Freitag, 20. November 2015

Probezeit und Praktikum

In vielen (nicht allen) Arbeitsverträgen finden sich Regelungen zu einer Probezeit. Vorteil der Probezeitvereinbarung liegt in der kürzeren Kündigungsfrist und der leichteren Kündigungsmöglichkeit. Doch es stellt sich gar manches Mal die Frage, ob nicht eine Vorbeschäftigung auf eine Probezeit anzurechnen ist. Zumindest für Ausbildungsverhältnisse, in denen eine Probezeit nach § 20 BBiG zwingend ist, hat nun das Bundesarbeitsgericht eine Entscheidung getroffen.

Ein ausbildungsinteressierter Mensch bewarb sich im Frühjahr 2013 um eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Der Ausbildungsbetrieb versprach ihm die Aufnahme der Ausbildung zum 01.08.2013. Zur Überbrückung schlossen die Parteien einen "Praktikantenvertrag" mit einer Laufzeit bis zum 31.07.2013.

Nach dem gesonderten Berufsausbildungsvertrag begann anschließend die Ausbildung mit einer Probezeit von drei Monaten.

Mit Schreiben vom 29.10.2013, welches dem Azubi am gleichen Tag zuging, kündigte der Ausbildungsbetrieb das Berufsausbildungsverhältnis zum 29.10.2013. Der Azubi hält die Kündigung für unwirksam. Sie sei erst nach Ablauf der Probezeit erklärt worden. Das dem Berufsausbildungsverhältnis vorausgegangene Praktikum sei auf die Probezeit anzurechnen. Der Ausbildungsbetrieb habe sich schließlich bereits während des Praktikums ein vollständiges Bild über ihn machen können.

Seine Klagen gegen die Kündigung hatten kein Erfolg.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes (vom 19.11.2015 -6 AZR 844/14) kann ein Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit gemäß § 22 Abs. 1 BBiG ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die Tätigkeit des Azubis vor dem 01.08.2013 sei nicht zu berücksichtigen. Dasselbe würde auch dann gelten, wenn es sich hierbei nicht um ein Praktikum, sondern um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hätte (vgl. BAG, Urt. v. 16.12.2004 - 6 AZR 127/04).