ihn betriebliche Gründe maßgeblich gewesen sind. Der "Umweg" im vorstehenden Fall wurde jedoch durch die Unachtsamkeit des Fahrers und nicht aus betrieblichen Gründen veranlasst.

Dienstag, 3. Juli 2012

Ein Vergleich ist (k)ein Vergleich

Eine teilzeitbeschäftigte Lehrkraft war befristet für den Freistaat Sachsen tätig. Die mit Vertrag vom 7. Mai 2007 vereinbarte (vorletzte) Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2008 griff sie vor dem Arbeitsgericht Zwickau mit einer Befristungskontrollklage an. Am 12. August 2008 fand eine Güteverhandlung statt, die ohne Einigung endete.

Im weiteren Verfahren schrieb der beklagte Freistaat:
"...wird nach Prüfung der Anregung der Vorsitzenden Richterin mitgeteilt, dass die Klägerin gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG nochmals für ein Schuljahr, und zwar dieses Schuljahr (bis zum 31.07.2009) im bisherigen Arbeitsumfang (12/27 Wochenstunden, entspricht 44,44 %) beschäftigt werden kann.

Aufgrund des am 25.08.08 beginnenden Unterrichtes sollte ein entsprechender gerichtlicher Vergleich möglichst zügig umgesetzt werden."


Die klagende Arbeitnehmerin war damit wohl zufrieden, zumindest ließ sie vortragen:
"... wird bezugnehmend auf den Schriftsatz des Beklagten vom 26.8.2008 mitgeteilt, dass die Klägerin mit dem Vergleichsvorschlag des Beklagten einverstanden ist. Es wird gebeten, das Zustandekommen des Vergleichs möglichst rasch nach § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO festzustellen. Das Schuljahr hat bereits am 25.8.2008 begonnen und die Klägerin kann erst eingesetzt werden, wenn der Vergleich festgestellt ist."

Die Parteien sind sich einig, weshalb das Gericht den Vergleichsabschluß gem. § 278 VI ZPO feststellt.

Nachdem auch das mit dem gerichtlichen Vergleich befristete Jahr sich dem Ende neigte, erhob die Klägerin erneut Klage und behauptet die Unwirksamkeit der letzten Befristung. Der Freistast Sachsen hingegen beharrt auf der Wirksamkeit der Befristung, ist diese doch aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches nach § 14 I Satz 2. Nr. 8 TzBfG zustandegekommen.

Die Lehrerin behielt vor dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 15.2.2012, 7 AZR 734/10) Recht. Die Befristungsvereinbarung ist mangels eines sie nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigenden sachlichen Grundes unwirksam; sie beruht nicht auf einem gerichtlichen Vergleich gem. § 14 I Satz 2 Nr. 8 TzBfG.

Das Bundesarbeitsgericht wiederholt in der Begründung die Voraussetzung eines Vergleiches im Sinne des § 14 I Satz 2 Nr. 8 TzBfg, nämlich die
- Mitwirkung des Gerichtes am Vergleichsabschluß sowie
- das Bestehen eines offenen Streites zwischen den Parteien

Während im vorliegenden Sachverhalt das Bundesarbeitsgericht noch von einem offenen Streit ausgeht (immerhin keine Einigung im Gütetermin), verneint es die erforderliche Mitwirkung des Arbeitsgerichtes am Vergleichsabschluss. Das Arbeitsgericht hat lediglich das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs mit Beschluss festgestellt. Der Vergleich ist damit nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 ZPO geschlossen. Ein solcher Vergleich unterfällt nicht § 14 I Satz 2 Nr. 8 TzBfG. Es fehlt an einer Mitwirkung des Gerichtes im Sinne eines eigenen - vom Gericht stammenden - Vergleichsvorschlages, der von den Parteien angenommen wird.

Fazit: Soll eine Befristung im Wege eines gerichtlichen vergleiiches vereinbart werden, sollte ein entsprechender Vergleichsvorschlag vom Gericht den Parteien unterbreitet werden. Eine Verständigung der Parteien und ein Feststellen der Einigungkeit reicht nicht aus.

Montag, 2. Juli 2012

Der Organist und 644.000 EURO

Ein in einer katholischen Pfarrgemeinde seit Mitte der 80-iger als Organist und Chorleiter angestellter Arbeitnehmer wagte es, sich 1994 von seiner Frau zu trennen und seit 1995 mit seiner neuen Partnerin zusammen zu leben und weitere Kinder zu bekommen. Nachdem die Gemeinde hiervon Kenntnis erhielt (neues Kind)sprach sie die Kündigung aus. Vor den hiesigen deutschen Arbeitsgerichten und dem Bundesverfassungsgericht hielt die Kündigung. Sie wurde erst vor dem EGMR als unnwirksam angesehen - mit dem Hinweis, dass über eine Entschädigung noch verhandelt werden müsse.

Der Organist rechnete aus, was er bis zum Eintritt in die Altesrente verdient hätte und machte dies als Schadenersatzanspruch geltend - immerhin 644.000 Euro.

Das Gericht (Az.: 1620/03) entschied jedoch unter Verweis auf bisherige Rechtsprechung, dass dem Organisten nur eine "gerechter Schadensersatz" von 40.000 € zustehe. Hinzu kommt noch der Ersatz für Gerichtskosten und Auslagen in Höhe von 7.600,00 €