Dienstag, 1. Dezember 2015

Vom Wert eines Formularbuches



In der anwaltlichen und notariellen Praxis spielen Formularbücher eine erhebliche Rolle. Besteht ein Auftrag zur Vertragserstellung oder Überprüfung und Überarbeitung hilft ein Blick ins Formularbuch, schnell passgenaue Musterformulierungen zu finden und zu übernehmen. Im besten Falle (aber nicht immer) sind diese Musterklauseln an die aktuelle Rechtslage angepasst und entfalten dann auch ihre gewünschte Wirksamkeit.

Während einer Prüfung einer Wettbewerbsverbotsklausel mit 2-jähriger Bindungsdauer in einem Arbeitsvertrag traf ich auf eine solche Musterklausel und hatte auch das Buch mit eben diesem Muster in Handreichweite liegen. Der Textvergleich ergab, dass aus der Musterformulierung die weltweite Geltung des Wettbewerbsverbotes gestrichen wurde (wurden doch in den Erläuterungen zum Muster auf Bedenken diesbezüglich hingewiesen). Ansonsten war die Klausel unverändert.

Nur der letzte Satz, der fand sich nicht im Muster, und lautete sinngemäß, dass der Arbeitgeber jederzeit auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes verzichten könne mit der Folge, dass der Arbeitgeber von der Karenzzahlung frei werden würde.

Nun, es ist verständlich, dass der Arbeitgeber nicht unbedingt jemanden bezahlen will, nachdem dieser keine aktive Leistung mehr für den Arbeitgeber erbringt. Schöner ist es da, wenn der Arbeitgeber sagen kann, ich möchte nicht (mehr) zahlen, der Arbeitnehmer kann nun ruhig Wettbewerb ausüben. 

Doch diese Regelung steht im Widerspruch zum gesetzlichen Leitbild des § 75 a HGB und führt – unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Bedingungsfeindlichkeit einer Wettbewerbsverbotsklausel – zur Unverbindlichkeit der Klausel.

Nun kann der Arbeitgeber gem. § 75 d HGB die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes nicht gegenüber dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer erzwingen. Der Arbeitnehmer kann jedoch frei entscheiden, ob er sich gegen Zahlung der Karenzentschädigung an das Wettbewerbsverbot halten möchte oder, ohne eine Entschädigung zu erhalten, Konkurrenz betreiben will.

Fazit: Die Ergänzung einer Musterformulierung um einen Satz führt nicht immer zum gewünschten Ziel (des Arbeitgebers).