Nun gut, ob es wirklich Angst ist, kann ich nicht beurteilen. Aber nicht nur Arbeitgeber - auch Arbeitnehmer - sollten Ihre Rechte aus der Menschenrechtskonvention (MRK) kennen und ggf. auch durchsetzen.
Ein Artikel des Kollegen Prof. Bauer im Anwaltsblatt (Heft 5/2014, Seite 406 ff. - "Menschenrechte und deutscher Kündigungsschutz") weist auf einen wesentlichen Punkt hin (Hervorhebungen von mir):
"Doch stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im
Zusammenhang mit Kündigungen Menschenrechtsverletzungen fest, kann dies
immense finanzielle Folgen für Arbeitgeber haben...
Eine teuflische Krux von Kündigungsschutzprozessen ist für die
Arbeitgeberseite, nach verlorenem Prozess möglicherweise Vergütung für
viele Jahre nachzahlen zu müssen. Das gilt insbesondere, wenn erst nach
Einschaltung des BVerfG oder des EuGH die Sache endgültig entschieden
ist. Das Ganze kann noch getoppt werden, wenn der EGMR die Kündigung
aufgrund einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention
(EMRK) für unwirksam erklärt ...
Ein ... Verfahrensablauf mit einer Dauer von rund acht Jahren mag
zwar nicht tagtäglich sein, ist aber denkbar...
Das Ganze kann aber noch getoppt werden ... Dann hat der
Arbeitnehmer ... die Möglichkeit, sich an den EGMR innerhalb
von sechs Monaten nach rechtskräftiger Entscheidung des BAG zu wenden
(Art. 34, 35 EMRK) ..."
So vergeht die Zeit und das Risiko wächst und wächst. Ob deshalb in vielen Fällen ein "schneller Vergleich" dem Prozessfortgang vorgezogen wird?
Wissenswertes zu Kündigung, Kündigungsschutz, Abfindung, Schadensersatz vom Anwalt. Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht Dan Fehlberg in Chemnitz
Dienstag, 27. Mai 2014
Montag, 26. Mai 2014
Lohnpfändungen nach der Nettomethode
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 17.04.2013 (10 AZR 59/12) zur Lohnpfändung eine Entscheidung getroffen, die sich stark auf die Höhe des pfändbaren Betrags auswirken kann.
Statt nach der bislang angewandten Bruttomethode ist bei Lohnpfändungen die Nettomethode zugrunde zu legen.
Bei der Nettomethode werden zunächst die unpfändbaren Bezüge vom Bruttoeinkommen abgezogen. Anschließend werden aus dem verbleibenden Betrag die Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben fiktiv ermittelt und ebenfalls abgezogen.
Der Restbetrag ist das pfändbare Einkommen, aus dem der Pfändungsbetrag zu ermitteln ist.
Eine Beispielsabrechnung findet sich auf den Auftritt von haufe.de
Eine Beispielsabrechnung findet sich auf den Auftritt von haufe.de
Diskriminierung am Amtsgericht! Und dann auch noch falsch vorgetragen...
Ein blinder
Rechtspfleger-Anwärter am Amtsgericht in einer hessischen Stadt benötigt zum Bearbeiten von Akten und Dokumenten
sowie zum Lesen einen Assistenten. Auf die Anzeige bewarb auch ein sehbehinderter
ausgebildeter Informatikkaufmann.
Doch nach dem Bewerbungsgesprch fiel er durch. Er erhob Klage und verlangte Schadensersatz wegen Diskriminierung, weil - nach seiner Auffassung - er nur aufgrund seiner Sehbehinderung abgelehnt worden sei.
Das Amtsgericht hingegen behauptet, dass es die Bewerberin eingestellt habe, die der Rechtspflegeranwärter wollte und als am besten geeignet angesehen habe. Der Rechtspfleger "fühle sich in ihrer Umgebung wohl". Zudem habe der Bewerber im Vorstellungsgespräch eine leserliche handschriftliche Verfügung eines Richters nicht entziffern können.
Im Prozess vor dem Arbeitsgericht stellte sich heraus, dass dem Bewerber nicht die Chance eingeräumt wurde, seine Fähigkeiten zu beweisen. Bei dem "Lesetest" habe er nur eine Handlupe als Hilfsmittel einsetzen können, da sein eigentliches Lesegerät trotz Bestellung nicht vorlag. Dass er mit einer Handlupe nur buchstabenweise vorgehen konnte, was ihm vorgeworfen sei, stellt dann eine Verletzung des Grundsatz eines fairen Verhaltens dar.
Zudem widersprach der blinde Rechtspfleger den Vortrag des Amtsgerichtes, dass er sich in der Umgebung der eingestellten Bewerberin "wohlfühle". Er hätte vielmehr gern den sehbehinderten Bewerber als Assistenten. Und mit der jetzigen Assistentin habe er im Vorfeld nur telefonisch ein Gespräch geführt. Er sei "quasi gezwungen" worden, sich für diese Bewerberin zu entscheiden, weil kein anderer Bewerber vorhanden sei.
Dass also nur der später abgelehnte Bewerber ein mündliches Vorstellungsgespräch inklusive Test führen musste, sei ein weiterer Hinweis für die Ungleichbehandlung.
Das Arbeitsgericht verurteilte deshalb - nach einer Meldung auf op-marburg.de - das Land Hessen zu einer Zahlung von drei Monatsgehältern in Höhe von insgesamt 6.000 Euro. Das ist nach dem Gesetz das Höchstmaß an Entschädigung.
Doch nach dem Bewerbungsgesprch fiel er durch. Er erhob Klage und verlangte Schadensersatz wegen Diskriminierung, weil - nach seiner Auffassung - er nur aufgrund seiner Sehbehinderung abgelehnt worden sei.
Das Amtsgericht hingegen behauptet, dass es die Bewerberin eingestellt habe, die der Rechtspflegeranwärter wollte und als am besten geeignet angesehen habe. Der Rechtspfleger "fühle sich in ihrer Umgebung wohl". Zudem habe der Bewerber im Vorstellungsgespräch eine leserliche handschriftliche Verfügung eines Richters nicht entziffern können.
Im Prozess vor dem Arbeitsgericht stellte sich heraus, dass dem Bewerber nicht die Chance eingeräumt wurde, seine Fähigkeiten zu beweisen. Bei dem "Lesetest" habe er nur eine Handlupe als Hilfsmittel einsetzen können, da sein eigentliches Lesegerät trotz Bestellung nicht vorlag. Dass er mit einer Handlupe nur buchstabenweise vorgehen konnte, was ihm vorgeworfen sei, stellt dann eine Verletzung des Grundsatz eines fairen Verhaltens dar.
Zudem widersprach der blinde Rechtspfleger den Vortrag des Amtsgerichtes, dass er sich in der Umgebung der eingestellten Bewerberin "wohlfühle". Er hätte vielmehr gern den sehbehinderten Bewerber als Assistenten. Und mit der jetzigen Assistentin habe er im Vorfeld nur telefonisch ein Gespräch geführt. Er sei "quasi gezwungen" worden, sich für diese Bewerberin zu entscheiden, weil kein anderer Bewerber vorhanden sei.
Dass also nur der später abgelehnte Bewerber ein mündliches Vorstellungsgespräch inklusive Test führen musste, sei ein weiterer Hinweis für die Ungleichbehandlung.
Das Arbeitsgericht verurteilte deshalb - nach einer Meldung auf op-marburg.de - das Land Hessen zu einer Zahlung von drei Monatsgehältern in Höhe von insgesamt 6.000 Euro. Das ist nach dem Gesetz das Höchstmaß an Entschädigung.
kostenloser Rechtsrat und Personalluder
Es ist wohl mit eine der meisten Anfragen in Inernetsuchmaschinen: "kostenlose Rechtsberatung". Doch gibt es das wirklich?
Auf den Seiten handelsblatt.com findet sich ein Artikel, der auf eine "kostenlose Rechtsberatung" in Bußgeldsachen hinweist.
Der Preis? - Nun ja, die Anbieter haben auch noch andere Seiten im Angebot, die von den meisten Menschen wohl nicht mit Seriosität in Verbindung gebracht werden. Der Artikel in der Zeitung wirft die Frage auf, ob das nun miteinander vereinbar ist? Aber das muss jeder für sich wissen!
PS: Natürlich wird im Artikel auch der Kollege Jörg Elsner (Verkehrsrechtsanwalt und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltsvereins) zitiert, welcher große Zweifel am Erfolg dieses Geschäftsmodells hegt unter Hinweis darauf, dass sich nicht immer die Fehlerhaftigkeit eines Bußgeldbescheides aus dem Foto oder aus der Akte umgehend erschließen lasse.
Auf den Seiten handelsblatt.com findet sich ein Artikel, der auf eine "kostenlose Rechtsberatung" in Bußgeldsachen hinweist.
Der Preis? - Nun ja, die Anbieter haben auch noch andere Seiten im Angebot, die von den meisten Menschen wohl nicht mit Seriosität in Verbindung gebracht werden. Der Artikel in der Zeitung wirft die Frage auf, ob das nun miteinander vereinbar ist? Aber das muss jeder für sich wissen!
PS: Natürlich wird im Artikel auch der Kollege Jörg Elsner (Verkehrsrechtsanwalt und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltsvereins) zitiert, welcher große Zweifel am Erfolg dieses Geschäftsmodells hegt unter Hinweis darauf, dass sich nicht immer die Fehlerhaftigkeit eines Bußgeldbescheides aus dem Foto oder aus der Akte umgehend erschließen lasse.
Donnerstag, 22. Mai 2014
Kehrtwende am Bundesarbeitsgericht
Eine Kehrtwende in der Rechtsprechung freut nicht jeden. Diesmal betraf es den Arbeitgeber.
Ein Unternehmen betreibt Hallenbäder und Freibäder. Nach dreijähriger Ausbildung zur Fachangestellten für Bäderbetriebe bewarb sich eine mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 schwerbehinderte Frau um eine entsprechende Stelle. Das Unternehmen stellte ihr einen befristeten Arbeitsvertrag als Elternzeitvertretung in Aussicht.
Anlässlich einer Besichtigung des zukünftigen Arbeitsplatzes teilte die Arbeitnehmerin ihre Behinderung dem Unternehmen mit. Das Unternehmen zog daraufhin das Vertragsangebot zurück. Wegen der Behinderung sei die Bewerberin nicht in der Lage, die Tätigkeit auszuüben.
Die Frau erhob - ohne gesonderte außergerichtliche Geltendmachung - Klage auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG. Die Klageschrift ging dem beklagten Unternehmen einen Tag nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG zu.
Das Arbeitsgericht hat der Klage zunächst stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage wegen Nichteinhaltung der Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG abgewiesen.
Das Bundesarbeitsgericht meinte in einer früheren Entscheidung (BAG, Urt. v. 21.06.2012 - 8 AZR 188/11 Rn. 27), dass es allein auf den Zugang ankomme für die Fristwahrung und nicht auf eine Klageeinreichung. Nun sieht es das Bundesarbeitsgericht (8 AZR 662/13) anders.
Die erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen kann auch durch eine Klage gewahrt werden. Dabei findet § 167 ZPO Anwendung. Es genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage "demnächst" zugestellt wird. Das Bundesarbeitsgericht hat sich damit einer geänderten Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 17.07.2008 - I ZR 109/05) angeschlossen. Danach sei § 167 ZPO grundsätzlich auch anwendbar, wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden könnte. Nur in Sonderfällen komme die Rückwirkungsregelung nicht zur Anwendung. Im Fall des § 15 Abs. 4 AGG sei keine solche Ausnahme gegeben.
Ein Unternehmen betreibt Hallenbäder und Freibäder. Nach dreijähriger Ausbildung zur Fachangestellten für Bäderbetriebe bewarb sich eine mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 schwerbehinderte Frau um eine entsprechende Stelle. Das Unternehmen stellte ihr einen befristeten Arbeitsvertrag als Elternzeitvertretung in Aussicht.
Anlässlich einer Besichtigung des zukünftigen Arbeitsplatzes teilte die Arbeitnehmerin ihre Behinderung dem Unternehmen mit. Das Unternehmen zog daraufhin das Vertragsangebot zurück. Wegen der Behinderung sei die Bewerberin nicht in der Lage, die Tätigkeit auszuüben.
Die Frau erhob - ohne gesonderte außergerichtliche Geltendmachung - Klage auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG. Die Klageschrift ging dem beklagten Unternehmen einen Tag nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG zu.
Das Arbeitsgericht hat der Klage zunächst stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage wegen Nichteinhaltung der Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG abgewiesen.
Das Bundesarbeitsgericht meinte in einer früheren Entscheidung (BAG, Urt. v. 21.06.2012 - 8 AZR 188/11 Rn. 27), dass es allein auf den Zugang ankomme für die Fristwahrung und nicht auf eine Klageeinreichung. Nun sieht es das Bundesarbeitsgericht (8 AZR 662/13) anders.
Die erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen kann auch durch eine Klage gewahrt werden. Dabei findet § 167 ZPO Anwendung. Es genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage "demnächst" zugestellt wird. Das Bundesarbeitsgericht hat sich damit einer geänderten Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 17.07.2008 - I ZR 109/05) angeschlossen. Danach sei § 167 ZPO grundsätzlich auch anwendbar, wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden könnte. Nur in Sonderfällen komme die Rückwirkungsregelung nicht zur Anwendung. Im Fall des § 15 Abs. 4 AGG sei keine solche Ausnahme gegeben.
Provisionen sind bei Urlaubsgeldberechnung zu berücksichtigen
In vielen Berufsbildern wird neben einem Grundlohn dem Arbeitnehmer eine Provision gewährt. Nimmt der Arbeitnehmer seinen Urlaub, steht ihm für die Zeit Urlaubsentgelt zu. Problematisch ist, was in der Berechnung des Urlaubsentgeldes mit einfliesst und was nicht.
Der EUGH hat nun am 22.05.2014 (C-539/12) entschieden, dass Provisionen einzubeziehen sind. Das führt zu einer Erhöhung des Urlaubentgeldes wie auch etwaiger Urlaubsabgeltungsansprüche.
Nach § 11 BUrlG galt dies bislang auch schon in Deutschland (siehe BAG, Urteil vom 11. 4. 2000 - 9 AZR 266/99).
Betroffene Arbeitnehmer sollten dennoch die Abrechnungen kritisch prüfen.
Der EUGH hat nun am 22.05.2014 (C-539/12) entschieden, dass Provisionen einzubeziehen sind. Das führt zu einer Erhöhung des Urlaubentgeldes wie auch etwaiger Urlaubsabgeltungsansprüche.
Nach § 11 BUrlG galt dies bislang auch schon in Deutschland (siehe BAG, Urteil vom 11. 4. 2000 - 9 AZR 266/99).
Betroffene Arbeitnehmer sollten dennoch die Abrechnungen kritisch prüfen.
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